Ingolstadt
Geschichten zwischen Komik und Irrsinn

Joesi Prokopetz begeistert das Publikum bei den Ingolstädter Kabaretttagen

18.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Begnadeter Vortragskünstler: Joesi Prokopetz in der Ingolstädter Neuen Welt. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) In der ersten Hälfte lacht er nur äußerst selten, dieser Joesi Prokopetz. Sein Gesichtsausdruck zeigt eher, dass er sich ärgert, aufregt, echauffiert. Ist ja auch kein Wunder, räsoniert er doch über Zeiterscheinungen wie das Kloakenfernsehen, die All-Inclusive-Mentalität seiner Mitbürger sowie all die Volltrottel, Vollkoffer und Vollpfosten um ihn herum.

Regelrecht angewidert ist er über weite Strecken, und wenn er wirklich lacht, dann eher süffisant und geringschätzig. Ganz anders sein Publikum, das kringelt sich förmlich in der wieder einmal ausverkauften Neuen Welt, als der Mann aus Wien die "Ösi-Spezial-Reihe" innerhalb der diesjährigen Kabaretttage eröffnet.

"Giraffen können nicht husten", heißt das Programm, was aber "eh wuascht" ist, weil es um Giraffen gar nicht geht. Dafür um eine Abfolge herrlich skurriler Geschichten voller Komik und Irrsinn, die nicht selten recht harmlos anfangen und dann völlig aus dem Ruder laufen. Eine Dame betritt den Aufzug ..., ein Ehepaar sitzt im Restaurant ...- und am Ende herrscht das pure Chaos. Prokopetz entwirft Szenerien, ganze Dramen, genüsslich lehnt man sich als Zuhörer zurück und verfolgt gespannt und belustigt, wie sein Personal mit sicherer Hand den Karren an die Wand fährt.

Prokopetz ist ein begnadeter Vortragskünstler. Ob er frei spricht, vorliest, ein Lied singt - der Mann bringt stets vollen Einsatz, schlüpft hinein in seine Figuren, wird quasi selber zu ihnen, gewährt wie nebenbei schonungslosen Einblick in die Mentalität des Wieners und deckt die Eigenheiten seiner Sprache auf, spielt mit seinem Personal und auf einer zweiten Ebene auch mit seinem Publikum, etwa wenn er immer dann einen seiner berüchtigten Kurzwitze vom Stapel lässt, wenn die Reaktion seiner Zuhörer auf eine Pointe zu wünschen übrig lässt. Was er vorher natürlich angedroht hat.

Geradezu mitschreiben müsste man seine Aphorismen und Sinnsprüche, die den Nagel dermaßen auf den Kopf treffen, dass es schon fast weh tut. "Der volkstümliche Schlager wird grundsätzlich von Menschen erfunden, die aus alpinen Seitentälern kommen", sagt er. "Die Schläue des Fuchses liegt zu 50 Prozent in der Dummheit der Gans begründet." Oder - ganz philosophisch - "Der Grund unseres Hierseins ist noch lange nicht der Sinn unseres Daseins." Kommen Äußerungen solcher Art an der richtigen Stelle im Programm - und das tun sie immer - kann man nur noch staunen ob deren Passgenauigkeit und des Einfallsreichtums ihres Schöpfers.

Wie man hört, soll dieses Programm das letzte des Joesi Prokopetz sein. Er wolle in Rente gehen. Das hieße, in Zukunft nie mehr solch tolle 120 Minuten mit ihm erleben zu können wie an diesem Abend in der Neuen Welt. Herr Prokopetz, das können's uns doch nicht antun!