Unausgereifte Darbietung

22.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

Halbherziges Programm: Schorsch Thaller (rechts) und Pianist Thomas Kaiser bei ihrem Auftritt im Altstadttheater. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Wenn auch das Motto des Abends – "Schorsch Thaller und sein ,wilder Kaiser‘" – gleich mehrere Assoziationen in sich trug, keine wollte so recht aufgehen.

Weder die zu Lissys wildem Kaiser – der Parodie über Kaiserin Sissy – noch die zu Jopie Heesters, der unlängst den alten Kaiser Franz Joseph spielte und dem Schorsch Thaller seinen vorletzten Programmpunkt "Heut geh’ ich ins Maxi" widmete, und schon gar nicht – das sollte aber wahrscheinlich der Clou sein – zum begleitenden Pianisten des Abends, Thomas Kaiser, der sozusagen als schweigendes Pendant zum redefreudigen Thaller nicht besonders glücklich, geschweige denn komisch wirkte.

Mit den Worten "Hallo, Herr Kaiser" und leiser hinzugefügt "Das Programm wird gesponsert von der Hamburg-Mannheimer" begann Thaller seinen Abend. Einerseits eine Mischung aus seichtem Kabarett, oberflächlichen Schlagwort-Seitenhieben auf die Politik, und eigenen Gedichten unter dem Titel "Surrealistische Urlaubserlebnisse" (deren Wortspielereien und Verknüpfungen durchaus einige Lacher wert waren), andererseits mit einzelnen Liedern und Auszügen aus Opern und Operetten.

Nachdem er resignierend ("Ja mei, der Fachkräftemangel") seinen schweigenden Begleiter aufs Korn genommen hatte, verwandelte Thaller die Arie des Georg aus Lortzings "Waffenschmied" durch eingeschobene Textänderungen über "Angie" in einen brav-biederen Anti-Politik-Song. Aus Donizettis "Una furtiva lacrima" wurde ein "fortima alcrima" – in überzeichnetem Schnulzengebaren vorgetragen, schälte sich Heintjes "Mama" daraus hervor.

Seine hohe, schlanke und flexible Tenorstimme, die sich bisweilen anhört, als käme sie von einer Schellackplatte, eignet sich dafür hervorragend und hinterließ den Eindruck der Geschlossenheit und Stimmigkeit von Werk und Ausdruck.

Taminos Arie "Dies Bildnis ist bezaubernd schön" aus der "Zauberflöte" gestaltete er gesanglich unter leichten Intonationsirritationen mit gleicher Ernsthaftigkeit wie zuvor, verlor dabei wiederum sein Programm-Motto aus den Augen, zog die Darbietung dann aber noch ins Lächerliche, indem er den älteren Damen in der ersten Reihe mit Kniefall und Handkuss seine Aufwartung machte.

Es blieb das Gefühl, Thaller könne sich nicht entscheiden. Es passte nichts so richtig. Nicht der Ansatz des "unerwarteten Abends mit Kostlosigkeiten aus dem Schmutzkästchen der Musik", nicht Thallers Aufmachung mit Frack und Zylinder, nicht seine unverkennbare Absicht, doch auch seine Stimme schön und ausgewogen zu präsentieren, nicht die Mischung aus Musik, Politik und gesellschaftstypischen Missständen und der Aufforderung, den Abend mit "verwunderlichen Künstlern zu genießen". Dem halbherzigen Programm fehlte insgesamt der große Bogen.

Die Operetten-Einlagen aus Benatzkys "Im weißen Rössl" und Lehárs berühmter "Maxim"-Song gelangen mit Abstand am besten – konnte Thaller dabei doch sein schauspielerisches Talent ausspielen, brauchte das Ganze nicht zwanghaft einem unernsten Charakter zu unterwerfen und behielt so die Oberhand über dieses Genre. Diesen Arien hätte man gut und gerne einen Abend lang lauschen können.