Handarbeit nach geheimer Rezeptur

Einem traditionellen Lebküchner in Nürnberg über die Schulter geschaut

15.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
Vor Weihnachten geht es in der Nürnberger Bäckerei und Lebküchnerei Düll routinemäßig hektisch zu. Die Lebküchnerei geht in Nürnberg auf das Mittelalter zurück. Neben Großproduzenten finden sich eine Vielzahl handwerklicher Betriebe, die sich hauseigenen Spezialisierungen oder Traditionen verschrieben haben. (Siehe Bericht des epd-Landesdienstes Bayern) −Foto: Evang. Presseverband für Bayern (epd-BAYERN)

Nürnberg (epd) Die Lebküchnerei geht in Nürnberg auf das Mittelalter zurück. Neben Großproduzenten wie Lebkuchen Schmidt oder Haeberlein-Metzger findet man in Nürnberg eine Vielzahl handwerklicher Betriebe, die sich hauseigenen Spezialisierungen oder Traditionen verschrieben haben.

An einem Vorweihnachtstag geht es im Rückgebäude der Nürnberger Bäckerei und Lebküchnerei Düll routinemäßig hektisch zu. Holger Düll wiegt in einer Ecke der Werkstatt Zutaten ab, mischt sie und reicht sie weiter. Sein 21-jähriger Sohn Alexander streicht geschickt den Teig auf eine Oblate auf eine Art Minitöpferscheibe. Danach ruht der rohe Lebkuchenteig, bis er für rund elf Minuten in den Ofen kommt.

Ehefrau Christine Düll führt durch die verwinkelte Lebküchnerei und muss dabei ständig den herumwuselnden Mitarbeitern mit Teig, Zutaten oder fertigen Lebkuchen ausweichen. "Wir schaffen in traditioneller Handarbeit 5000 Stück am Tag, dann muss es aber gut laufen", erklärt sie.

Die großen Haselnüsse werden in einer kleinen Ecke auf einem großen Blech geröstet und dann gemahlen. Kandierte Orangen werden gründlich zerkleinert, in einem großen Topf wird das Eiweiß mit Zucker geschlagen. Was genau in einen Lebkuchen hineinkommt, ist aber Betriebsgeheimnis. Der Düll-Großvater hatte am Ende seiner Lehre von seinem Chef ein Lebkuchenfamilienrezept erhalten und sich 1934 damit selbstständig gemacht, erzählt Christine Düll. Nach dieser Rezeptur werde noch heute gearbeitet, lediglich die Süße sei etwas reduziert worden.

Bei Düll hält man sich also streng an die Vorgaben des alten Rezepts und kann daher nur mit der Hand arbeiten. Wollte der Bäcker nämlich mit Maschinen produzieren, dürfte er keinen Honig verwenden, sondern müsste auf eine "fließfreudige Zuckermasse" umstellen, erklärt Mutter Christine. Auch die duftenden Haselnüsse müssten feiner gemahlen werden, damit sie von einer Maschine fehlerfrei und identisch portioniert werden könnten. Lebküchner Holger Düll kümmert sich gerade um das Gewürz Kardamom und sagt, ohne die Arbeit zu unterbrechen: "Wenn ich mir schon so viel Mühe mit der Handarbeit mache, kann ich auch nur die besten Rohstoffe verwenden."

Der Familienbetrieb produziert das gesamte Jahr Lebkuchen und verschickt seine Backwaren in die ganze Welt. Der zunehmende Wunsch nach laktosefreien Lebkuchen sei kein Problem, erklärt Christine Düll. "Wir sind von Haus aus laktosefrei", sagt sie - wenn man vom Überzug mit Milchschokolade absieht. Unter den zehn Sorten finden sich neben dem glasurfreien Lebkuchen für Puristen unter anderem auch die Varianten Zartbitter, Cappuccino, weiße Schokolade und Erdbeere. Bei den Punsch-Lebkuchen ist die rote Bete mit von der Partie. Typischerweise gibt es die Elisen-Lebkuchen in der handtellergroßen, rund 100 Gramm schweren Version. Kaiserlinge, also Mini-Elisen, haben nur etwa vier Zentimeter Durchmesser. Die sind eher für zwischendurch oder zum Teilen mit Kollegen am Arbeitsplatz gedacht. Unersättliche Lebkuchenfreunde freuen sich über riesige Königs-Elisen, die rund 450 Gramm schwer sind.

Dass es sich bei Dülls Lebkuchen um "original Nürnberger Lebkuchen" mit dem EU-Gütezeichen "geschützte geografische Angabe" handelt, sorgt bei Christine Düll nur bedingt für Freude. Der bürokratische Aufwand für den Nachweis sei hoch, erklärt sie. Dafür allerdings schützt die Herkunftsangabe vor Wettbewerbern aus dem In- und Ausland. Die Lebküchnerei will aber lieber mit der Qualität und dem Geschmack ihrer Elisen-Lebkuchen überzeugen.