Ingolstadt
Die Stille vor dem Schuss

Spannende "Ladies Crime Night" im Ingolstädter Altstadttheater

09.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:12 Uhr

Foto: Andrea Hammerl

Ingolstadt (DK) Dumpfes Herzklopfen kommt plötzlich aus dem Off des Altstadttheaters, erst dezent, dann immer lauter und schneller werdend, bis ein Schuss den markanten Schlusspunkt setzt. Der Leichen werden es noch mehr in der "Ladies Crime Night" der Mörderischen Schwestern.

Optimal getimt hat Rosemarie Benke-Bursian ihre letzten Worte, der Schuss beendet ihre Kurzgeschichte aus "Seitensprünge und Affären" zu Beginn einer vermeintlichen Aussprache, mit der die betrogene Ehefrau das Verhältnis ihres Gatten mit Miriam beenden will. Ob das aber auch wirklich das Ende der mörderischen Kurzgeschichte ist? Zweifel beschleicht die meisten Zuhörerinnen - die Männer waren deutlich in der Minderzahl - eigentlich erst, als die zweite Lesung ebenfalls mit Herzklopfen und Schuss beendet wird.

Richtig, Moderator Sascha Fersch hat ja angekündigt, jede der neun Krimiautorinnen habe genau sechs Minuten Zeit für ihre Lesung. Dass er zu Beginn der "Ladies Crime Night" auf der Bühne stehen darf, erklärt der Münchner Autor, Regisseur und Musiker damit, dass "die Damen sich einen jungen, dynamischen Mann gewünscht haben - bekommen haben sie aber nur mich". Dazu drei junge Musiker: Benjamin (Flügel) und Gabriel Streicher (Bass) sowie Andreas Krieglmeier (Posaune) bieten ausgezeichneten, melodiösen Jazz, von "Night and Day" bis zur Begleitung Ferschs bei "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett".

Warum ihr Ermittler in "Erkül Bwaroo und der Mord im Onyx-Express" ein Elf ist, bleibt Ruth M. Fuchs' Geheimnis. Er hört sich recht französisch an, wenn sie ihm in ihrem engagierten Vortrag einen deutlichen Akzent verleiht. Während einige Krimiautoren das Publikum am Mord teilhaben lassen, ist die Leiche bei anderen schon vorhanden, wenn die Kurzlesung beginnt. Im "Onyx-Express" gibt es eine Kostprobe der beginnenden Ermittlerarbeit. Die Sicht der Polizei einschließlich Vorgesetzten-Satire vermittelt Manuela Obermeier in ihrem Debütroman "Verletzung", der in München spielt, wo die Polizeihauptkommissarin ihrem Broterwerb nachgeht. Ingeborg Struckmeyers "Eisige Stille" aus der Sammlung "Todesängste" herrscht in der Ehe von Bernhard und Margot - zumindest am Ende, nachdem Margots Streitsucht den Bogen überspannt hat.

Mehrere überraschende Wendungen birgt Stefanie Greggs "Liebe, Mord und ein Glas Wein", das mit tiefschwarzem Humor punktet. Nach Hamburg entführt Anette Hinrichs mit dem "Sandmann-Projekt", das just in dem Moment durch den vermaledeiten Schuss unterbrochen wird, als der Protagonist einer geheimnisvollen Botschaft auf den Grund gehen will. Nicole Neubauers "Moorfeuer" brennt im Donaumoos und spielt mit einer geheimnisvollen Kellertür, an die sich der - versehentlich unbewaffnete Kommissar - nicht so recht herantrauen will, ehe ihn der Schuss just im richtigen Moment erlöst. Der richtige Moment für ihn, nicht für die Zuhörer! Okkult wird es in Ingrid Werners Krimi "Niederbayerische Göttinnen", in dem sie ihre Heldin - eine unfreiwillig ermittelnde Heilpraktikerin - in eine keltische Opferungsszene stolpern lässt. Dagegen sind Carmen Mayers "Hurentöchter", die gemächlich mit Kommissar Braunnagels Befindlichkeiten beginnen, ja fast schon erholsam.

So richtig Lust auf mehr machen die neun Mörderischen Schwestern mit ihren Leseproben, dass sich das Publikum entsprechend motiviert zum Büchertisch begibt - oder ans Büfett.