Rothenburg
Bei Freunden daheim

Blackmore's Night: 20 Jahre Magie am Rande des Banalen Ritchie und Candice feiern Jubiläum in Rothenburg

21.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Blümchen, Waldfeekostüm und der Mann im Mond: Ritchie und seine Candice zelebrieren das Märchenland. - Foto: Hertlein

Rothenburg/Tauber (HK) Am Schluss macht die Eiswiese in Rothenburg ihrem Namen alle Ehre. Die Temperaturen sind auf zwölf Grad gesunken. Die Stimmung ist dennoch auf dem Siedepunkt. Die Folk-Klassik-Karawanne Ritchie Blackmore's Night und Gefolge sind am Ende ihre Show.

Dort, wo am vergangenen Wochenende noch das Taubertal-Festival tobte, gilt es dieses Mal unterhalb der Stadt im Wiesengrund das 20-Jährige der Combo um Gitarrenheld Ritchie Blackmore und Ehefrau Candice Night zu feiern. Samt dem Ende ihrer Deutschland-Tournee 2017.

Es ist ein irgendwie ebenso kurioser wie herzlicher Abend, ein ausgelassenes Fest, eine Mischung aus Familientreffen und Fanclubsitzung. Eingebunden in ein Ratatouille aus Folklore, Renaissance, ein paar Häppchen Rock und einer bunten Lichtshow sowie einem - man kann es gar nicht glauben - gut aufgelegten Ritchie. Ein Gitarrist, der seine Fähigkeiten in den Dienst der Combo stellt, hie und da sein Können unter Beweis stellt, es ansonsten unspektakulär angeht.

Zu Beginn der Veranstaltung bekommt ein Fan vom Gitarrenkönig sogar ein Bier spendiert, eine Fotografin am Bühnenrand ein Büschel Zweige überreicht. Samt Grimasse. Irgendwann dürfen die Kinder aus der beiden, Töchterchen Autumn Esmeralda und Rory Dartanyan auf die Bühne, eskortiert von Candice Nights Mama Carol. Die resolute Frau ist gleichzeitig Managerin der Band und kann schon mal leicht zur Furie werden, wenn in ihrem Umfeld der Name Deep Purple fällt. Wird erzählt. Blackmores einstige musikalische Wiege. Der Trennungszoff ist noch lange nicht beendet.

Carol ist auch die treibende Kraft, dass das Deutschlandfinale 2017 in Rothenburg stattfindet, auf der letzten verbliebenen Bühne vom Taubertal-Festival. Vergangenes Wochenende rockten da 15 000 Freaks ab, bei Blackmore's Night sind es 1100. Die ersten sechs Reihen sind mit Gewandeten besetzt, Fans in Mittelaltertracht, der Meister mag es so.

Man kennt sich. Ritchie reagiert lässig auf Zurufe, plaudert hie und da mit Fans, Ehefrau Candice macht Witze. Sie wisse nicht, ob Ritchie mehr Gitarren habe als sie Schuhe. Oder umgekehrt. Gegen Ende der Show hin greifen Bandmitglieder zur Flasche Bier oder zum Glas Wein, Candice spornt ihren Ritchie an, am letzten Tourneeabend "kannst du machen, was du willst". Tut er aber nicht, immerhin lächelt er zwischendrin, klatscht Beifall für die Gattin, führt Gespräche mit der Bäumchen-Bühnendeko. Voller Stolz kündigt die Gattin "Soldier Of Fortune" an, dass ihr Mann einst mit David Coverdale bei Deep Purple und später dann mit Rainbow auf die Weltreise geschickt hat.

20 Jahre Blackmore's Night, Candice genießt das Ambiente unterhalb Rothenburgs, bedankt sich über soviel Herzlichkeit und Zuneigung, freut sich, wie ihre Anhängerschar, Jung und Alt, mit der Band in all den Jahren gewachsen sei. Auf ein Zeichen hin darf Mitte der knapp zweistündigen Show der Bühnenrand von den Fans geentert werden. David Baranovski und Malcolm Dick können für Minuten ihre Solokünste unter dem Sternenhimmel abliefern, ansonsten steht Candice mit ihrer bezaubernden, betörenden Stimme und ihrer Ausstrahlung klar auf der Sonnenseite des Abends.

Ergreifend ihre Version von "Diamonds and Rust" von der Folkikone Joan Baez, eine der Glanznummern des Abends. Dabei sitzt sie am Bühnenrand und träumt vor sich hin. Quasi als Rausschmeißer darf "Lady In Black" von Uriah Heep herhalten. Einschließlich dem weltbekannten Chorus. Warmmacher gegen die Hundskälte. Es darf der Gassenhauer "Under The Violet Moon" nicht fehlen, nett die Geschichte "Durch den Wald zum Bachhaus", eine musikalische Momentaufnahme bei einem Besuch in Eisenach. Es wird auch das Wanderlied "Mein Vater war ein Wandersmann" von Friedrich W. Möller gespielt.

Blackmore's Night, das ist Magie, gelegentlich am Rande zum Banalen, das ist ein größtenteils Akustiktrip zwischen Mittelalter und Neuzeit. Mama Candice hat ihren Laden im Griff, Fans und Band ihre Freude. Zeitlose, unverwüstliche Performance. Fehlte eigentlich zum Finale nur "We Are Family" von Sister Sledge. Das hätte der Nostalgieparty das richtige Motto verliehen: bei Freunden daheim.