Brüssel
"Arbeitsplätze in Gefahr"

Audi-Betriebsratschef Mosch gegen vorzeitige Festsetzung neuer CO2-Grenzen

28.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Brüssel/Ingolstadt (DK) Die Betriebsräte der europäischen Automobilindustrie und die IG Metall schalten sich in die Diskussion um noch schärfere CO2-Grenzwerte für neue Pkw ein. Vorrangig geht es ihnen um einen Dialog mit der EU-Kommission, wie Audi-Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch betont.

Bei der Festlegung schärferer Grenzwerte für den Ausstoß des Klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) bei neuen Pkw geht es den Arbeitnehmervertretern der Autoindustrie zunächst „nicht um eine konkrete Zahl, sondern darum, dass nicht einseitig Grenzen festgelegt werden“, sagte Mosch (Foto) gestern unserer Zeitung. Wie der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Ingolstädter Audi AG berichtete, habe der für Klimapolitik zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete bei einem Treffen in Brüssel zugesagt, bei der Frage einer weiteren Absenkung der CO2-Grenzwerte auch „die Arbeitnehmervertreter an den Konsultationen zu beteiligen“.

Nach der aktuellen Beschlusslage, müssen die CO2-Emissionen neuer Pkw ab 2021 im Schnitt auf einen Wert von 95 Gramm pro Kilometer kommen. Wenn aber das EU-Klimaschutzziel von 40 Prozent geringeren CO2-Emissionen bis 2030 Realität werden solle, müsste nach einem Rechenexempel der EU-Kommission der CO2-Ausstoß der Pkw bis zum gleichen Jahr auf durchschnittlich 75 Gramm sinken, heißt es in einem Bericht der „Wirtschaftswoche“.

Nach dem Treffen von Vertretern des EU-Parlaments, Automobilverbänden, Umweltschutzorganisationen und Arbeitnehmervertretern der Autoindustrie mit EU-Kommissar Cañete am Dienstag in Brüssel erklärte die IG Metall, die Gewerkschaft halte Grenzwerte für CO2-Emissionen zwar grundsätzlich für richtig. „Aber wir müssen darüber reden, was technisch machbar und beschäftigungspolitisch möglich ist“, sagte der erste Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel.

Mosch sekundierte in Brüssel, wenn die Senkung des geplanten Grenzwertes von 95 Gramm CO2 pro Kilometer über das Jahr 2020 einfach linear fortgeschrieben werde, gerieten Arbeitsplätze in Gefahr. Nicht wenige der rund 13 Millionen Jobs in der europäischen Automobilindustrie und Kernkompetenzen wie etwa beim Elektroauto könnten dann aus Europa abwandern,befürchtet er. „Veränderungen der Vorgaben beziehungsweise die Festlegung neuer CO2-Grenzwerte müssen auch die Arbeitsplätze im Blick haben“, fordert daher der Audi-Betriebsratschef.

Schon „um die Vorgaben der EU ab 2020 zu erreichen, gehen wir bereits jetzt an die Grenzen des physikalisch Machbaren“, so Mosch. In den vergangenen 15 Jahren habe zum Beispiel Audi den Verbrauch bei Ottomotoren um 31 Prozent und bei Dieselmotoren um 34 Prozent gesenkt. Bis 2016 werde Audi die CO2-Emissionen der Neuwagenflotte im Vergleich zu 2008 um ein Viertel gesenkt haben.

„Eine Folgenabschätzung darüber, welche Auswirkungen der Strukturwandel in der Automobilindustrie – hin zu einem elektrischen Antrieb – auf die Beschäftigung haben werde, müsse im Vorfeld“ einer weiteren Absenkung der CO2-Grenzwerte erfolgen, verlangt die IG Metall. Ebenso müsse erst einmal abgewartet werden, wie das Elektroauto am Markt angenommen werde. Daher sei „eine Neureglung des Grenzwertes frühestens 2017 möglich“. So sieht das auch Mosch und pocht gerade gegenüber Brüssel auf eine „moderne Industriepolitik, die Aspekte der Innovation, des Klimaschutzes und der Beschäftigung mit einbezieht“. Zudem seien die Regierungen gefordert, die Industrie bei den immensen Investitionen für alternative Antriebe zu unterstützen.

Allerdings kommen Hybridfahrzeuge und reine Elektroautos zumindest in Deutschland nicht so recht voran. 2014 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hierzulande gerade einmal 27 435 Hybridautos und 8522 Wagen mit Elektromotoren neu auf die Straßen gebracht – bei insgesamt gut drei Millionen Neuzulassungen. Bereits 17 Prozent davon entfielen auf Geländelimousinen (SUV) und reine Geländewagen. Der CO2-Ausstoß neu zugelassener Pkw sank daher 2014 gegenüber dem Vorjahr laut KBA nur noch um 2,6 Prozent auf 132,8 Gramm.