Den
"Unglaublich viel Management-Talent"

Inder erklimmen immer häufiger die Chefsessel der westlichen Welt

17.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:32 Uhr

 

Den bei Deutschen beliebten Aber wie? Der „Champanskoje“ ist zwischen die Fronten des Konflikts geraten. Ein Besuch in der legendären Kellerei in Nowy Swet an der Schwarzmeerküste.

Hyderabad/Mumbai (dpa) Frisch getüncht und von Zierbäumen eingerahmt ragen die Kuppeln der Hyderabad Public School in die Höhe. Hier im Süden Indiens, zwischen fein geschnittenem Rasen und in imposanten Hallen, wurden einst Adlige und Eroberer ausgebildet – wenig später war es das Führungspersonal von milliardenschweren Unternehmen. Microsoft-Chef Satya Nadella ging auf dem Internat genauso zur Schule wie Shantanu Narayen, Vorstandschef der US-Software-Firma Adobe.

Sie sind nicht die einzigen Inder, die jüngst auf die Chefsessel der westlichen Welt kletterten. „Indien hat unglaublich viel Management-Talent“, meint Manjeet Kripalani, einst Indien-Leiterin des Wirtschaftsmagazins „Business Week“ und Mitgründerin der indischen Denkfabrik Gateway House. Da wären Anshu Jain, Co-Chef der Deutschen Bank, Indra Nooyi, Konzernchefin von PepsiCo, und Ajay Banga, Vorsitzender von Mastercard. Und nun wird Ajit Jain, Anshu Jains Cousin, als möglicher Nachfolge-Kandidat des Großinvestors Warren Buffett ins Spiel gebracht.

Sie alle eint, dass sie auf indische Elite-Hochschulen gingen. „Unsere Studenten sind Adler, wie unser Schulvogel“, sagt G. Jayanand, der Nadella unterrichtete. „Sie fliegen hoch und brauchen sich keine Sorgen zu machen, sie können jeden Fluss überqueren.“ Die Unterrichtssprache, fügt Schulvorstandsmitglied Faiz Khan hinzu, sei natürlich Englisch. „Damit haben wir in der globalisierten Welt einen riesigen Vorteil gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern.“

Kripalani macht weitere Vorteile einer indischen Herkunft aus. „Wir sind ein extrem wetteiferndes Land, schon deswegen, weil es so viele von uns gibt“, sagt sie über die 1,25 Milliarden Menschen auf dem Subkontinent. „Jemand, der es hier in Indien schafft, schafft es überall.“ Gleichzeitig sei Indien ein Land voller verschiedener Kulturen, Sprachen, Kasten und Religionen. So lernten schon Kinder, mit dem Priester anders umzugehen als mit dem herrschsüchtigen Onkel oder den Binnenmigranten, die im Haushalt arbeiteten. „Wir können uns in jede Umgebung einpassen“, glaubt sie.

Herman Vantrappen hält diese kulturelle Ursache-Wirkung-Herleitung eher für Kaffeesatzleserei. Der Geschäftsführer der Beratungsfirma Akordeon hat das Thema der Vielfalt an Unternehmensspitzen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass diese eigentlich noch nicht weit fortgeschritten sei. Unter den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt wurden 2013 nur 16 von Managern aus Schwellenländern geführt. Darunter sind dann aber drei Inder – und keine Chinesen. Diese hätten aber dank des starken Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahrzehnte auch zuhause größere Chancen und müssten weniger ins Ausland blicken, sagt Pankaj Ghemawat, Direktor des Zentrums für die Globalisierung von Bildung und Management der New York University. Außerdem vermittle das von den Briten eingeführte westliche Bildungssystem in seinem Heimatland diejenigen Fähigkeiten, die von westlichen Firmen geschätzt würden. Und: Auswanderung aus Indien etwa in die USA sei kein neues Phänomen.

Besonders stark sind Inder in Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vertreten. Die größte nationale Gruppe unter ihren Ökonomen seien Inder, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde bei einem Besuch in Indien. Auch im Silicon Valley tummeln sich viele Inder. Laut einer Studie von Forschern der Universitäten Stanford, Berkeley und der Stanford Law School gründeten sie in den Jahren 2006 bis 2012 acht Prozent aller Technik-Startups. Dabei machten sie weniger als ein Prozent der US-Bevölkerung aus.

Das wundert Jitendra V. Singh nicht, der selbst aus Indien stammt, in Stanford studierte und heute Dekan an der HKUST Business School in Hongkong ist. „Inder blühen vor allem in brutal leistungsorientierten Industrien auf“, sagt er, denn dort könnten sie trotz mangelndem Kapital mit ihren Fähigkeiten glänzen. Kripilani von der Denkfabrik Gateway House bemerkt außerdem: „In Unternehmen gibt es manchmal eine gläserne Decke für Migranten. Das gilt für Entrepreneure nicht.“