Wien
Bitterböse und rabenschwarz

Ab heute läuft die österreichische Serie "Altes Geld" von David Schalko beim TV-Kanal One

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

"Altes Geld" spielt im Milieu der Superreichen und dreht sich um einen Industriemagnaten, der eine Leber benötigt und sein Vermögen dem verspricht, der ihm dieses Organ besorgt. In der Folge "Schneeweißes Herz" spielen Sunnyi Melles und Nicholas Ofczarek. - Foto: WDR/ORF

Wien (DK) Während man hierzulande bei tumb-dekadenten Reichen im Fernsehen an "Die Geissens" denkt und sich von den inszenierten Euro-Prolls unter Niveau unterhalten lassen muss, zeigt die Nachbarrepublik Österreich, wie das pfiffig und bitterböse geht: Patriarch Rauchensteiner (Udo Kier) leidet unter Hepatitis D und braucht eine neue Leber, sonst ist er dem Tode geweiht. Also will er sich - Geld spielt ja keine Rolle - schnell eine besorgen.

Aber Bestechungsversuche im Krankenhaus scheitern. So versammelt Rauchensteiner seine dekadente Sippe um sich und verspricht demjenigen, der ihm ein neues Organ besorgt, das Familienerbe. Das gilt nicht nur für seine Kinder und deren Partner, sondern auch für seinen beunruhigend loyalen Personenschützer Kralicek und seinen Sekretär Brunner.

So ist die Jagd auf die Leber eröffnet: Sohn Zeno schachert beim Glücksspiel um Organe. Seine Freundin klopft mit ihrem Hundesitter bei einer ominösen Tierklinik an, Kralicek erkundigt sich bei Berufskollege Sonnborn nach der Möglichkeit des Kaufs einer illegalen Leber aus dem Nahen Osten. Rauchensteiners notorisch fremdgehende Gattin Liane hat andere Pläne. Sie will mithilfe von Dr. Schober ihren gehassten Liebsten loswerden.

Satirisch, bitterböse, tiefschwarz - so erzählen wohl nur die Österreicher. Der Autor, Produzent und Regisseur David Schalko hat das noch einmal gesteigert. Sein Zweiteiler "Der Aufschneider", eine bitterböse Krankenhauskomödie, und die Serie "Braunschlag", eine sperrige Groteske um ein bankrottes Dorf im Waldviertel, waren schon wunderbares Fernsehen. "Altes Geld" schließt da nahtlos an, ist ein rabenschwarzes Sittenbild aus der noblen, aber grundverdorbenen Welt der Milliardäre. Der Niederösterreicher setzt seine Trilogie zum Thema Gier und Korruption fort, die er mit "Braunschlag" begonnen hat.

In "Altes Geld" geht es um Inzest, Erpressung, Bestechung, Eifersucht, Geld, Gier und Korruption. Ein "Dallas für Geisteskranke" nennt Schalko sein Dekadenz-Epos. Und keine Frage, diese Familie Rauchen-steiner stellt die Ewings in jeglicher Beziehung in den Schatten. Als das Familienoberhaupt ein "Preisgeld" aussetzt, verstärkt sich die Egozentrik jedes Einzelnen beinahe ins Unendliche. Die Rauchensteiners sind hysterisch und skrupellos, ihre beispiellos missratenen Kinder dekadent, spielsüchtig und nymphomanisch, zwei von ihnen pflegen ein inzestuöses Liebesverhältnis. Die Bediensteten vom Personenschützer bis zum Sekretär, die Freunde des Hauses vom Leibarzt bis zum Bürgermeister vervollständigen das Sittenbild des Wiener Geldadels. Wie wer mit wem verbunden ist, das wird auf herrlich verschlungenen Pfaden erzählt, die Intriganten beherrschen die Szenerie, und auch Anspielungen auf real existierende österreichische Verhältnisse hat Schalko einfließen lassen.

Mit Scherz, Satire und Ironie arbeitet der Serienschöpfer, es geht weniger über dramatische Zuspitzung und Empathie für die Figuren. Dieser Clan erhebt sich über Leben und Tod, denkt mit Geld, Beziehungen und Drohungen kann man alles erreichen. Dialoge voller Wortwitz und Boshaftigkeit hat Schalko geschrieben. Die klingen so: "Du musst aufhören, dich ständig umzubringen, das ist unter deiner Würde."

Und: "Das ist der Vorteil in dieser Familie: Keiner geniert sich, ein Arschloch zu sein." Und man ist begeistert über diese Besetzung, die Crème de la Crème der österreichischen Schauspieler umfasst: Nicholas Ofczarek, Manuel Rubey, Thomas Stipsits, Robert Pal-frader, Simon Schwarz, Cornelius Obonya, Nora von Waldstetten und Ursula Strauss. Dazu die wunderbare Sunnyi Melles und Udo Kier als Patriarch. "Es ist ein Schauermärchen über eine Welt, die völlig ohne Liebe auskommt", sagt Schalko. Er hat dieses Märchen in satte Farben und prächtige Bilder getaucht. Wenn Frau Rauchensteiner durch den riesigen Garten reitet, ihr Gatte mit ausgebreiteten Armen auf der Wiese steht und philosophiert: "Was ist das für ein Leben, wenn nie ein Löwe wartet? Wir müssten mehr um unser Leben laufen" - dann sind das Bilder wie kleine Gemälde. Und dazu durch die ganze Serie hindurch Klaviermusik komponiert vom in Wien lebenden Norweger Kyrre Kvam. "Altes Geld" - eine Serie, die so wirklich nur die Österreicher drehen können.

One, ab heute, Doppelfolgen mittwochs, jeweils 21.50 Uhr.