München
"Er wollte mir eine ins Gesicht knallen"

BLLV-Präsidentin Fleischmann kennt Gewalt gegen Lehrer aus eigener Erfahrung

14.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:03 Uhr

München (DK) Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, Simone Fleischmann, hat selber schon gewalttätige Schüler erlebt. Darüber haben wir mit ihr gesprochen - und über schlechte Vorbilder.

Frau Fleischmann, sind Sie selbst schon einmal von einem Schüler angegriffen worden?

Simone Fleischmann: Ich kenne als Lehrerin, die früher in einer Hauptschule tätig war, selbstverständlich Grenzüberschreitungen von Kindern und auch Eltern. Man muss unterscheiden zwischen verbalen und physischen Gewalthandlungen. Ich persönlich habe einmal in der neunten Klasse einen Schüler gehabt, der mit mir an der Tafel stand. Und als wir gemeinsam eine Matheaufgabe erarbeiten wollten, holte er aus und wollte mir eine ins Gesicht knallen. Ich konnte mich aber rechtzeitig bücken.

 

Was können Lehrer in so einer Situation tun?

Fleischmann: Wir haben die Situation damals alle zusammen besprochen und überlegt, wie Hilfe für den Schüler ausschauen kann. Ich habe vom Schulleiter große Rückendeckung bekommen. Es ist ganz wichtig, dass wir in so einer Situation gemeinsam ins Gespräch kommen, dass der Schulleiter, die Bezirksregierungen und das Kultusministerium hinter uns stehen. Das Thema darf kein Tabuthema sein - unter den Tisch kehren ist nicht. Gewalt hat in Schulen nichts zu suchen, weder unter Schülern noch gegenüber Lehrern! Die Lehrer müssen das ansprechen. Der gute Lehrer darf nicht der sein, der nichts sagt.


Haben Sie das Gefühl, dass das Problem der Gewalt gegen Lehrer in den vergangenen Jahren größer geworden ist?

Fleischmann: Wir erleben in der Gesellschaft eine Verrohung der Sprache. Wir erleben auch außerhalb der Schule einen aggressiveren Umgang miteinander. Wir erleben Politiker und Vorbilder, die Grenzen überschreiten. Und eines funktioniert bei Kindern immer: das Lernen am Vorbild - leider auch am negativen Vorbild. Insofern glaube ich schon, dass wir in der Qualität und in der Anzahl der Gewalttaten - vor allem durch die medialen Gewaltelemente aus dem Bereich des Cybermobbings - eine Zunahme der Tendenzen in der jetzigen Gesellschaft haben.

 

Das Gespräch führte

Daniel Wenisch.