Ingolstadt
Schwerpunkt liegt beim Alkohol

Sozialministerin Haderthauer über die Hintergründe des Streits um den Ladenschluss

24.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:54 Uhr

Ingolstadt (DK) Im Mittelpunkt der Debatte um den Spätverkauf an Tankstellen steht Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer: Die CSU-Politikerin hatte sie im Sommer angestoßen – mit einer kleinen Anpassung der Kontrollbestimmungen, wie sie sagt. Doch dann habe der Streit eine völlig andere Richtung genommen. Mit der Ministerin sprach unser Redakteur Christian Fahn.

Die jetzt gefundene Regelung zum Spätverkauf an den Tankstellen wird als Rückkehr zur Vernunft gefeiert. Also war ihr Vorstoß vom Sommer, der die ganze Debatte ins Rollen gebracht hat, unvernünftig?

Christine Haderthauer: Nein, natürlich nicht. Das, was aus meinem Vorstoß gemacht wurde, war eine Verfälschung. In Bayern gilt das Bundesladenschlussgesetz. Nun gab es ein neues Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem die Mengen an Reisebedarf für den Verkauf an Tankstellen konkretisiert wurden. Das hat das Sozialministerium in die Vollzugshinweise zum Ladenschlussgesetz eingearbeitet.

 

Also keine Verschärfung der Regeln, sondern ein reiner Routinevorgang?

Haderthauer: Ja, die letzte Änderung der Vollzugshinweise zum Ladenschlussgesetz stammt aus dem Jahr 2007. Nur wurde diesmal ein Proteststurm inszeniert, in dessen Verlauf völlig überzogene Regeln kolportiert wurden, die nichts mit der Realität zu tun haben.

 

Fühlen Sie sich durch die Einigung vom Montagabend bestärkt, nach der an Tankstellen auch künftig nachts von jedermann eingekauft werden darf, selbst wenn er eben kein Reisender ist?

Haderthauer: Das war nicht Gegenstand des Gesprächs, denn ich habe das bereits Anfang Oktober den Vollzugsbehörden mitgeteilt. Eine Unterscheidung zwischen Reisenden und Nichtreisenden erlaubt die Rechtsprechung zwar, aber im Bundesladenschlussgesetz ist eben nur von Reisebedarf die Rede.

 

Das müssen Sie uns näher erklären: Es gibt ein Gesetz, in dem steht, dass die Tankstellen eben nur Reisebedarf verkaufen dürfen. Und ein Bundesgericht sagt, dass der auch nur an Reisende verkauft werden darf.

Haderthauer: Das war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das diese Unterscheidung zugelassen, aber nicht vorgeschrieben hat. Deswegen gibt es die Vollzugshinweise zu den Gesetzen als Auslegungshilfe. Und hier setzen wir Schwerpunkte. Mir geht es nicht darum, wie viele Papiertaschentücher verkauft werden. In Bayern legen wir den Vollzugsschwerpunkt auf den Umgang mit Alkohol. Deshalb lautet die Überschrift zu den Vollzugshinweisen auch: Vollzugshinweise zur Abgabe von Alkohol an Tankstellen.

 

Ist das auch die Erklärung dafür, dass es bei dem Gespräch am Montagabend vor allem um den Alkohol ging.?

Haderthauer: Ja. Vor allem freut mich, dass die zwei Verbände, die die meisten Tankstellen in Bayern vertreten, bei ihren Mitgliedern dafür werben wollen, nachts keinen Alkohol mehr zu verkaufen. Das hat natürlich den Vorteil für die übrigens mir nicht unterstehenden Vollzugsorgane wie Polizei und die Ordnungsämter der Kommunen, die Einhaltung der Mengen dort nicht überprüfen zu müssen, wo ohnehin kein Alkohol verkauft wird.

 

Zu einem Problem wird die Einigung, wenn man auf die Folgen für den Jugendschutz schaut. Nach dem Gespräch von Montagabend war durchgesickert, dass Tankstellen, die ab 22 Uhr freiwillig keinen Alkohol verkaufen, nicht mehr mit strengen Kontrollen rechnen müssten.

Haderthauer: Das ist falsch. Das hat irgendjemand wohl aus taktischen Gründen in die Welt gesetzt. Der Jugendschutz hat bei dieser Einigung keine Rolle gespielt. Es ging um das Ladenschlussgesetz. Wenn eine Tankstelle aber ohnehin ab 22 Uhr keinen Alkohol verkauft, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie zu diesem Zeitraum auf die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes kontrolliert wird – außer natürlich, sie hält sich nicht an ihre eigene Selbstverpflichtung. Das gilt aber ausdrücklich nur für die Zeit nach 22 Uhr. Davor wird natürlich weiterhin ganz normal kontrolliert – auch in diesen Tankstellen.

 

Trotzdem ließe sich die ganze Unsicherheit mit Blick auf den Spätverkauf an Tankstellen ganz einfach lösen: Mit einem eigenen bayerischen Ladenschlussgesetz. Und da ließe sich auch hineinschreiben, dass der Verkauf von Alkohol an Tankstellen ab 22 Uhr verboten ist, wie es zum Beispiel Baden-Württemberg getan hat.

Haderthauer: Bayern braucht für die Regelung an den Tankstellen kein eigenes Ladenschlussgesetz. Außer man will beim Ladenschluss für Tankstellen prinzipiell andere Lösungen. Darüber aber gibt es in der Koalition zwischen CSU und FDP unterschiedliche Meinungen.