Immer mehr Rätsel im Fall Rupp

25.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:32 Uhr
Die Bergung des Mercedes von Rudolf Rupp im März 2009. −Foto: Rein

Landshut (DK) Der Fall Rupp wird immer mysteriöser: Am vierten Tag des Wiederaufnahmeverfahrens am Landgericht Landshut erklärte ein Kfz-Sachverständiger, dass der Mercedes mit der Leiche wohl nicht am Fundort in die Donau gefahren oder gerollt worden ist.


Somit blieben nur noch die beiden Möglichkeiten, dass das Fahrzeug entweder an einer anderen Stelle hineingefahren und angeschwemmt wurde – was ein E.ON-Experte aufgrund der geringen Strömung ausschloss – oder dass das Auto direkt von einem Anhänger oder ähnlichem ins Wasser bugsiert wurde.
 
Fest steht für den Kfz-Sachverständigen auch, dass das Auto nicht mit laufendem Motor in die Donau gelangte. Sonst hätte es einen so genannten "Wasserschlag" gegeben, ein typischer Motorschaden, wenn des Antriebsaggregat Wasser statt Luft ansaugt. Doch nach genauen Untersuchungen gäbe es dafür "keine Anzeichen".
 
Der Wählhebel der Automatik habe auf "P" gestanden, wodurch das Getriebe verriegelt werde, sprich sich das Fahrzeug nicht bewegen lasse. Allerdings müsse man bei diesem Fahrzeug des Typs Mercedes E 230, Baureihe 124 zum Umschalten weder auf die Bremse steigen, noch müsse der Zündschlüssel stecken. Weil sich der Wählhebel sehr leicht habe bewegen lassen, sei nicht gesagt, dass der Wagen mit der "P"-Stellung ins Wasser gelangte. Der Hebel habe sich also auch bei der Bergung verstellen können.

Indirekt kritisierte der Auto-Fachmann die Bergung des Wagens durch die Polizei. Der Auspuff sei von hinten nach vorne gestaucht gewesen – ein Hinweis darauf, dass das Auto rückwärts ins Wasser gerollt sei. Leider lasse sich dies nicht definitiv feststellen, weil der Schaden auch ein Resultat der unglücklich gelaufenen Bergungsaktion sein könne.
 
Als durchaus fragwürdig erscheinen auch die weiteren Ermittlungen: Weder der Fond des Wagens noch der Kofferraum wurden genauer untersucht. Auf die Frage, warum nicht gründlicher vorgegangen wurde, antwortete ein ermittelnder Beamter der Kriminalpolizei Ingolstadt: "Es wurde keine Anordnung erteilt." Am 17. März 2009, also sieben Tage nach der Bergung des Autos, sei der Ingolstädter Oberstaatsanwalt Christian Veh bei den Untersuchungen mit dabei gewesen. Bei diesem Termin habe man ihn so verstanden, dass an dem Wagen nicht weiter ermittelt werden soll.
 
Ein Beamter der Spurensicherung bestätigte diese Aussagen: Im Fondbereich habe man "nichts gemacht" und auch der Kofferraum sei nicht ausgeräumt worden. Auf die Frage warum, antwortete der Polizist knapp: "Irgendwo muss ich anfangen und irgendwo muss ich aufhören." Auch Vermessungen, wie zum Beispiel der Abstand des Lenkrads zum Fahrersitz, wurden von den Mitarbeitern der Spurensicherung nicht durchgeführt, wie sich auf Frage der Anwälte herausstellte.
 
Dazu kommen noch Widersprüche: Während einer der Beamten der Spurensicherung sagte, im Kofferraum sei nur "minimal" Schlamm gewesen und man habe dort nicht weiter gesucht, bezeichnete der geladene Kfz-Gutachter den Kofferraum als "völlig verschlammt", zudem müsse dort jemand "gegraben" haben.
 
"Fotos ausreichend"
 
In zweifelhaftem Licht erscheint auch die Dokumentation der Bergungsaktion. Laut dem Rechtsanwalt von Hermine Rupp, Klaus Wittmann, wurden beim Herausziehen des Mercedes weniger Fotos gemacht als bei der Bergung eines weiteren an der Staustufe entdeckten Fahrzeugs. Dabei habe dieser Opel mit der Sache nichts zu tun gehabt. "Für mich war die Anzahl ausreichend", rechtfertigte sich der fotografierende Polizist knapp.
 
Die Rechtsanwältin einer der Rupp-Töchter, Regina Rick, sagte gegenüber dem DONAUKURIER, es sei bei den Ermittlungen "dilettantisch" vorgegangen worden. Und auch Staatsanwalt Ralph Reiter erklärte während der Verhandlung: "Dass hier Ermittlungspannen passiert sind, ist klar."