Ingolstadt
Dunkle Wolken über Audi

Betriebsversammlung offenbart schwierige Lage Stadler will eine Schicht streichen

05.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Stürmische Zeiten: Der Abgas-Skandal kommt Audi wohl teuer zu stehen. ‹ŒArch - foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Selten war eine Betriebsversammlung des Ingolstädter Autobauers Audi mit so viel Spannung erwartet worden: Mehr als 8000 Mitarbeiter lauschten gestern Nachmittag der Rede von Rupert Stadler. Der Audi-Chef hatte keine besonders guten Nachrichten im Gepäck. Dementsprechend aufgeladen war die Stimmung der Belegschaft.

Auf Audi kommen stürmische Zeiten zu. Zuletzt war man immer mehr in den Fokus des Abgas-Skandals gerückt. Es gab heftige Rückschläge: Der Rückrufplan für die betroffenen 3,0-Liter-Dieselmotoren in den USA wurde abgelehnt, zuletzt musste auch noch Entwicklungschef Stefan Knirsch seinen Hut nehmen - nach gerade einmal einem Dreivierteljahr im Amt. Angesichts dieser dramatischen Entwicklungen war der Andrang bei der Betriebsversammlung in Halle A 67 dementsprechend groß.

"Die letzten Wochen waren für unser Unternehmen schädlich und für viele auch enttäuschend oder schockierend", sagte Stadler dem Vernehmen nach. Gereiztheit, Wut und Angst seien spürbar gewesen. Er könne nachvollziehen, dass mancher Mitarbeiter genervt sei.

Sein Bericht über die aktuelle Geschäftslage trug allerdings nicht zu einer Besserung der Gemütslage bei: Trotz gestiegener Verkaufszahlen und Umsätze sei das operative Ergebnis im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr von 2,9 auf 2,4 Milliarden Euro zurückgegangen. Schuld daran seien deutlich gestiegene Fixkosten, Währungseffekte sowie Rückstellungen für die "Abgas-Thematik". Doch es ging noch weiter: In der Türkei "kollabiere" aufgrund des Syrien-Konflikts derzeit das Geschäft. Auch in Russland und Brasilien habe man mit großen Problemen zu kämpfen. Im Zuge von Diesel-Gate verkaufe man in Südkorea, Japan, Taiwan und Australien deutlich weniger Autos.

Fazit Stadler: "Wir müssen an die Fahrweisen und Schichtsysteme ran." In Ingolstadt treffe es wohl den A 4 und A 5: Ab Januar wolle man eine Schicht weniger fahren. Außerdem bestätigte der Audi-Chef, dass das Projekt "IN-Campus" in Ingolstadt auf "absehbare Zeit" verschoben sei - unsere Zeitung hatte gestern darüber berichtet.

Während die Unternehmensleitung laut Berichten von Teilnehmern zeitweise ausgebuht wurde, gab es Jubel bei der Rede von Betriebsratschef Peter Mosch. Er forderte, die Beschäftigungssicherung über 2018 hinaus zu verlängern. Außerdem erinnerte er den Vorstand an das Versprechen, "unsere Auslastung am Standort Ingolstadt sicherzustellen". Darüber hinaus sei es wichtig, in Ingolstadt zusätzliche Elektromodelle zu fertigen.

Wie tief die Besorgnis in der Belegschaft verankert ist, zeigt der Satz eines Mitarbeiters in der anschließenden Aussprache: "Ingolstadt darf nicht das Detroit von morgen werden." Für den Abend war gestern auch noch eine Management-Konferenz angesetzt. ‹ŒSeite 2 und 3