Nürnberg
Klangzauberer

31.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Entertainer mit Charme: Stephan Eicher in Nürnberg - Foto: Hertlein

Nürnberg (DK) Und der Mond schaut zu. Zwischen zwei Häuserfronten leuchtet er direkt auf die Bühne am Hauptmarkt. Stephan Eicher ist darüber amüsiert und genießt die Illumination. Der 54-jährige Schweizer ist neben dem Ruhrpott-Rocker Stefan Stoppok der Eröffnungsgast des Jubiläums-Badentreffens.

Zum 40. Mal treffen sich Künstler (insgesamt 392) in der Franken-Metropole und bespielen bis zum Sonntag neun Auftrittsorte. Was 1976 klein anfing, in Hinterhöfen und Kneipen, hat sich zum Mega-Event unter freiem Himmel, noch immer kostenlos, entwickelt. 200 000 Zuschauer erwarten die Veranstalter, das Budget ist doppelt so hoch – rund 8000 Besucher sind Donnerstagabend begeistert. Vom Pott-Songwriter, aber vor allem von Eichers Automaten-Projekt, vom Charisma des schick gekleideten Troubadours mit Wohnsitz in der Camargue, vom Klangzauberer. Liegt es am Verhandlungsgeschick der Bardentreffen-Macher, an Eichers Freundschaft zum Nürnberger Maler und Musiker Dan Reeder, dass der Schweizer ein Gastspiel gibt? Der Jubiläumsauftakt ist furios. Man fühlt sich wechselweise wie beim Trödler Abraham oder in einem High-Tec-Studio. Eine Einmannshow mit allerfeinsten Klang-Automaten regiert die Bühne. Das letzte Mal habe er beim Haldern-Pop-Festival in Deutschland gespielt, ansonsten macht sich Eicher in Deutschland rar, Nürnberg ein musikalischer Glücksmoment.

Damit die Magie nicht verloren geht, will er eigentlich keine TV-Kameras auf der Bühne haben – lenkt aber ein. Mit einem Lied auf Schwyzerdütsch am Klavier eröffnet Eicher sein Gastspiel, was folgt, ist eine Reise ins Wunderland. Auf der Bühne sind ein Klavier, ein Schlagzeug, eine Orgel, Glockenspiel, Xylofon und einige Percussion-Instrumente aufgetürmt. Alles echt. Die Töne werden durch Elektronik, Motorik und mit Luftdruck erzeugt. Artig bedankt sich Eicher nach den Stücken bei seinen „Mitspielern“. Ausfahrbare Scheinwerfer greifen dem Künstler unter die Arme, er selbst pendelt zwischen Mikrofon und Gitarre und Klavier. Mimt den Hexenmeister, den einfühlsamen Poeten, den Chansonnier.

1981 ist er noch aus anderem Holz gewesen. Mit der Gruppe „Grauzone“ feierte er den Megahit „Eisbär“. Jetzt steht er am Hauptmarkt, steuert sein Automaten-Orchester mit den Füßen: „Unten steckt viel Fred Astaire drin, oben bin ich eher wie ein Zauberer.“ Die Vermenschlichung von Robotern habe ihn schon immer fasziniert, in seiner Jugend haben ihn Flipperautomaten begeistert. Nürnberg ist begeistert von Eicher, feiert ihn. Ein mehr als gelungener Barden-Party-Auftakt.