Berlin
Besorgnis über Donald Trump

Attacke auf Autoindustrie irritiert Wirtschaft und Politik BMW hält an Werk in Mexiko fest

16.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Berlin/München (DK) Kurz vor seinem Amtsantritt hat Donald Trump die deutschen Autobauer abgewatscht, namentlich BMW. Für ihre Fahrzeuge aus Mexiko will der neue US-Präsident 35 Prozent Grenzzoll kassieren. Die Wirtschaft setzt jetzt auf starke Verbündete in Washington.

Die deutsche Autoindustrie und die Bundesregierung wollen Trumps Strafzoll-Ankündigung noch nicht als das letzte Wort nehmen. Der designierte US-Präsident hatte in einem Interview der "Bild"-Zeitung und der Londoner "Times" angekündigt, BMW und andere müssten für ihre in Mexiko gebauten Autos beim Export in die USA künftig 35 Prozent Zoll zahlen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte gestern: "Ich kann nur raten, aufgrund solcher Positionen nicht hektisch zu werden, sondern abzuwarten, was passiert."

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, sagte: "Wir nehmen die Äußerungen ernst." Allerdings müsse sich erst noch zeigen, ob und wie Trumps Ankündigung umgesetzt werde: "Im US-Kongress dürfte es gegen Importsteuerpläne erheblichen Widerstand geben."

Ein BMW-Sprecher sagte, das Unternehmen baue sein Werk in Mexiko weiter und wolle dort ab 2019 die 3er Limousine für den Weltmarkt herstellen. Der Konzern betreibe in Spartanburg in den USA aber auch sein größtes Werk weltweit und sei mit rund 300 000 aus Spartanburg exportierten SUVs sogar der größte Autoexporteur der USA. BMW-Chef Harald Krüger sagte der "Welt", zusammen mit Zulieferern stehe Spartanburg für 70 000 Arbeitsplätze in den USA, und Exporte von dort seien "nur mit einem funktionierenden Freihandel möglich".

Trump hatte in dem Interview gesagt: "Man darf nicht zulassen, dass Unternehmen unser Land verlassen, alle ihre Mitarbeiter rauswerfen, nach Mexiko ziehen": Für sie "wird es sehr hohe Grenzzölle geben". Dabei rede er nicht nur von Autos. BMW könne in Mexiko Autos für die USA bauen, "aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen". Die Deutschen exportierten viele Autos in den USA, so Trump weiter, kauften aber wenige Chevrolets, das sei unfair. Für die deutsche Autoindustrie sind die USA der zweitgrößte Exportmarkt.

Wirtschaftsminister Gabriel sagte, Deutschland müsse jetzt selbstbewusst sein. Wenn Trump mehr US-Autos auf deutschen Straßen fordere, sollten die Amerikaner bessere Autos bauen. Mit Strafzöllen werde Trump nicht mehr Jobs in den USA schaffen, es werde nur Verlierer geben.

Gabriel warnte davor, auf die Ankündigungen von Trump mit gleicher Münze zu reagieren, also das deutsche Interesse stets an erste Stelle zu setzen. "Würden wir uns derart abschotten wie es der neue US-Präsident vorhat, würden wir Hunderttausende von Arbeitsplätzen verlieren", sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Vizekanzler verwies zudem darauf, dass nur knapp 10 Prozent der deutschen Exporte in die USA, aber rund 60 Prozent in die EU gingen.

Trumps Protektionismus, sollte es dazu kommen, böte auch der deutschen Exportwirtschaft weitere Chancen. Selbst 35 Prozent Importzölle brächten die deutsche Autoindustrie "sicher nicht" um, sagte Gabriel. "Der Kampf des US-Präsidenten gegen China und Asien bringt geá †rade der deutschen Automobilindustrie dort neue Chaná †cen", so der Miá †nister.

Die bayerische Staatsregierung indes beunruhigt die Kritik Trumps an BMW wegen der Pläne für ein neues Werk in Mexiko nicht. "Wir wollen mit Amerika einen guten Handel betreiben, das ist unser größter Exportpartner", sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gestern in München. Die Staatsregierung bleibe bei ihrer Linie, dass sie zunächst Trumps praktische Politik abwarten und nicht seine Äußerungen kommentieren wolle. Letztlich würden die USA durch die Produktionsstätten von BMW im eigenen Land profitieren. "Beide Seiten wären gut beraten, auf Strafzölle zu verzichten", betonte Aigner. Letztlich sei nun auch der Bund gefordert, "in Gespräche mit den USA einzutreten, um diese Fragen zu klären".

Die CSU zeigte sich bei ihrer Klausur in Kloster Banz beunruhigt. Der CSU-Landtagsfraktionsvorsitzende Thomas Kreuá †zer wertete Trumps Äußerungen als "schwerwiegenden Vorgang". Er warnte vor einer Spirale von Strafzöllen in der Weltwirtschaft. "Eines ist am Ende sicher: dass es niemandem nutzt, sondern dass es allen am Ende wirtschaftlich schadet", sagte Kreuzer.

CSU-Wirtschaftsexperte Mará †kus Blume sagte unserer Zeitung, Trumps Drohungen seien "schwer irritierend und realitätsvergessen". BMW habe in den USA sehr viel Geld investiert. Der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Alfred Gaffal, warnte, dass es mit dem Präsidenten Trump herausfordernd werde. Nach dem hitzigen US-Wahlkampf hätten ihn die Interviewäußerungen nicht überrascht. Allerdings glaubt er nicht, dass es am Ende so schlimm wird: "Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird", sagte Gaffal.

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) kritisierte Trumps Ausá †sagen als "Kampfansage an den freien Handel". VDMA-Präsident Carl Martin Welcker sagte: "Wir sehen das mit großer Sorge. Die Androhung von Strafzöllen, egal für welche Industrie und welches Land, sorgt für weitere Investitionszurückhaltung, die im Maschinenbau bereits spürbar wird." Der US-Senat und das Repräsentantenhaus sollten alles tun, um Trumps Kurs rasch zu ändern. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI, warnte: "Handelskonflikte schaffen nur Verlierer."

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, zeigte sich skeptisch. "Trump wird sich nicht mäßigen, weder im Ton noch im Inhalt", sagte er dem "Handelsblatt". Das IW erklärte gestern in Köln, Trump übersehe, dass seine Attacke die USA selbst treffe, denn das Land sei bereits ein wichtiger Produktionsstandort für deutsche Autobauer. In den USA liefen demnach in den USA im vergangenen Jahr rund 850 000 Autos vom Band - 7 Prozent der gesamten US-Produktion.

Auch der DGB kritisierte die Drohungen Trumps: "Wir wollen nicht zurück zur nationalen Kleinstaaterei oder zum Protektionismus", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann gestern in Berlin. Protektionismus schade der Wirtschaft, sagte der Gewerkschafter. "Das werden auch die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger merken, dass dieser Pfad von Herrn Trump ein Holzpfad ist."