Die große Flatter

16.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:56 Uhr

Ingolstadt/Rom (DK) Als Kind in Südamerika habe er gesehen, wie Schmetterlinge zu Tausenden auf Tierkadavern saßen, um diese Leichen quasi leer zu trinken, erläutert der gelernte Fotograf und Street-Art-Künstler Marc Köschinger aus Ingolstadt Passanten im historischen Stadtkern von Eichstätt gerne die Herkunft seiner Idee zu einer haushohen Papierschmetterlingsinstallation an einem denkmalgeschützten spätbarocken Bürgerhaus in der Pfahlstraße der Altmühlstadt.

Noch bis Ende Oktober des Jahres ist dieses Kunstwerk Köschingers in Eichstätt zu sehen, das der vormalige Art Director der Stadt für das Kunstprojekt "Open HeArt – Kunst im Zentrum" im Mai geschenkt hat, um sich auf diese Weise beim Hausbesitzer, bei der Stadt, den Einwohnern und den Kunststudenten der Uni für die erfahrene Unterstützung zu bedanken.

 
Denn ohne die "Kleinarbeit" des Schmetterlingsklebens wäre das Kunstobjekt "Schmetterlingsschwarm" wahrscheinlich heute noch nicht fertig gestellt, gibt Köschinger unumwunden zu. So aber sitzen nun schon einige Wochen gut 30 000 Flattermänner, die aus wetterfestem weißen Papier gestanzt sind, auf dem Baudenkmal und verschaffen ihm auf seine alten Tage noch einmal unverhoffte Publicity.

Einigermaßen rekordverdächtig ist allein diese Menge an Papillons, die auf die Fassade des Baudenkmals appliziert wurden, auf einen davor abgestellten Mexiko-Käfer und auf die umgebenden Straßen- und Trottoirbereiche. Aber Köschinger, der das Bild von den Kadaver aussaugenden Schmetterlingen aus seiner in Paraguay verlebten Kindheit immer auch mit einem gewissen Schauder erinnert, wie er betont, weil es ja dabei auch ums Sterben und um eine Verwandlung im Sinne eines barocken Memento mori gehe, will noch mehr.

Die Betrachter der "schönen Hausleich" von Eichstätt sollen sich ein Papillon-Souvenir von dort mitnehmen und es möglichst in alle Welt tragen. Weltumspannend stellt sich Köschinger seinen Schmetterlingsschwarm denn auch vor und er peilt damit einen weiteren Rekordversuch an. Die größte Kunstinstallation der Welt will er mit Hilfe von Kunstbetrachtern schaffen, welche seine hübschen Papierinsekten mit sich in die Fremde transportieren und dort fotografieren.

Dafür hat Köschinger nun eine Plattform für die internationale Schmetterlings-Community eingerichtet, auf der die kleinen Luftgaukler virtuell anlanden können. Erste Fotos von Papier-Schmetterlingen, die auf der Petersdom-Kuppel in Rom oder in einer alten Abtei in Südengland gesichtet und dort abgelichtet wurden, sind auf der Homepage www.butterflies worldwide.de bereits zu sehen. Und der Künstler bittet Eichstätt-Besucher auch ausdrücklich, sich in der Pfahlstraße zu bedienen und später Fotogrüße von all over the world an ihn zu senden, damit er auf seiner Schmetterlings-Weltkarte möglichst bald viele Lepidoptera aufpieksen kann.