Riad
Wie frei ist der libanesische Regierungschef Hariri?

Saudi-Arabien weist Gerüchte über eine Inhaftierung des Politikers zurück Macron lädt ihn nach Frankreich ein

16.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr

Der libanesische Regierungschef Saad Hariri (links) traf gestern in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian zusammen. - Foto: Leroux/AFP

Riad (AFP) Im Ringen um die politische Zukunft des libanesischen Ministerpräsidenten Saad Hariri zeichnet sich eine Lösung ab: Hariri nahm gestern eine Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an, nach Frankreich zu kommen. Saudi-Arabiens Außenminister Adel al-Dschubeir betonte, Hariri könne gehen, "wann er will", nachdem über eine Inhaftierung Hariris in Riad spekuliert worden war.

Libanons Präsident Michel Aoun sprach vom möglichen "Beginn einer Lösung".

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte bei einem Besuch in Riad, Hariri werde selbst über den Zeitpunkt entscheiden, wann er nach Paris komme. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman sei über die Pläne informiert. Bin Salman wird vorgeworfen, Hariri am 4. November zum Rücktritt gezwungen zu haben und ihn seitdem in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad festzuhalten.

Hariri sagte nach einem Treffen mit Le Drian lediglich, er werde "sehr bald" nach Paris fliegen. Der 47-Jährige hatte wiederholt versichert, frei zu sein und bald in den Libanon zurückzukehren. Auch Saudi-Arabiens Außenminister al-Dschubeir versicherte gestern, Hariri sei frei zu gehen, "wann er will".

Libanons Präsident Aoun sagte, Hariris Ausreise nach Paris könne der "Beginn einer Lösung" der Regierungskrise sein. Er werde aber auf seine Rückkehr nach Beirut warten, um über die nächsten Schritte zu entscheiden. Aoun weigert sich, Hariris Rücktritt anzunehmen, solange er nicht in den Libanon zurückgekehrt ist. Am Mittwoch hatte er Riad vorgeworfen, Hariri "gefangen" zu halten.

Um einen Ausweg aus der Krise zu finden, hatte Macron Hariri am Mittwoch angeboten, "für einige Tage" mit seiner Familie nach Frankreich zu kommen. Dabei gehe es nicht um ein "Exil", betonte Macron. Hariri hatte bei seiner Rücktrittserklärung gesagt, er fürchte im Libanon um sein Leben. Er hatte angedeutet, die proiranische Hisbollah-Bewegung trachte ihm nach dem Leben.

Sein Vater Rafik Hariri war im Februar 2005 als Ministerpräsident bei einem Bombenanschlag in Beirut getötet worden, hinter dem die Hisbollah und Syrien vermutet werden. Saad Hariri ging später dennoch eine Koalition mit der schiitischen Bewegung ein. Es besteht die Sorge, dass sein Rücktritt nun das fragile Gleichgewicht zwischen den Volksgruppen im Libanon zerstört.

Hariris Rücktritt wird als Teil eines größeren Konflikts zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran gesehen, die beide nach Einfluss in der Region streben. Le Drian äußerte sich bei seinem Besuch in Riad besorgt über Irans "Intervention in regionalen Krisen" und die "hegemonialen" Absichten Teherans und kritisierte besonders das iranische Raketenprogramm.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) mahnte derweil bei einem Besuch seines libanesischen Kollegen Gebran Bassil in Berlin zu "Besonnenheit und Augenmaß". Es gebe bereits "zu viele Konflikte" in der Region. Aus Europa müsse das gemeinsame Signal kommen, "dass wir das Abenteurertum, was sich in den letzten Monaten dort breitgemacht hat, nicht mehr bereit sind, einfach sprachlos hinzunehmen", sagte Gabriel beim Besuch seines libanesischen Kollegen Dschibran Bassil in Berlin. Er spielte damit auf die Rolle Saudi-Arabiens in dem Konflikt an.