München
Anstoßen mit Mango-Weißbier

Die Münchner Firma Braufässchen bietet Bier zum Selbermachen – auch mit exotischem Aroma

30.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Ozapft is: Dominik Guber (vorne) sowie Wolfgang Westermeier (links) und Ping Lu haben Erfolg mit ihrer Start-up-Firma Braufässchen - Foto: Stäbler

München (DK) Für die einen ist es Frevel am Reinheitsgebot, für die anderen eine geniale Geschäftsidee: Die Firma Braufässchen verkauft Bierbrausets in zahllosen Geschmacksrichtungen – vom Eichenholz-Pils bis zum Ingwer-Weißbier. Das Start-up hat es bis ins Finale des Deutschen Gründerpreises geschafft.

Der Weg zum Chili-Zitronengras-Pils beginnt ausgerechnet bei einem Hellen von Augustiner-Bräu, Münchens ältester und wohl traditionsreichster Brauerei. Deren markante bauchige Flaschen halten Wolfgang Westermeier und seine Freunde im Jahr 2011 in den Händen – so wie es allabendlich zig Studenten tun. „Irgendwann haben wir uns die Frage gestellt: Warum schmecken in Deutschland eigentlich alle Biere gleich“, erzählt Westermeier. „Und oft so langweilig“ Er selbst hat lange in Belgien gelebt, seine Kollegen waren in den USA. „Dort gibt es eine ganz andere Biervielfalt – mit unzähligen Geschmacksrichtungen.“

Es ist die Geburtsstunde einer Idee namens Braufässchen, die heute mehr als zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr macht und für den Deutschen Gründerpreis nominiert wurde. Doch zurück ins Jahr 2011 – und in Westermeiers Studenten-WG, wo die Jungunternehmer ihre ersten Gehversuche in Sachen Bierbrauen unternehmen. „Uns war von Anfang an klar, dass wir ein Set zum Zu-Hause-Brauen entwickeln wollten“, sagt der 29-Jährige. Bis dato sei das nur etwas für Liebhaber gewesen; man brauchte Geräte, Fachwissen und vor allem viel Zeit. „Wir hingegen wollten es so einfach wie möglich halten“, sagt Westermeier. „Außerdem sollte es möglichst schnell gehen.“

Monatelang experimentieren die Studenten in der WG-Küche; die Mitbewohner besänftigen sie mit regelmäßigen Bierproben. „Allerdings waren die am Anfang eher kein Genuss“, sagt Westermeier und grinst. „Erst nach einem halben Jahr hatten wir das erste Weißbier, das einigermaßen geschmeckt hat.“

Im Jahr 2012 melden sich die Studenten für einen Gründer-Wettbewerb an, gehen leer aus und besuchen dennoch die Siegerehrung. Dort lernen sie zufällig zwei Investoren kennen, die von ihrer Idee begeistert sind. Sie schießen 30 000 Euro zu, dazu kommen noch mal 10 000 Euro Erspartes – und mit diesem Geld gründen die Studienfreunde im Mai 2012 die Firma Braufässchen. Im Internet verkaufen sie fortan Sets für Heimbrauer: Der Kunde wählt auf der Webseite die Biersorte, die Stärke des Hopfens und die gewünschten Aromen aus – von Honig bis Himbeere – und bekommt dann per Post ein Fünf-Liter-Fass zugeschickt. Das füllt er mit Wasser, gibt die Zutaten hinzu – und sieben Tage später kann er das Gebräu direkt aus dem Fass zapfen. Kostenpunkt: je nach Zusammensetzung etwa 30 Euro pro Fass.

Mittlerweile gibt es bei Braufässchen an die 100 000 Kombinationen, wie man sein Bier zusammenstellen kann – was selbstverständlich dem deutschen Reinheitsgebot zuwiderläuft. Demnach darf deutsches Bier nur Malz, Hopfen, Hefe und Wasser enthalten. Jedoch greift diese Regel nicht bei Heimbrauern – und genau diese Lücke macht sich das Münchner Start-up zunutze.

Das sorgt bei Bier-Traditionalisten und manch alteingesessener Brauerei für Unmut – was den Siegeszug von Braufässchen aber nicht aufhalten kann: Noch im Anfangsjahr verschickt die Firma 3000 Fässer, 2013 sind es 19 000, und 2014 wird dieses Ergebnis noch mal verdoppelt. Im laufenden Jahr werde man wohl an die 90 000 Fässer verkaufen, glaubt Westermeier; der Umsatz dürfte bei mehr als 2,5 Millionen Euro liegen. Inzwischen gibt es Braufässchen auch in England; die Expansion in drei weitere europäische Länder ist geplant.

Trotz dieser Erfolgsstory schwimmen die drei Gründer nicht in Geld – und das, obwohl die Investoren ihre Einlage aufgestockt haben und weitere Kapitalgeber eingestiegen sind. „Wir haben ein wenig unterschätzt, wie groß der Anteil der Einnahmen ist, die man wieder in Investitionen steckt“, sagt Westermeier. Er selbst und seine Mitgründer hätten sich die ersten 16 Monate gar kein Gehalt ausbezahlt; danach waren sie ein Jahr lang auf 400-Euro-Basis angestellt.

Immerhin: Seit 2013 wirft die Firma Gewinne ab – weit schneller, als dies andere Start-ups tun. Wohl auch schaffte es Braufässchen unter die drei Finalisten beim Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Start-up. Bei der Preisverleihung gestern Abend in Berlin kamen die Jungunternehmer zwar nicht auf den ersten Platz – aber sie haben die Zusammenarbeit mit einer renommierten Beratungsfirma, ein Medientraining beim ZDF und ein zweijähriges Mentorenprogramm gewonnen. Ein Erfolg, der sicher noch mit frisch gezapftem Braufässchen-Bier begossen wird – wohl auch mit Wolfgang Westermeiers derzeitigem Favoriten: „Aktuell mag ich das Mango-Weißbier am liebsten.“