<p></p> <p></p>
Von Haustür zu Haustür

Die CDU macht sich fit für die heiße Phase des Wahlkampfs und trainiert dabei auch den direkten Kontakt mit den Bürgern

03.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:22 Uhr

Berlin (DK) "Was wollen Sie" fragt ein unwirscher älterer Herr, als Peter Tauber die Wahlkampf-Übungstür in der CDU-Parteizentrale öffnet, eine Apparatur mit Holztür und mannshohem Bildschirm dahinter. "Guten Tag, ich bin von der CDU und würde Ihnen gerne Material über unser Wahlprogramm geben", sagt der Generalsekretär der Christdemokraten mit bester Verkäuferlaune zu seinem virtuellen Gegenüber. "Hauen Sie ab, oder ich rufe die Polizei!", droht der Mann, der auf dem Bildschirm erscheint und zu schimpfen beginnt. Trockenübung im Konrad-Adenauer-Haus.

In den vergangenen Wochen ist dort im zweiten Stock der "Maschinenraum" für den Bundestagswahlkampf aufgebaut worden. Eine zehnköpfige Social-Media-Redaktion, ein Kreativteam der Werbeagentur Jung von Matt und rund 15 Mitarbeiter der Jungen Union und der CDU, die unter dem Schlagwort "Connect 17" den Häuserkampf für Kanzlerin Angela Merkel organisieren. Die Übungstür ist einer ihrer Clous. Drei dieser Apparate sind im Einsatz, um die Straßenwahlkämpfer auf die Gespräche an den Haustüren vorzubereiten. "Wir haben neben dem latent aggressiven Nichtwähler auch den Unentschiedenen und eine Merkel-Anhängerin im Programm", sagt Connect-17-Chef Conrad Clemens.

Die gute alte Überzeugungsarbeit an der Haustür - "ihr kommt in diesem Wahlkampf eine besondere Bedeutung zu", sagte Peter Tauber nach seiner Übungseinheit gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Die sozialen Medien sind zwar auch wichtig, aber bei vielen Menschen in Misskredit geraten. Alle Parteien setzen deswegen verstärkt auf den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die Grünen-Spitzenkandidaten sind schon auf Deutschland-Tournee, auch SPD-Herausforderer Martin Schulz sucht die Bürgernähe.

Zwei weitere Instrumente haben sich die überwiegend jungen Leute von Connect 17 ausgedacht, um die Merkel-Anhänger am 24. September an die Wahlurnen zu treiben: Eine Handy-App, um die Straßenwahlkämpfer exakt zu steuern und zu motivieren: Per GPS werden die Helfer in die Straßen gelotst, in denen sich das Klingeln am stärksten lohnen dürfte. Und ihre jeweiligen Erfahrungen müssen sie in der App bewerten. Mit den so gewonnenen Daten verfeinern die Experten in Berlin die Wahlkreispotenzialanalyse und können im nächsten Durchgang noch zielgenauer klingeln. Dabei gilt es nicht, stramme Sozis oder Grüne ins konservative Lager herüberzuholen. "Das Wichtigste ist es, unsere eigene Klientel zu mobilisieren", sagt Connect-17-Chef Clemens und freut sich, dass die SPD über kein so ausgefeiltes "Analyse-Tool" verfüge.

Neben Connect 17 und dem digitalisierten Wahlkampf setzt CDU-Wahlkampfstratege Tauber auch auf Werbung und hat mit Jung von Matt eine der renommiertesten Agenturen an Bord holen können. Zum ersten Mal werbe er in Deutschland für eine Partei, berichtete Agenturgründer Jean-Remy von Matt gestern im Adenauer-Haus. Im Herbst sei er gefragt worden, damals habe er die Demokratie in Gefahr gesehen und sich auf die heikle Mission eingelassen. Von Matts wichtigste Aufgabe: "Den" Wahlkampfslogan für Merkel zu finden. Mit "Geiz ist geil" - einem Jung-von-Matt-Klassiker - wird es nicht klappen. Der Agenturgründer schwärmt vom Adenauer-Spruch von 1957, "Keine Experimente", der habe der CDU die absolute Mehrheit eingebracht. Auch US-Präsident Trump sei Dank des Claims "Make America Great Again" richtig durchgestartet. Gelingt seiner Agentur ein ähnlicher Coup? Verraten wird natürlich nichts, nur, dass er "im Sommer" spätestens liefern muss.

Häuserwahlkampf, Werbung - und Social Media: Das ist die dritte Säule im Tauber-Konzept. Stefan Hennewig leitet die Redaktion, und er setzt im Wahlkampf auch sogenannte "dark posts" ein: Wahlaufrufe, die an sämtliche Facebook-Nutzer gehen. Mit den verpönten Social Bots habe das aber nichts zu tun, betont Hennewig. Das sind automatisch generierte Inhalte, die daherkommen, als hätte sie jemand geschrieben. Bis auf die AfD haben alle Parteien Social Bots eine Absage erteilt.