Münchsmünster
Die kleinsten Mitarbeiter bei Audi

Hightech-Bienenstock am Standort Münchsmünster eröffnet Nur die fleißigen Bewohner fehlen noch

26.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:54 Uhr

Ehe viele tausend Apis-mellifera-Bienen auf dem Audi-Gelände in Münchsmünster heimisch werden, dauert es noch. Es sollte vor allem wärmer werden. Gestern wurde der Hightech-Bienenstock (unten rechts) eröffnet. Bienenforscher Jürgen Tautz (von links), Audi-Vorstandsmitglied Hubert Waltl und Rüdiger Recknagel von der Audi-Stiftung für Umwelt testeten den Kamera-Roboter. - Fotos: Meßner, Audi

Münchsmünster (DK) Das nagelneue Holzhaus steht schon. Nun müssen nur noch die Bewohner einziehen. Das dauert aber bis Mitte Mai. Doch dann kommen Zehntausende - in den Hightech-Bienenstock auf das Gelände der Audi-Fertigung in Münchsmünster. Gestern wurde er offiziell eröffnet.

"Warum dieses Bienenprojekt", fragte Audi-Produktionsvorstand Hubert Waltl und beantwortet seine Frage gleich selber: "Es ist Sympathie für diese faszinierenden Lebewesen. Es ist aber auch unsere Verantwortung für Ökologie und Gesellschaft." Waltl begrüßte die Bienen auf dem Audi-Gelände als "die kleinsten Mitarbeiter bei Audi in Münchsmünster". Ebenso launig sprach Christoph Hillenbrand, der Regierungspräsident von Oberbayern, ob der niedrigen Temperaturen: "Jetzt warten wir nur noch auf besseres Wetter, damit die Bienen einziehen und starten können."

Der riesige Bienenstock sieht von außen aus wie eine Holzgarage, eine große zwar, und eine mit zu wenig Fenstern. Innen entpuppt sich der Bau als Hightech-Heimat für die fleißigen Pollensammlerinnen. Die Basis für das noch zu bauende Bienennest hängt an der Decke, kleine Wachsteile helfen den summenden Baumeistern am Anfang. Eingebaut in die Basis des künftigen Nestes sind Temperatur- und Feuchtigkeitsfühler. Denn es wird alles überwacht. Mit den Fühlern, mit auf einem Roboterarm befestigten Kameras (3D, Infrarot und Thermographie), mit Zoomkameras in zwei Ecken des Bienenstocks. Klimatisiert ist der Bienenstock aber nicht. Der Bienenexperte Jürgen Tautz von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, mit der Audi bei diesem Projekt kooperiert, weiß: "Niedrige Temperaturen machen den Bienen nichts aus. Versuche haben ergeben, dass sie auch minus 60 Grad wegstecken." Problematischer wird es bei der Technik, so der Professor: "Empfindlicher ist der Roboter." Darum wird dieser bei Kälte beheizt.

Das von Tautz ins Leben gerufene interaktive Bienenprojekt mit dem Namen HOBOS (HOneyBee Online Studies) ist nun auch in Münchsmünster zu Hause. Es soll ermöglichen, einen völlig neuartigen Blick auf die Welt der Bienen werfen zu können, es sollen auch neue Erkenntnisse für die Wissenschaft gewonnen werden. Kurzweilig blickte Tautz auf den langen Weg der Bienenforschung, der für ihn von Aristoteles bis Audi reicht. Am Ende stellte er fest, Bienen sollten ungestört beobachtet werden können. So wie in Münchsmünster. Denn wenn die Bienen einmal eingezogen sind, bleibt der Bienenstock für alle bis auf den ehrenamtlichen Imker geschlossen. Abgesehen von einer Jalousie, die Schritt für Schritt geschlossen wird, bis die Bienen wissen, dass nur noch kleine Fluglöcher zur Verfügung stehen. An denen können die Bienen sogar per Lichtschranke gezählt werden.

Laut Audi-Vorstandsmitglied Waltl sind an jedem Standort des Autobauers drei Dinge wichtig: eine motivierte Mannschaft, innovative Technik und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur. "Der Hightech-Bienenstock vereint alle drei Aspekte. Damit steht er sinnbildlich für Audi."

Barbara Sponholz von der Uni Würzburg freute sich: "Eine Forschungsstation in einem fast perfekten Rahmen hat man nicht alle Tage." Der Bienenstock in Münchsmünster sei Teil einer "weltweit einzigartigen Forschungsplattform", sagte die Geografie-Professorin. Man habe einen Weg gesucht, vor den Augen aller Forschung betreiben zu können.

Sind die Bienen eingezogen, kann deren Leben 24 Stunden am Tag online beobachtet und vor allem das Entstehen des Nestes mitverfolgt werden. Die Daten aus dem Bienenstock werden im Serverschrank gesammelt, nach Würzburg geschickt und gelangen von dort ins Internet. Onlinebeobachter hören sogar Töne. Denn wer die besonderen Töne der Bienen kennt, weiß, wann ein neuer Schwarm aus dem Münchsmünsterer HOBOS aufbricht. Vom Onlinezugriff auf die Daten profitieren nach Ansicht von Hillenbrand übrigens nicht nur Biologen, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und Imker. "Auch die Bienen, auch wenn sie es noch nicht wissen."

Nun heißt es warten bis in den Mai. Wenn es wärmer ist, zieht die Königin ein und ihr folgt das Volk. Dann summt und brummt es zwischen den Audi-Hallen und der nahen B 16.