Denkendorf
Schwere Zeiten für Schäfer

12.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:08 Uhr

Unterwegs mit seinen Tieren: Erich Neulinger aus Pappenheim gehört zu den Hüteschäfern im Altmühltal. Der 48-Jährige hält seit vielen Jahren konstant 800 Mutterschafe - Foto: Lutz

Denkendorf (DK) Schäferromantik, Freiheit und der Traum vom unbeschwerten Wandern durch die Lande mit Schafen und Hund – das sind Klischees. Die Realität sieht anders aus. Schwer unter Druck sehen sich die bayerischen Schafhalter. Und sie fürchten die Rückkehr des Wolfs.

Geringe Rentabilität, immer intensiver wirtschaftende Ackerbaubetriebe, die ihnen kaum noch Herbstweideflächen überlassen, EU-Bürokratie und der Wolf machen den Schäfern zu schaffen. Daher werden sowohl Schafhalter als auch Schafe immer weniger. „Die Talsohle ist noch nicht erreicht“, prophezeite Peter Reuter, im Amt bestätigter Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Schafhalter, auf der Mitgliederversammlung am Samstag in Denkendorf. Insgesamt gingen bayernweit 5400 Mutterschafe und 114 Betriebe verloren – für die Schafhalter seit Jahren vertraute Zahlen. Denn von dem Geld, das der Schäfer für Fleisch und Wolle erhält, kann er nicht leben, ohne Mittel aus Vertragsnaturschutzprogrammen geht nichts. „Die sind kein Geschenk, sondern Lohn für erbrachte Leistungen in der Landschaftspflege“, betont Reuter.

Ohne Schafe keine Trockenrasenlandschaften, die Landschaft würde verbuschen. Höchste Artenvielfalt entsteht bei extensiver Beweidung mit mittlerer Schafzahl. Waren es vor zehn Jahren noch durchschnittlich 4,8 Mutterschafe pro Hektar, so sind es heute nur noch 3,1. „Das ist langsam kritisch zu sehen“, warnte Gottfried Prantl vom Landwirtschaftsministerium davor, dass andere Halter bei Betriebsaufgaben Flächen übernehmen, nicht aber die dazugehörenden Tiere. Ursache ist für ihn, dass Deutschland nur Flächen und keine Schafe bezuschusst, obwohl die EU eine Mischung aus Kopf- und Flächenprämie zuließe.

Zahlreiche Förderprogramme bestimmen das Leben der Schäfer mit. Die Regelungen ändern sich dauernd, teilweise widersprechen oder schließen sich aus. Prantl wünscht sich – wie sein Minister – mindestens doppelt so viele Öko-Schafhalter. Aktuell sind es 17 in Bayern. Schäfer Erich Neulinger aus Pappenheim winkt ab: Das rechne sich nicht, sagt er, denn Naturschutz-Fördergelder seien höher als Öko-Prämien, Öko-Stroh kaum erhältlich. Der 48-Jährige hat vor mehr als 30 Jahren seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf Schäferei umgestellt, hält seit vielen Jahren 800 Mutterschafe. Die Zukunft wäre da, denn sein 22-jähriger Sohn, Landwirtschaftsmeister mit Schwerpunkt Schafe, will einsteigen. Doch noch ist der Vater zu jung, um zu übergeben. Einer Betriebsteilung stehen jedoch Förderrichtlinien entgegen.

Große Sorgen macht den Schäfern der Wolf. Noch haben sich in Bayern nur Einzeltiere blicken lassen, keine Rudel. Deutschlandweit gibt es offiziell 34 Rudel, also etwa 340 Tiere. Reuter rechnet damit, dass sich die Wölfe bei entsprechendem Nahrungsangebot deutlich ver-mehren und aus der Schweiz oder der Lausitz nach Bayern einwandern. Anders als dort könnten die hiesigen Schafhalter ihre Tiere aufgrund der kleinparzelligeren Mittelgebirgslandschaft nicht davor schützen, von gut organisierten Rudeln gerissen zu werden. „Wo der Wolf lebt, wird es keine Schafe und keine Trockenrasenlandschaften mehr geben“, prophezeit Reuter. Auch in Dörfern müsse damit gerechnet werden, dass Wölfe irgendwann Hunde und Katzen holen.