"Mein ständiger Begleiter"

Vor 25 Jahren kam in Japan der erste Gameboy auf den Markt – Ein Ingolstädter Experte blickt zurück

16.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

 

Vor 25 Jahren kam in Japan der erste Gameboy auf den Markt – Ein Ingolstädter Experte blickt zurück

Herr Mrozek, können Sie sich noch an Ihren ersten Gameboy erinnern?
 
Michael Mrozek: Sicher. Das erste Mal gespielt habe ich mit einem Gameboy, den ich mir von einem Schulfreund geliehen habe – im September 1990, als das Gerät in Deutschland auf den Markt kam. Ein Jahr nach dem Japan-Start. Den ersten eigenen hatte ich wohl erst so zwei Jahre später. Aber der war ab sofort mein ständiger Begleiter.

 

Haben Sie Ihren ersten noch?

Mrozek: Ja. (kramt im Schrank) Hier unten ist er. (Er zieht ein ziemlich mitgenommenes Gerät heraus.) Den habe ich irgendwann mal grün angemalt und dann versucht wieder sauber zu bekommen. Deswegen sieht das so daneben aus. Geht aber noch. Die Dinger sind unkaputtbar.

 

Wissen Sie noch, was er gekostet hat?

Mrozek: Originalverpackt im Laden 159 D-Mark. Ich habe meinen ersten aber gebraucht gekauft, weil das billiger war und ich als Schüler sparen musste.

 

Ihr erstes Spiel?

Mrozek: Das war – wohl wie bei jedem – „Tetris“, denn es lag dem Gameboy bei. Eines der ersten Spiele, das ich mir gekauft habe, war „Super Mario Land“. Für mich als Rollenspiel-Fan war später dann vor allem die „Final-Fantasy-Legend“-Reihe interessant. Die habe ich auch mehrfach durchgespielt.

 

Immer wieder das Gleiche? War das nicht langweilig?

Mrozek: Heute ist der Massenmarkt überflutet mit Spielen. Damals war das anders. Es gab nicht so die große Auswahl. Außerdem hat so ein Spiel 80 bis 120 D-Mark gekostet. Bei US-Importen kamen noch Versandkosten hinzu. Heute hat jeder ein Smartphone in der Tasche. Deshalb kann man das gar nicht mehr nachvollziehen. Aber damals hatte man weniger Spiele und hat sich viel mehr damit beschäftigt. Die Spiele waren auch schwieriger. Wenn man einen heutigen Jugendlichen an ein Spiel von damals setzt, dürfte der nach ein paar Minuten ordentlich frustriert sein. Damals gehörte es dazu, Spiele so lange zu üben, bis man sie perfekt beherrschte.

 

Warum war das Spiel „Tetris“ eigentlich so populär?

Mrozek: Zum einen war es ein Spiel für Menschen, die bislang mit Computerspielen noch keinerlei Berührung hatten. Das konnte jeder – auch Mütter griffen damit teilweise zum Gerät ihrer Kinder. Zum anderen konnte man es gegeneinander spielen – mit dem Link-Kabel.

Warum kam der Gameboy aus Ihrer Sicht bei den Leuten so gut an?

Mrozek: Der Gameboy war die erste wirklich mobile Spielekonsole. Es gab vom gleichen Entwickler, Gumpei Yokoi, die Game&Watch-Handhelds. Aber da gab es immer nur ein festverbautes Spiel pro Konsole. Und die waren zudem recht simpel. Auf dem Gameboy konnte man komplexe Spiele wie Mario und Zelda spielen. Im Bus, Zug oder Flugzeug hatte man nun immer etwas zum Spielen dabei.

Gab es ernstzunehmende Konkurrenz-Geräte?

Mrozek: Konkurrenz-Produkte gab es einige. Den Atari Lynx und Sega’s Gamegear zum Beispiel. Allerdings kamen die an den Gameboy nicht heran. Hauptproblem war, dass bei beiden der Akku rasend schnell leer ging. Der Grund lag darin, dass beide über ein Farbdisplay mit Hintergrundbeleuchtung verfügten – das zog Strom ohne Ende. Die sechs Batterien im Gamegear waren nach einer halben Stunde leergesaugt. Ziemlich blöd bei einem Mobilgerät. Beim Lynx gab es auch nur wenige Spiele. Aber er hatte auch seine Vorteile, zum Beispiel war er auch für Linkshänder nutzbar, weil man auf ihm auch umgedreht spielen konnte.

 

Was ist der Unterschied zu heutigen Handygames?

Mrozek: Diese Handygames von heute sind oft darauf ausgelegt, dass man sie nur ein paar Minuten spielt. Die haben meist wenig Inhalt und Tiefe. Ich finde das sehr schade. Ich spiele heute noch Gameboy-Spiele, die ich damals nicht durchgespielt habe. Es erscheinen ja jetzt noch Fan-Übersetzungen von Titeln, die nur in Japan rausgekommen sind. Das heißt, ich kann immer noch neue Spiele spielen.

 

Gibt es eine schwierige Stelle in einem Spiel, die Ihnen bis heute im Gedächtnis ist?

Mrozek: Sehr lang getüftelt habe ich an Mystic-Quest-Adventure. Da gibt es eine Stelle, an der es nur den Hinweis gibt: „Palmen, acht“. Da musste man in der Wüste um zwei Palmen eine Acht laufen, um eine Tür zu öffnen. Damals gab es ja noch kein Internet, wo man Lösungen einfach nachschauen konnte. Ich glaube, ich habe drei Wochen, drei Stunden täglich rumprobiert, bis ich da draufgekommen bin. Als ich es dann endlich geschafft hatte, habe ich nur gedacht: „Das war alles“

 

Es wird viel über die Auswirkungen brutaler Ballerspiele diskutiert. Gab es für den Gameboy eigentlich Spiele ab 18 Jahren?

Mrozek: Nein. Es waren keine gewalttätigen Spiele zugelassen. Das war das Konzept von Nintendo. Die hatten überall die Finger drauf. Die Spiele der verschiedenen Hersteller wurden von Nintendo getestet und freigegeben. Nintendo hat damals schon stark zensiert. Bei „Maniac Mansion“ – einem ziemlich schrägen Adventure – gibt es eine Stelle, an der man einen Hamster in die Mikrowelle stecken und platzen lassen kann. Das wurde rausgenommen. Gegen diese Zensur gab es natürlich auch viele Proteste. Denn dieses Spiel ist halt nun mal einfach durchgeknallt.

 

Hatte der Gameboy auch Nachteile?

Mrozek: Problematisch war, dass das Ding keine eigene Beleuchtung hatte. Dafür gab es aber diese lustigen Lupen-Aufsätze mit Beleuchtung. Das sah komisch aus, hat aber super funktioniert.

 

Was ist vom Gameboy geblieben?

Mrozek: Nintendo lebt im Moment von den Handhelds. Weil sie mit den Heimkonsolen gerade kein so glückliches Händchen haben. Aber der Nintendo 3DS ist ja auch wieder eines der bestverkauften Handheld-Systeme auf dem Markt. Das geht alles noch vom Gameboy aus.

 

Warum läuft es bei den Fernsehkonsolen nicht?

Mrozek: Weil die Probleme haben, die wichtigen Spiele rechtzeitig rauszubringen. Eine Konsole lebt von guten Spielen.

 

Das Interview führte

Sebastian Oppenheimer.