Ingolstadt
Grenzgänger des Blues

21.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Starker Sänger mit famoser Band: Paul Reddick gastierte in Ingolstadt - Foto: Löser

Ingolstadt (DK) Diese Band ist überragend. Guitar Ray & The Gamblers mit dem exzellenten und immens vielseitigen Ray Scona an der Gitarre, mit dem Bassisten Gabriele Dellepiani als Fels in der tosenden Brandung und mit Massimo Bassa-mo, dem Uhrwerk am Schlagzeug, haben bereits Big Pete Pearson beim diesjährigen Bluesfest begleitet.

Nun hat Paul Reddick aus dem kanadischen Vancouver diese kontinentale Spitzenband aus Genua für eine Europatour engagiert, um sich und seine Songs ins optimale Licht zu rücken.

In der Neuen Welt gelingt dieses Vorhaben auf beeindruckende Weise, denn alle Beteiligten präsentieren sich in glänzender Form. Reddick als vielfach preisgekrönter Harpvirtuose und Sänger mit einer Stimme, die an Schmirgelpapier, grobe Körnung, erinnert, sowie als Komponist von höchst originellen Stücken aus den Grenzbereichen des Blues, die Band als kompaktes Ensemble, das in der Lage und stets willens ist, für einen Mördergroove zu sorgen. Bis auf „Pretty Thing“ von Bo Diddley als Zugabe spielt das Quartett ausnahmslos eigenes Material. Und das hat es in der Tat in sich. Im Grunde jede Nummer nämlich funktioniert zwar auf der Basis des Blues, irgendwas aber ist bei Reddick immer anders, mal läuft das Grundmotiv der Rhythmik entgegen, mal entspricht der Kompositionsaufbau nicht dem üblichen Muster, oder ein Riff hält sich nicht an die Nahtstellen der rhythmischen oder harmonischen Bausteine. Das mag der Grund dafür sein, dass mancher sich an Reddick vielleicht anfangs erst gewöhnen muss. Hat man sich aber eingehört, entfaltet seine Musik einen unvergleichlichen Charme, nach dem man geradezu süchtig werden könnte. Es gibt keinen einzigen schwachen Song während dieser beiden denkwürdigen Stunden in der Neuen Welt, dafür aber jede Menge Highlights, etwa das bärenstarke „Elizabethville“, das aufgrund seiner unheimlichen Atmosphäre enorm spannende „Big Not Small“ oder das beinhart rockende „I’m A Criminal“.

Man kann nur vermuten, was der Grund dafür ist, dass Reddick in Europa trotz seiner Klasse nicht den Bekanntheitsgrad hat, den er verdient. Läuft er doch zu sehr neben den ausgetrampelten Pfaden des Mainstream-Blues? Eilt ihm der Ruf eines Blues-Eigenbrötlers voraus? Macht er zu viele gute Songs und zu wenig Party bei seinen Konzerten? – Wie auch immer, an mangelnder Qualität liegt’s nicht, denn mit diesen Songs im Gepäck und mit dieser Band im Rücken ist er schlichtweg herausragend.