München
Showdown am "bayerischen Amazonas"

Heute wird die lange erwartete Studie zum umstrittenen Donau-Ausbau präsentiert – jetzt muss die Politik entscheiden

21.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:48 Uhr

 

München (DK) Die Emotionen werden wieder hochkochen. Eine „knackige Diskussion“ erwarten Umweltaktivisten. Im Rittersaal des Straubinger Herzogschlosses treffen heute Gegner und Befürworter des Donau-Ausbaus aufeinander. Dass sie sich annähern, ist unwahrscheinlich.

Die Landschaft an dem 70 Kilometer langen Flussabschnitt gilt als einzigartiger Naturraum – als „bayerischer Amazonas“. Weil der Strom dort noch immer weitgehend naturbelassen fließen kann, gibt es Bäume und Tiere, die an anderen Flüssen längst verschwunden sind. Für die Schifffahrt hat das allerdings große Nachteile. Häufig ist das Wasser zu niedrig, um Güter sicher zu transportieren. Spediteure sehen den Abschnitt als Nadelöhr auf der Wasserstraße zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Seit Jahrzehnten wird deshalb über einen Ausbau diskutiert. Zwei Varianten haben Experten nun geprüft. Einen „sanften“ Ausbau (Variante A), den auch Umweltschützer mittragen würden und ein Modell namens C 2.80 mit stärkeren Eingriffen in die Natur. Dabei würde unter anderem eine Staustufe gebaut.

Dass die Gutachter die C 2.80 favorisieren ist kein Geheimnis. „Sie bringt einen höheren wirtschaftlichen Nutzen“, sagt der Präsident der Schifffahrtsdirektion, Detlef Aster. Die Behörde hat die Federführung bei der Planung. Sie hat auch die Studie in Auftrag gegeben. Bei einem umfassenderen Ausbau wäre der Fluss an deutlich mehr Tagen im Jahr für Schiffe passierbar als heute, sagt Aster. Die Variante A nütze der Schifffahrt weitaus weniger. So werden auch die Gutachter heute argumentieren.

Dass ein stärkerer Ausbau mehr Schifffahrt ermöglichen würde, ist unstrittig. Die Frage ist nur, was das für die Umwelt bedeutet. Nach Ansicht der Schifffahrtsdirektion ist der Ausbau in beiden Fällen vertretbar. „Beide Varianten sind ausgleichbar, was den Umweltschutz betrifft“, meint Aster. Offenbar geht die Studie davon aus, dass so oder so ausreichend Naturschutz gewährleistet ist.

Umweltverbände und Aktivisten vor Ort bezweifeln das heftig. Sie sprechen von methodischen Fehlern. Die Gutachter verwendeten völlig unzureichende Modelle – etwa, was die Entwicklung des Grundwasserspiegels betreffe. „Wenn man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, dann ist die Variante C 2.80 deutlich schädlicher“, sagt Georg Kestel vom Bund Naturschutz. Den Donau-Ausbau nennt er einen „Symbolfall“ für die Umweltpolitik in Bayern. So denken inzwischen viele Bürger in der Region.

In der CSU, die einen umfassenden Ausbau immer befürwortet hat, wird der Donau-Ausbau deshalb zunehmend zum Streitthema. Der bayerische Umweltminister Marcel Huber rückte kürzlich als Erster davon ab. „Ja, ich bin gegen Kanal und Staustufe“, sagte er Mitte Oktober. Der Eingriff in die Natur sei zu massiv. Seine niederbayerischen Parteifreunde stieß er damit vor den Kopf. Sie wollen möglichst viel Schifffahrt ermöglichen. Auch um die chronisch verstopfte Autobahn A 3 zu entlasten. „Wir vertrauen auf Ministerpräsident Horst Seehofer, dass er ausgewogene Vorschläge macht“, sagt der Bezirkschef der CSU-Niederbayern, Manfred Weber.

Seehofer will sich offenbar tatsächlich möglichst bald ein Urteil bilden. Im Dezember will er nach Niederbayern fahren und die Lage begutachten. Eine Entscheidung soll wohl noch vor Weichnachten fallen. Offiziell ist der Bund für die Donau als Bundeswasserstraße zuständig. Letztlich wird die Entscheidung aber wohl von Bayern und der CSU abhängen – zumal Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ein Parteifreund Seehofers ist.

Dass Seehofer sich gegen seinen Umweltminister stellt, gilt als unwahrscheinlich. Zuletzt hatte er ihn mehrfach verteidigt. Trotzdem bringen sich Naturschützer schon mal in Stellung. Im nächsten Jahr sei ja Landtagswahl, sagt Georg Kestel. „Wenn es zur Variante C 2.80 kommt, dann werden wir der CSU einen unangenehmen Wahlkampf bescheren.“