München
Mission erfüllt

15.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:40 Uhr
Siegerpose: Horst Seehofer kurz nach der Bekanntgabe der Hochrechnungen. −Foto: Peter Kneffel (dpa)

München (DK) Um 18:32 Uhr – die erste Hochrechnung ist nur ein paar Minuten her – streckt der Ministerpräsident die Daumen Richtung Publikum. Geschafft. Viel deutlicher als erwartet. Die CSU hat die absolute Mehrheit zurückerobert. Horst Seehofer steht auf der Bühne im CSU-Fraktionssaal, umringt von Ministern. Die oberbayerische CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner lächelt. Glänzen da Freudentränen? Kein Zweifel, wem die Partei den Triumph zu verdanken hat. „Horst! Horst! Horst!“, skandiert der Saal.

Der Ministerpräsident lässt sich nur kurz vom Jubel mitreißen. Dann wirkt er wieder konzentriert. Er hat ein paar Botschaften. Die erste: „Die CSU lebt als Volkspartei und wir sind fest in der bayerischen Bevölkerung verankert“, ruft Seehofer. Das war eines der Ziele: Zeigen, dass Parteien noch satte Mehrheiten erreichen können. Dass sie eben Volksparteien sein können, trotz wachsender Vielfalt im Volk. Außer der CSU gibt es in Deutschland kaum eine Partei, der das noch gelingt. Es ist auch eine Botschaft an Berlin. Dort dürfte die CSU künftig an Gewicht gewinnen.

Die zweite Botschaft: „Die Wählerinnen und Wähler haben sich nicht irre machen lassen, sondern gewusst, was sie an der CSU haben.“ Das dürfte sich an all diejenigen richten, die der Partei wegen diverser Affären wieder den Stempel der „Amigo-Partei“ aufdrücken wollten. Selbst der Koalitionspartner FDP hatte im Wahlkampf davor gewarnt, der CSU die Alleinherrschaft zu überlassen und ihr Machtmissbrauch und Filz bis in die Kommunalpolitik hinein vorgeworfen. Beim Wähler hat das offensichtlich nicht gewirkt.

Aber Seehofer hat auch eine Botschaft an die eigenen Leute. „Das ist ein schöner, ein großer, vielleicht sogar historischer Erfolg“, sagt er. Trotzdem müsse die Partei bescheiden bleiben. Von „Demut“ ist die Rede. „Es wird keine arrogante CSU mehr geben“, sagen Vertraute des Ministerpräsidenten.

Es ist ein Tag zum Genießen für Seehofer. Morgens wählt er in seinem Gerolfinger Wahllokal. Ein paar geruhsame Stunden zu Hause. Dann geht es in die Staatskanzlei. Im Aufenthaltsraum neben seinem Büro sitzt er mit seiner Familie und seinen engsten Mitarbeitern zusammen. Da weiß er schon, dass es wohl gut ausgeht. Schon am frühen Nachmittag kursieren Meinungsumfragen, die der CSU eine klare absolute Mehrheit vorhersagen. Aber in der Staatskanzlei bleibt es bei Wasser, Saft und Cola. „Gelöst, aber fokussiert“ sei die Stimmung gewesen, heißt es. So wirkt Seehofer auch vor den eigenen Leuten. Später in der CSU-Landesleitung werde ihm vielleicht „der eine oder andere spaßige Satz entfleuchen“, sagt er noch.

Für Seehofer ist der Triumph eine Genugtuung. Schon bei seinem Antritt als CSU-Chef und Ministerpräsident sprach er von einer „Mission“. Die CSU war abgestürzt, lag am Boden, musste zum ersten Mal nach mehr als 50 Jahren der Alleinherrschaft eine Koalition eingehen. Dann war da das Landesbankdesaster. Hinzu kamen Positionen, die einfach nicht mehr mehrheitsfähig waren. Das klare Bekenntnis zur Atomkraft, die ungelöste Frage des Donau-Ausbaus, die Studiengebühren – die CSU schien ein wenig aus der Zeit gefallen. Seehofer entsorgte alte Positionen mit eiserner Härte. Nicht nur seine Gegner warfen ihm Populismus vor. Auch in der eigenen Partei gab es heftige Widerstände. In der Öffentlichkeit haftete ihm das Image des Wendehalses an. Aber Seehofer verteidigte seinen Kurs. Er hielt die grundlegende Modernisierung der CSU für dringend notwendig. Der Bauchmensch Seehofer spürte das. Immer wieder sprach er von einem „Plan“, von einer großen „Strategie“. Nun sieht es so aus, als sei die Strategie aufgegangen. Bei kaum einem Thema bot die CSU im Wahlkampf Angriffspunkte. Attacken der Opposition liefen meist ins Leere.

Als Seehofer vom Podium steigt, dreht er sich zum Münchner Abgeordneten Markus Blume um. „Hört's halt mal auf mich auch in Zukunft“, sagt er. Dann startet er zu einer nicht enden wollenden Tour durch Fernsehstudios, die im Landtag aufgebaut sind. Eine Traube aus Kameras und Fotografen pflügt durch Säle und Gänge.

Derweil wird er gefeiert. „Sein Stil, sein Wahlkampf, seine Inhalte haben gewonnen“, sagt Finanzminister Markus Söder. Das ist nicht selbstverständlich. Im vergangenen Winter hatte Seehofer ihm noch „charakterliche Schwächen“ vorgeworfen. Auch Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber lässt Seehofer hochleben. „Mission erfüllt!“, lässt er in einer Mitteilung verbreiten. Mit dem Triumph knüpfe die CSU wieder „an ihre Glanzzeiten“ an.

Während der Ministerpräsident seine Interviews gibt, steht seine Frau Karin vor dem Studio, wartet geduldig. „Ich freue mich für meinen Mann“, sagt sie. „Er hatte Gegenwind, aber jetzt hat er die CSU wieder nach oben gebracht.“

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