München
Auf dem Weg zur Radlhauptstadt

München liegt mit 60 Fahrradstraßen bundesweit an der Spitze Test mit grüner Welle und grünem Pfeil

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Impressionen von der Münchner Radlnacht im Juni 2017: Mit neuen Aktionen und Projekten wie einem grünen Rechtsabbiegepfeil will man Radlhauptstadt werden. - Foto: Radlhauptstadt/Jonas Nefzger

München (DK) Politiker und Städte zeigen verstärkt ein Herz für Radfahrer. Auf bayerischen Straßen hat sich einiges gebessert für sie - doch Vorfahrt haben weiter die Autos. Das kritisiert zumindest der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Wie sieht es aus in München, das Radlhauptstadt werden will?

Die Stadt gibt sich alle Mühe auf dem Weg dorthin - auch wenn Andreas Groh vom ADFC München moniert: "Die Politik will im Prinzip schon, aber es passiert nicht genug."(siehe Kasten). So verfügt die Radl-hauptstadt in spe über einen vorbildlichen Internetauftritt, der alle wichtigen Informationen für Radfahrer bietet: Dazu zählen ein Radl-Stadtplan, eine interaktive Radlkarte, eine Übersicht über die Fahrradstraßen und das Fahrradparken, über den Winterdienst, alle wichtigen Adressen und Radlwerkstätten sowie Hinweise auf Radlflohmärkte oder Aktionen und vieles mehr.

Schon jetzt liegt München bei einem Punkt bundesweit an der Spitze: Es gibt dort die meisten Fahrradstraßen - aktuell sind es 60. Laut einer Untersuchung im Auftrag des Kreisverwaltungsreferats sind auf fast allen Fahrradstraßen schon jetzt mehr Radler als Autofahrer unterwegs. Der Anteil des Radverkehrs an allen Wegen der Münchner Bevölkerung liegt aktuell bei rund 17 Prozent.

Künftig sollen Radler in den 60 Fahrradstraßen Vorfahrt haben. Denn die bisherige Rechts-vor-Links-Regelung bremst den Fluss auf der Fahrradstraße und ist immer wieder auch Ursache von Unfällen.

Zudem hat der Stadtrat heuer ein Paket mit Pilotprojekten zu Verbesserungen für den Radverkehr beschlossen: So wurde auf der Schellingstraße probeweise eine grüne Welle für Radler eingerichtet. Die belebte Straße im Univiertel mit Linienbus-, Auto- und Fahrradverkehr gilt als passendes Umfeld für einen Test unter Realbedingungen.

Darüber hinaus plant das Kreisverwaltungsreferat einen Probelauf mit einem grünen Rechtsabbiegepfeil für Radler an 15 Stellen im Stadtgebiet. Das noch neu zu entwickelnde Verkehrszeichen erlaubt ausschließlich Radlern das vorsichtige Rechtsabbiegen, wenn die Ampel auf Rot steht.

Bis dato wurde außerdem von den rund 384 Straßen- und Straßenabschnitten mit benutzungspflichtigen Radwegen im Stadtgebiet die Radwegbenutzungspflicht an 91 Stellen aufgehoben und nur an 47 Stellen beibehalten.

Aktuell untersuchen die Landeshauptstadt München und der Landkreis München, wie eine Radschnellverbindung von der Innenstadt durch den Münchner Norden nach Garching und Unterschleißheim ermöglicht und umgesetzt werden kann.

Fünf Euro pro Jahr und Einwohner - das empfiehlt der Nationale Radverkehrsplan für deutsche Städte und Kommunen als unterste Budgetgrenze für Radverkehrsmaßnahmen. Auf München übertragen wären dies 7,5 Millionen Euro. Tatsächlich liegt die städtische Nahmobilitätspauschale, aus der neben Projekten zur Förderung des Fußverkehrs vor allem Maßnahmen der Radverkehrsförderung finanziert werden, bei zehn Millionen Euro pro Jahr. "Vermutlich liegen die Ausgaben für den Radverkehr aber sogar darüber", sagt Lukas Raffl aus der Stabsstelle Radverkehr.

Wichtiges Thema ist weiterhin die Sicherheit auf Münchens Straßen. Jeder dritte Verkehrsteilnehmer, der im letzten Jahr bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde, war mit dem Rad unterwegs. Unter dem Motto "Gscheid radln - aufeinander achten!" starteten Polizei und Kreisverwaltungsreferat deshalb im Frühjahr eine Kampagne, um das Thema Sicherheit wieder ins Bewusstsein rücken. Im vorigen Jahr passierten in München 2506 Fahrradunfälle - ein leichter Rückgang gegenüber 2015. Bei mehr als der Hälfte davon, so die Polizei, trugen Radler die Hauptschuld.

Auf den jüngsten tödlichen Verkehrsunfall trifft das nicht zu. Vorige Woche starb die Münchner Schauspielerin und Tänzerin Silvia Andersen im Alter von nur 51 Jahren: Ein rechts abbiegender Lastwagen erfasste und überfuhr sie, als sie bei Grün auf dem Fahrradweg eine Kreuzung überqueren wollte. Der 20-jährige Lkw-Fahrer gab an, dass er die Radfahrerin im toten Winkel nicht wahrgenommen hatte. Anwohner berichteten, an dieser Stelle käme es des Öfteren zu gefährlichen Situationen für Radler.

Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) betont immer wieder, dass in München laufend an der Optimierung von Gefahrenpunkten gearbeitet werde: "Wir sind auf dem besten Weg zur Radlhauptstadt", lautet sein Fazit.