Regensburg
"Hans Herrmann" ist Geschichte

Wegen der NS-Vergangenheit ihrer Namensgeber heißen einige Schulen nun anders

31.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Regensburg (DK) Fünf bayerische Schulen waren wegen ihrer Namenspatrone in die Kritik geraten. Jetzt haben sich fast alle von ihren zweifelhaften Vorbildern getrennt. Auch in Regensburg ist nun die Entscheidung gefallen.

Den Fall der Regensburger „Hans-Herrmann-Grund- und Mittelschule“ hatte der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) als besonders heikel eingeschätzt. Mehr als ein Jahr suchte die Schulfamilie aus Lehrern, Elternbeirat und Schülervertretung nach neuen Namen. Noch vor Ferienbeginn sind die Würfel endgültig gefallen. Der Stadtrat hat den Namen „Willi-Ulfig-Mittelschule“ und „Grundschule der Vielfalt und Toleranz“ zugestimmt. Direktor Rainer Lacler von der „Willi-Ulfig-Mittelschule“ zeigte sich zufrieden mit dem Abschluss. „Das ist ja eigentlich ein Jahrzehnte altes Thema“ sagte er gegenüber unserer Zeitung. Bereits Mitte der 80er-Jahre habe die Grünenfraktion einen Antrag auf Namensänderung gestellt.

Auch die Diskussion um die Umbenennung des ehemaligen „Wernher-von-Braun-Gymnasiums“ in Friedberg bei Augsburg geht weit in die 90er-Jahre zurück. Frischen Wind in die Diskussion brachte eine Studie des bayerischen Kultusministeriums. 2013 hatte das Ministerium 4500 staatliche Schulen in Bayern unter die Lupe genommen. Dabei waren eine Handvoll Schulen aufgefallen, deren Namensgeber aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Pädagogik in enger Verbindung zu den Nationalsozialisten standen. Darunter: Werner von Braun, Richard Rother, Erwin Lesch, Ferdinand Porsche und Hans Herrmann.

Herrmann war vor allem wegen seiner Funktion während des NS-Regimes kritikwürdig. Über seinen Schreibtisch als Regensburger Oberbürgermeister liefen nahezu alle städtischen Geschäfte. Nach Angaben des Ministeriums war Hans Herrmann (1899-1959) außerdem zunächst in der bayerischen Volkspartei. 1935 trat er der NSDAP bei und war förderndes Mitglied der SS. Nach dem Krieg avanciert Herrmann zum Regensburger Oberbürgermeister. Er war darüber hinaus Landtagsabgeordneter und Chef der CSU in der Oberpfalz. Als kritisch bewertete das Ministerium vor allem Herrmanns Rolle bei der „Arisierung“ jüdischen Eigentums. Ein hochrangiger Politiker also, für den das Argument, Hermann sei es darum gegangen, „Schlimmeres zu verhindern“, kaum gelten kann.

In Regensburg war die Auseinandersetzung mit dem zweifelhaften Namenspatron daher besonders intensiv. Nicht nur die beiden Schulen trennen sich vom Schulpaten. Hans Herrmann soll jeder öffentlichen Würdigung enthoben werden, soweit das möglich ist. Seine Ehrenbürgerwürde wird er wohl behalten. Sie kann nach dem Tod nicht aberkannt werden. Die Stadt distanziert sich jedoch „ausdrücklich“ von der einstigen Entscheidung, Herrmann die Ehrenbürgerwürde und die silberne Bürgermedaille zu verleihen. Sein Name wird aus den Listen gestrichen. Auch das „Ehrengrab“ auf dem unteren Katholischen Friedhof, für dessen Kosten die Stadt aufkommt, wird baldmöglichst aufgelöst. Der landläufig nach ihm benannte und an die Schulen angrenzende Park wird künftig „Albert-Schweitzer-Park“ heißen.

Insgesamt hatten 2011 noch 100 Schulen in ganz Deutschland Nationalsozialisten als Schulpaten. Kultusminister Spaenle fand im Sommer 2013 dazu deutliche Worte. „Diese Namen würden heute nicht mehr genehmigt werden.“ Inzwischen haben fast alle beanstandeten Schulen in Bayern die Namen zweifelhafter Vorbilder abgelegt. Der Prozess war für die Schulfamilien nicht immer einfach. Vielen ging er auch nicht schnell genug. Die Umbenennung des einstigen „Wernher-von-Braun-Gymnasiums“ in Friedberg dauerte Jahre. Spaenle (CSU) machte aber bereits zu Beginn der Debatten deutlich: „Die Qualität der Diskussion ist wichtiger als die Schnelligkeit.“

Bereits zu Beginn des Jahres 2013 trennte sich die Realschule Waldkraiburg, ehemals „Ferdinand-Porsche-Schule“, von ihrem Namenspatron. Auch das Sonderpädagogische Förderzentrum Neumarkt/Oberpfalz sowie das in Unterhaching legten im gleichen Jahr den zusätzlichen Namen „Erwin-Lesch-Schule“ ab. Nun befindet sich noch die fränkische „Richard-Rother-Realschule“ in Kitzingen in der sogenannten „Leitbild-Diskussion“, in deren Verlauf der Schulname thematisiert wird.