München
"Doppelagent der Fremdenfeindlichkeit"

AfD-Landeschef Bystron nährt in Tschechien Ängste vor Deutschland scharfe Kritik aus CSU und SPD

12.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

München/Prag (DK) Kriminalität, Terror, Großmachtgelüste - Bayerns AfD-Chef Bystron zeichnet in tschechischen Medien ein düsteres Deutschlandbild. SPD-Fraktionschef Rinderspacher wirft ihm vor, einen Keil in die deutsch-tschechische Freundschaft zu treiben.

Ein offizieller Termin auf der Prager Burg beim Sprecher des Staatspräsidenten, eine Rede an der Seite von Ex-Präsident Václav Klaus bei einem Treffen von Nationalkonservativen, Einladungen von großen tschechischen Medienhäusern zu Interviews: Für den bayerischen AfD-Landeschef Petr Bystron öffnen sich in Tschechien seit Monaten viele Tore. Dies nutzt der 44-Jährige für AfD-typische Anti-Islam-Rhetorik - aber auch für eindringliche Warnungen vor dem Nachbarn Deutschland: Bystron nährt Ängste vor Migranten und deutschen Großmachtgelüsten.

Als der gebürtige Tscheche Bystron Mitte Mai von Präsidentensprecher Jirí Ovcácek zu einem Gespräch über die deutsche Flüchtlingspolitik auf der Burg empfangen wurde, wurde in tschechischen Medien zwar darüber diskutiert, ob der Beamte damit seine Kompetenzen überschreitet. Die Frage, warum Präsident Milos Zeman seinen Sprecher beauftragt hatte, öffentlichkeitswirksam einen bayerischen Landespolitiker zu treffen, der über keinerlei Mandat verfügt, wurde nicht aufgeworfen. Bystron verkauft sich in Tschechien prächtig als regierungskritischer Deutschland-Experte. Sechs volle Seiten reservierte kürzlich das Wochenmagazin "Reflex" für ein Interview mit Bystron, wenige Tage zuvor hatte "MF Dnes", eine der meistgelesenen Tageszeitungen, dem AfD-Politiker mehr als die Hälfte einer Meinungsseite zur Verfügung gestellt.

Nach dem Amoklauf von München brachte das Boulevardblatt "Blesk" ein Interview mit ihm, und nach dem Brexit-Votum veröffentlichte die Zeitung "Lidové noviny" eine Bystron-Analyse. Den Tschechen prophezeit Bystron dabei für den Fall, dass sie tatsächlich in den nächsten Monaten rund 2000 Flüchtlinge aufnehmen sollten, für nächstes Jahr den ersten islamistischen Anschlag. An den Händen der Regierung von Premier Bohuslav Sobotka werde "für immer das Blut der tschechischen Opfer kleben". Gern verweist er auf die "Terrorwelle" in Deutschland - und nennt dabei den Amoklauf von München, der kein islamistischer Anschlag war, in einem Atemzug mit Würzburg und Ansbach.

Bystron macht die Bundesrepublik dafür verantwortlich, dass Tschechien bald die ersten 80 muslimischen Migranten aufnehmen soll - unter ihnen auch "tickende Zeitbomben". Berlin erpresse Prag und mische sich "völlig unverfroren in innere Angelegenheiten" Tschechiens ein, schrieb er schon im Frühjahr in einem Onlinemagazin - und beklagte einen "neuen deutschen Imperialismus unter dem Deckmantel des europäischen Gutmenschentums".

In einem Zeitungsartikel wiederum betonte er, die Deutschen wollten "einen europäischen Superstaat" unter ihrer Vorherrschaft. Und im "Reflex"-Interview verglich er die Lage in der Bundesrepublik mit der Diktatur, aus der er 1987 mit seinen Eltern geflüchtet war: "Die Verhältnisse im öffentlichen Leben in Deutschland erinnern mich an die Situation im Ostblock kurz vor dem Zusammenbruch des Kommunismus."

In Teilen der tschechischen Öffentlichkeit, die nach Jahren der Entspannung in den deutsch-tschechischen Beziehungen den Ton wieder verschärfen, trifft der AfD-Landeschef damit einen Nerv. "Er wird von den antideutschen und antieuropäischen Kreisen, die sich um die Burg herum konzentrieren, systematisch aufgewertet", sagt dazu CSU-Vorstandsmitglied Bernd Posselt. "Ich finde es skandalös, dass Herr Bystron, der selbst in Deutschland Aufnahme gefunden hat, hier Ängste vor Fremden schürt und gleichzeitig in der Tschechischen Republik Ängste vor den Deutschen schürt."

Deutliche Worte kommen auch vom bayerischen SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. "In Deutschland gegen Ausländer zu hetzen und im Ausland gegen Deutschland - das ist schändlich und ruchlos", sagte Rinderspacher unserer Zeitung. "Der AfD-Chef betreibt als Doppelagent der Fremdenfeindlichkeit auf beiden Seiten der Grenze ein unwürdiges Spiel mit der Angst. Er ist als Hassprediger unterwegs." Mit seinen "boshaften Ressentiments" wolle Bystron einen Keil in die deutsch-tschechische Völkerfreundschaft treiben.