München
Geladen bei Ilse Aigner

10.11.2014 | Stand 08.08.2018, 9:51 Uhr

München (DK) Manche wollen Windräder verhindern, andere neue bauen: Bürgerinitiativen zur Energiewende haben höchst unterschiedliche Interessen. Gestern empfing Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) etliche Gruppen zur Diskussion. Bei manchem Stromtrassengegner wächst das Misstrauen.

Die Veranstaltung ist eigentlich schon seit einer halben Stunde vorbei, aber Ilse Aigner wird immer noch von ihren Gästen umringt. Ein Mann mit Brille und grauem Hemd will ihr noch was über Stromspeicher erzählen, ein anderer im Trachtenjanker drängelt von der Seite heran: „Und lassen Sie sich bloß nicht von den Windkraftleuten im Norden Deutschlands über den Tisch ziehen“, ruft er über die Köpfe hinweg.

Und dann ist da noch die Frau mit dem Buch. Ein Forscher behauptet darin, sämtliche Stromprobleme mit einer Kraft namens Raumenergie „ein für alle Mal“ lösen zu können. Sie wolle nicht in die esoterische Ecke gestellt werde, sagt die Windkraftgegnerin. Aber die Ministerin möge sich das Buch doch bitte mal ansehen.

Es ist eine schwierige Aufgabe, der sich Aigner gestern stellt. Rund 150 Vertreter von Bürgerinitiativen sind im Wirtschaftsministerium zu Gast. Eine Art Kennenlerntreffen. Interessen und Ansätze sind höchst unterschiedlich, zwei Hauptgruppen kann man aber unterscheiden: die Windkraftgegner und die Stromtrassengegner. Wobei die meisten Trassengegner eher für mehr Windkraft sind. Wenn man genügend Ökostrom in Bayern erzeuge, könne man auf Leitungen von außerhalb verzichten – so die Argumentation.

Das Treffen ist die Fortsetzung von Aigners Energiedialog. Dort fühlen sich die Bürgerinitiativen unterrepräsentiert. Eigentlich sind gestern nur zwei Stunden eingeplant, letztlich werden es dreieinhalb. „Es war eine sehr konzentrierte und komplexe Diskussion“, sagt die Ministerin hinterher. Die Bürger wüssten viel, seien gut informiert. Über weite Strecken sei die Diskussion „konstruktiv“ gewesen.

Jeder darf seine Position vortragen. Vor allem die Windkraftgegner tun das offenbar vehement. Sie seien äußerst forsch aufgetreten, sagen hinterher mehrere Teilnehmer. „Das war an der Grenze zur Unhöflichkeit“, sagt der Vorsitzende des „Energiebündel Kreis Eichstätt“, Josef Loderer. Die Bürgerinitiative tritt vor allem gegen die geplante Gleichstrompassage Süd-Ost ein.

Die Mitglieder vom „Energiebündel“ beschäftigen sich schon seit Jahren mit der Energieversorgung in Bayern. Loderer ist skeptisch, dass der Energiedialog letztlich für alle befriedigend ausgeht. Es sei „löblich“, dass Aigner versuche, allen Interessen gerecht zu werden. Aber was die Trasse angehe, könne es keinen Kompromiss geben, sondern nur zwei Möglichkeiten: Entweder werde sie gebaut oder eben nicht. „Ein bisschen schwanger gibt es nicht.“

Bei den Trassengegnern wird die Befürchtung, dass die Staatsregierung ihren Widerstand gegen die Süd-Ost-Leitung nicht durchhält, größer. „Die haben nicht den Einfluss, den sie suggerieren“, meint Loderer. Letztlich werde in Berlin entschieden. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) habe nur gesagt, dass er die Trasse in der bisher geplanten Form ablehne. In der vergangenen Woche wurden nun der Anfangs- und der Endpunkt der Trasse in der Planung verändert. Das könnte als Vorwand dienen, die Süd-Ost-Leitung doch zu akzeptieren, befürchten ihre Gegner.

Nach der Diskussion steht Aigner im Saal, gibt eine kurze Pressekonferenz. Ob die Staatsregierung die Stromautobahn denn weiter ablehne, wird sie gefragt. „Ich habe gesagt, die Trasse wird in dieser Form nicht kommen“, sagt Aigner. „Und sie ist auch schon umgeplant worden.“ Trotzdem gehe die Diskussion natürlich weiter.

Dem Autor auf Twitter folgen: