Vom "Vorzeigetürken" zum Problemfall

Bora Ataman, einst Integrationsbeauftragter der Regensburger CSU, irritiert mit eigenwilligen Alleingängen

21.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:39 Uhr

Im Gespräch mit der AfD-Chefin: Bora Ataman hat erst kürzlich Frauke Petry nach Regensburg geholt – um gemeinsam mit der Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei dem „wachsenden Hass gegenüber Flüchtlingen“ entgegenzutreten - Foto: oh

Regensburg (DK) Einst war er der „Vorzeigetürke“ der Regensburger CSU. Sohn türkischer Einwanderer, verwurzelt in Bayern und der CSU. Ein Moslem mit Hang zur katholischen Kirche. Nach dem neuerlichen Alleingang ihres ehemaligen Integrationsbeauftragten Bora Ataman will die CSU ihn am liebsten loswerden. Ohne jegliche Absprache mit dem Parteivorstand hatte Ataman erst kürzlich die AfD-Chefin Frauke Petry nach Regensburg geholt. Gemeinsam mit der rechtspopulistischen AfD wollte er dem „wachsenden Hass gegenüber Flüchtlingen“ entgegentreten. Bleibt die Frage: Ist Ataman naiv oder dreist

Seine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik und den eigenen Parteigängern ist harsch. Die CSU habe in 40 Jahren Integrationspolitik nur versagt und höre den Ängsten der Menschen nicht zu. „Das schürt den Hass in der Bevölkerung“, glaubt Ataman. „Da habe ich etwas unternehmen müssen“, sagt er im Gespräch. Und wieder setzt er ganz auf den Überraschungseffekt. Schon einmal hatte er ohne Absprachen mit der eigenen Partei vor laufenden Kameras die Einrichtung einer Integrationsstelle in Regensburg angekündigt – unter seiner Führung. Denn nur „Migranten verstehen Migranten wirklich“, davon ist der Liebhaber bayerischer Kultur überzeugt. Von der Aktion wusste der Parteivorstand so wenig wie vom Besuch der AfD-Frontfrau oder von Atamans aktuellem „Flüchtlingskonzept“, das er nach eigener Aussage im Auftrag des Regensburger Bischofs Rudolf Vorderholzer und der deutschen Bischofskonferenz anfertigte. Beim CSU-Integrationskongress in Erding war ihm die Aufmerksamkeit damit sicher. Medienwirksam ließ er sich mit Ministerpräsident Horst Seehofer ablichten.

Dass sein Engagement gelegentlich den Unmut der Parteichefs provoziert, glaubt Ataman gerne. Dass die CSU ihn deshalb loswerden will, dafür umso weniger. „Dazu habe ich mich einfach zu sehr engagiert“, sagt er und listet seine Verdienste auf. Die Integrationsstelle der CSU sei seine Idee gewesen, auch der Regensburger Stadtpass. Überdies hält er seine Kompetenz in Flüchtlingsfragen für unverzichtbar. „Ich kenne beide Welten.“ Atamans politischer Tatendrang geht der Parteiführung in Regensburg aber inzwischen zu weit. Gegenüber unserer Zeitung sagte CSU-Chef Franz Rieger am Telefon: „Bora Ataman ist nicht legitimiert, im Rahmen der CSU etwas zu sagen.“ Probleme hat Rieger auch mit Atamans offener Sympathie für die AfD. „Die Ausgrenzung von Flüchtlingen ist nicht im Sinne der CSU“, betont der Landtagsabgeordnete. Hörbar irritiert zeigt sich Rieger über das „Flüchtlingskonzept“. Von einem Auftrag des Bischofs wisse er „ehrlich gesagt nichts“.

Stattdessen bescheinigt Rieger dem einstigen CSU-Integrationsbeauftragten Probleme mit der Integration in die eigene Partei. Natürlich habe jeder das Recht zur freien Meinungsäußerung, betont der Regensburger CSU-Chef mehrfach. Immerhin hat er in der Vergangenheit selber gern den Aufstand geprobt. Für ein Parteiausschlussverfahren reicht Atamans innerparteiliche Renitenz auch nicht. Rieger hält Ataman aber für einen „Selbstdarsteller ohne Legitimation“ – und fügt hinzu: „Das ist nicht unser Verständnis von Politik. Ich hoffe, dass er so vernünftig ist und austritt.“

Bora Ataman juckt das wenig. Er hat weder den Brief des Parteichefs beantwortet noch glaubt er, dass die CSU ihn wirklich loswerden will. In die AfD eintreten will der Türke mit dem Schweinsbraten-Image nach eigener Aussage auch nicht. Er wolle den Bürgern nur zeigen: „Der Migrant, der versteht die Leute.“