Ingolstadt
"Diese Musik ist etwas sehr Natürliches"

Volkstümliche Blasmusikgruppen feiern Renaissance allen voran die Egerländer Musikanten. Ein Interview mit Leiter Ernst Hutter

20.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Gruppenbild mit Dame: Die Egerländer Musikanten in ihrer vollen Stärke. Seit 15 Jahren leitet Ernst Hutter (erste Reihe, Zweiter von rechts) das Bläserensemble, das 1956 vom legendären Ernst Mosch (1925-1999) gegründet wurde. - Foto: Egerländer Musikanten

Ingolstadt (DK) Samtweiche Klänge in Perfektion sind das Markenzeichen der Egerländer Musikanten. Der legendäre Volksmusiker Ernst Mosch hat das von ihm gegründete Orchester mit ausgefeilter, virtuos vorgetragener Blasmusik einst zu Weltruhm geführt. Nach seinem Tod übernahm der Allgäuer Ernst Hutter die Leitung - wie einst Ernst Mosch ist auch er ein ebenso begeisterter Blas- wie Jazzmusiker. Kaum ein anderes Blasorchester ist so beliebt wie die Egerländer Musikanten. Am 16. Oktober geben sie in Ingolstadt ein Konzert im Festsaal des Stadttheaters - und die Sieger des DONAUKURIER-Blasmusikwettbewerbs dürfen als Vorband auftreten.

 

Herr Hutter, Blasmusik hat ja irgendwie einen Hauch von Ewigkeit - ist das so?

Ernst Hutter: Jede Musik ist für mich überall vorhanden. Wie Spektralfarben sind Töne immer da. Blasmusik hat zudem den Vorteil, dass der Atem direkt bei der Tonerzeugung wichtig ist. Auch deshalb ist und bleibt sie immer ein wichtiger Bestandteil der Menschheit.

 

Sie haben die Egerländer Musikanten aus einer Zeit, als Blasmusik zumindest bei jungen Leuten als Opa-Style verschrien war, in eine neue Zukunft geführt. Wie ist Ihnen - zumal als Allgäuer - das denn gelungen?

Hutter: Wie gesagt, empfinde ich Blas- oder im weiteren Sinne Bläsermusik als etwas sehr Natürliches. Bei uns im Allgäu war diese Musik in weiten Teilen der Bevölkerung nie out, sondern immer ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Lebens. Leider ist unsere Musik in den Medien durch andere Musikstile, vor allem Popmusik, etwas verdrängt worden. Durch qualitativ gute Konzerte und Produktionen haben wir es geschafft, an die großartigen Erfolge mit Ernst Mosch wieder anzuknüpfen.

 

Die Egerländer sind untrennbar mit dem Namen ihres Gründers Ernst Mosch verbunden. Wie war es für Sie, diese gewaltigen Fußstapfen vor sich zu sehen?

Hutter: Ernst Mosch war in der Tat ein großartiger Musiker und Unternehmer, der mit seinem Enthusiasmus unzählige Menschen begeistert hat, auch mich. Für mich war es nie eine Frage, seine Arbeit fortzusetzen und dabei Druck zu verspüren. Ich bin von ihm 1986 in sein Orchester engagiert worden, weil er an meine Fähigkeiten glaubte, und freue mich jeden Tag über meine Aufgabe.

 

Auf den Volksfesten sowieso und überall im Land tanzen die jungen Menschen bei Blasmusik wieder begeistert auf den Bänken. Sind die alten Zöpfe in dieser Musik abgeschnitten oder ist gerade Nostalgie ein wichtiger Faktor?

Hutter: Wir beobachten auch in anderen Lebensbereichen, dass sich Gutes nicht komplett verdrängen lässt - Gott sei Dank. Das Marketing möchte uns immer wieder dazu verleiten, dass man ständig neue Dinge bräuchte. Die Menschen setzen gegenwärtig aber wieder auf Bewährtes, authentische Musik gehört auch dazu.

 

Blasmusik hatte noch vor wenigen Jahren als breite Unterhaltungsmusik einen schweren Stand. Schmerzt so eine Geringschätzung?

Hutter: Als studierten Musiker und Profi mit den Egerländern, der SWR Big Band und in vielen anderen Ensembles hat es mich schon sehr geschmerzt, dass unsere hochwertige Arbeit eine Zeit lang so gering geschätzt wurde. Wie ich darüber denke, habe ich schon angedeutet. Obwohl die Medien meist nur noch Quoten versuchen zu befriedigen, war ich immer davon überzeugt, dass Qualität sich letztlich immer am Markt behauptet. In den letzten Wochen hatte ich auch viel Freude daran, bei der Olympia-Berichterstattung mal wieder andere Sportarten als nur Fußball zu sehen. . .

 

Warum sollten nach Ihrer Meinung eigentlich junge Leute Instrumente wie Trompete, Horn oder Tuba lernen und in einer Kapelle spielen?

Hutter: Jedes Musikinstrument hat einen eigenen charakteristischen Sound und spezielle Möglichkeiten. Ich werde niemals bestimmte Instrumente bevorzugen. Wie in der Natur gibt es auch mit Instrumenten viele unterschiedliche Erlebnisse. Junge Menschen sollten sich ihre Neugier erhalten, dies zu entdecken. Eine Tuba kann ganz andere musikalische Emotionen wecken als der hohe Klang einer Klarinette beispielsweise, aber beides ist wunderbar. Zusammen mit Freunden Musik zu erleben und selbst zu machen, ist ein tolles Gefühl.

 

Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie ganz persönlich so für Blasmusik fasziniert hat?

Hutter: Mein Vater war Dirigent eines guten Blasorchesters, er hat mit großem Einsatz für seine Leidenschaft gekämpft, sicher war dies die Inspiration für meine Lebensaufgabe, Bläser zu sein.

 

Mal ganz ehrlich: Wenn Sie sich von der Berufswelt entspannen möchten oder wenn Sie mit dem Auto unterwegs sind - welche Musik hören Sie?

Hutter: Wenn ich mich entspanne, höre ich gar keine Musik, dann wandere ich oder fahre mit dem Rad durch die schöne Landschaft im Allgäu. Im Auto höre ich die Musik, die dort gespielt wird, manchmal auch Titel, die mir wirklich gut gefallen. Ich liebe viele Arten von Musik, Klassik, Jazz, einfach gute Musik, auch im Pop- oder Rockbereich gibt es wunderbare Künstler.

 

Blasmusik und Geselligkeit gehören irgendwie zusammen. Muss man Menschen mögen, um ein Blasmusiker zu sein?

Hutter: "Wo man singt da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder . . ." Diesem bekannten Spruch habe ich nichts hinzuzufügen. Der gilt für alle Musik, und man sollte Menschenfreund sein, um selbst ein besserer Mensch sein zu können.

 

Was erwartet die Besucher des Konzerts in Ingolstadt, worauf dürfen sich die Freunde der Blasmusik und der Egerländer Musikanten besonders freuen?

Hutter: Wir gestalten ein Jubiläumsprogramm mit vielen Hits, wunderbaren Texten und virtuosen Solisten. Unsere Bühnenshow präsentiert eine Geschichte zum Thema "90/60/30/15". Unser Jubiläum beinhaltet vier Daten: 90 Jahre Ernst Mosch, 60 Jahre Egerländer Musikanten, 30 Jahre Ernst Hutter als Egerländer, 15 Jahre Ernst Hutter als Leiter.

 

Der DONAUKURIER hat einen Wettbewerb unter den Blaskapellen in der Region gestartet. Die Gewinner dürfen beim Konzert im Stadttheater als Vorband spielen. Werden Sie sich die Musiker anhören?

Hutter: Ich denke schon, dass ich einen kurzen Eindruck bekommen werde, ich muss mich allerdings während dieser Zeit auch auf unseren Auftritt vorbereiten. Den Musikern wünsche ich viel Spaß und Erfolg mit ihrem Auftritt.