Ingolstadt
Treffsichere Satire

Kabarettistin Lisa Catena bei den 22. Ingolstädter Frauenkulturtagen

12.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Engagiert und blitzgescheit: Lisa Catena in Ingolstadt. - Foto: Dorn

Ingolstadt (DK) Die Schweizer sind langsamer und gemütlicher als die Deutschen. Diese wiederum werden von ihren eidgenössischen Nachbarn dafür bewundert, dass sie alles so schnell, "so zack, zack", erledigen. Naja, bis auf den Flughafen - "da haben wir Schweizer wohl schneller einen Tunnel bis nach Berlin fertig!"

Lisa Catena, derzeit vielversprechendster Schweizer Politkabarett-Export, sieht in ihrem Programm "Grenzwertig" sehr genau hin, sucht und findet Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Alltag, Gefühlslage und Politik. Das kommentiert sie - das Grenzwertige - äußerst scharfzüngig und satirisch überspitzt, das gerade noch Hinnehmbare glossiert sie als "Heidi" mit Augenzwinkern. Beides fließt sehr schnell ineinander. Dabei verlässt sie sich auf persönlich Erlebtes ebenso wie auf Statistiken.

Das fängt beim Bestellen eines "Bierlis" an, wenn sie der sprachlichen Diminutivform entsprechend etwas anderes erwartet als diese "Blumenvase". Die erscheint ihr auch der Grund für die Aufgeregtheit um Ausländer und Flüchtlinge in Deutschland: "Saufts halt weniger, dann seht ihr nur die Hälfte!" Sie selbst regt sich über Frauke Petry auf, die das Beispiel der direkten Demokratie in der Schweiz für die Zwecke der AfD missbrauche, ohne daran zu denken, dass dies bedeute, die Meinung und den Willen anderer zu tolerieren. "Denn in 80 Prozent der Fälle stehst du mit deiner Meinung auf der Verliererseite! Viermal im Jahr wirst du zur Abstimmung gerufen, trägst du Mitverantwortung und musst dich informieren!"

Sie redet sich in Rage. Was die Leitkultur sei - etwa das Saufen am Oktoberfest, das Dschungelcamp oder die Mainzelmännchen? "Unsere Werte haben sich verkehrt. Sogar die sieben Todsünden. Geiz ist geil, Hochmut und Eitelkeit beste Voraussetzung für einen Job im Management." Gebeichtet werde bei Facebook. Kim Kardashian habe bei Twitter 40 Millionen Follower, der Papst nur 14. In der voll besetzten Kleinkunstbühne wird gelacht, gibt es Zwischenapplaus, herrscht Stille, als die 37-Jährige die Zusammenhänge im Syrien-Konflikt aufzeigt: Die alten Feindbilder passen nicht mehr. Oft seien die angeblich Guten auch böse, gebe es unselige Allianzen. Blitzgescheit bringt sie alles auf den Punkt, entlarvt Phrasen, schüttelt den Kopf über Wohlstandsmarotten, nimmt alle, nicht nur die Politiker, in die Pflicht. Der Applaus will nicht enden. Wer jetzt keine Karten mehr bekommen hat: Am 7. Februar ist sie wieder in Ingolstadt.

Die nächsten Termine der Ingolstädter Frauenkulturtage sind heute Abend in der Fasshalle um 19 Uhr mit Michaela Knörs Vortrag über Frauen als Bierbrauer, am Sonntag um 11 Uhr der Krimifrühschoppen mit Susanne Rößner.