München
Das Kabinettstück

Söders Entscheidungen sorgen auch am Tag danach für Erstaunen CSU laut Umfrage im Aufwind

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr
Markus Söder (CSU), wird während der Sondersitzung des bayerischen Landtags von der Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) auf das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten vereidigt. Söder folgt auf CSU-Chef Seehofer, der von dem Amt am 13. März zurückgetreten ist. −Foto: Peter Kneffel/dpa

München (DK) Überraschungen gab es viele, als Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch sein neues Kabinett bekannt gab - sogar die CSU-Fraktion musste das gestern erst noch verdauen. Unterdessen steigt die Partei einer Umfrage zufolge in der Wählergunst.

Zu den größeren Überraschungen gehört, dass Ilse Aigner, bisher Wirtschaftsministerin, in ein neu zu schaffendes Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr wechselt. Söder stellte die Wichtigkeit dieses neuen Ministeriums für die Lebenswirklichkeit der Menschen im Freistaat heraus. Insgeheim fragte man sich gestern allerdings, was Aigner, immerhin Vorsitzende der Oberbayern-CSU und damit des größten Bezirksverbandes, bewogen hat, diesem Wechsel zuzustimmen.

Im Bereich Wohnen, Bau und Verkehr, da sind sich mehrere von Aigners Landtagskollegen einig, werde man "keine Orden sammeln können. Und dass der Freistaat die Wohnungsnot in den Metropolregionen lösen könnte, ist illusorisch". Zudem ist das Ministerium erst am Entstehen. Die Basis bildet die bisher vom Innenministerium geführte Oberste Baubehörde des Freistaats. Damit übernehme Aigner im Grunde gar kein Ministerium, sondern eine Behörde, ätzen ein paar. Strukturen müssen erst geschaffen, ein Mitarbeiterstab zusammengesucht und eine Postadresse erst gefunden werden. Immerhin die Leitung steht wohl: Die bisherige Regierungspräsidentin von Oberbayern, Brigitta Brunner, soll dem Vernehmen nach neue Amtschefin werden. Offensichtlich, so wurde gestern kolportiert, habe sich Söder von Aigners Stellung in der CSU nicht beeindrucken und damit seiner früheren Konkurrentin gar keine Wahl gelassen. Andere mutmaßen, Aigner werde sich nach der Landtagswahl im Herbst ohnehin auf die Position der Landtagspräsidentin zurückziehen - sofern die amtierende, Barbara Stamm aufhört.

Ebenfalls Thema unter den Abgeordneten war der Rauswurf von Wissenschafts- und Bildungsminister Ludwig Spaenle - vor allem, weil der ja ein Förderer Söders und ein persönlicher Freund (unter anderem der Pate eines Söder-Kindes) sei. Zugleich müsse man einräumen, dass Spaenle zwar als Superminister gestartet sei, aber es nicht geschafft habe, sich in seiner Amtszeit als kompetenter Politiker zu etablieren. In Umfragen habe er stets weit hinten gelegen. "Daran sieht man, dass Söder bei der Zusammenstellung seines Kabinetts politische Entscheidungen getroffen hat", findet einer, und: "Da hat Freundschaft keine Rolle gespielt. Söder hat alles auf die besten Chancen bei der Landtagswahl ausgerichtet."

Auch die Entscheidung, einige Abgeordnete noch während ihrer ersten Legislaturperiode in die Staatsregierung zu berufen - wie Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, Bildungsstaatssekretärin Carolina Trautner und Finanz- und Heimatstaatssekretär Hans Reichhart - hat zu Kopfschütteln geführt. Zugleich, so räumten andere ein, hätten diese Potenzial.

Unterdessen zeichnet sich ab, dass nach dem CSU-Debakel bei der Bundestagswahl mit dem desaströsen 38,8-Prozent-Ergebnis und der anschließenden Personaldebatte um die Nachfolge von Horst Seehofer in der öffentlichen Wahrnehmung Ruhe einkehrt: Einer Umfrage von Sat.1 zufolge liegt die CSU derzeit bei 43 Prozent (SPD: 15 Prozent; AfD: 12; Grüne: 11; Freie Wähler: 6; FDP: 6). Nachdem die CSU zwischenzeitlich bei Bayern-Umfragen sogar auf 37 Prozent abgestürzt war, geht es damit immerhin wieder nach oben.

Söder muss nun versuchen, in den verbleibenden rund 200 Tagen bis zur Landtagswahl möglichst viel Boden gut zu machen. Immerhin: 62 Prozent der Bayern begrüßen der Umfrage zufolge den Wechsel von Seehofer zu Söder. 68 Prozent sind der Meinung, Söder werde es gelingen, Bayerns Spitzenposition zu erhalten, 61 Prozent sehen die CSU insgesamt gut aufgestellt. Zugleich sehen 67 Prozent Söders Arbeit dadurch erschwert, dass Seehofer angekündigt hat, sich als CSU-Chef weiter in die Landespolitik einzumischen.

Heute um 10 Uhr trifft sich das neue Kabinett Söder in der Staatskanzlei zur ersten Kabinettssitzung, dann geht es in die Osterpause. Am 18. April, so die derzeitige Planung, will Söder dann im Landtag seine erste Regierungserklärung als Ministerpräsident abgeben.