Ingolstadt
Endlich studentisch

Integrationscampus in Ingolstadt: Flüchtlinge fühlen sich nach Umzug gut aufgehoben

29.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:51 Uhr
Pauken fürs Studium: Die jungen Flüchtlinge des Integrationscampus bereiten sich an der Technischen Hochschule Ingolstadt mit Intensiv-Sprachkursen aufs Studium vor. Deutsch-Lehrerin Lucie Lengfelder freut sich über die Fortschritte. −Foto: Belzer

Ingolstadt (DK) Es ist ein paar Wochen her, da sind die Flüchtlinge, die auf dem Integrationscampus der Technischen Hochschule Ingolstadt studieren, von Neuburg nach Ingolstadt gezogen – nun fühlen sie sich rundum wohl. Der nächste Ortswechsel steht schon an. Diesmal wird’s noch studentischer.

Heute auf dem Stundenplan: „Das Leben in Ingolstadt“ – hierher sind die jungen Studenten des Integrationscampus vor ein paar Wochen gezogen. Hier möchten sie ihr in der Heimat begonnenes Studium fortsetzen. Das Konzept des Pilotprojekts der THI, das vergangenen Herbst gestartet ist, hat sich mittlerweile etwas verändert. Es stehen nun ganz forciert Sprachunterricht, wissenschaftliches Arbeiten und Computerkurse auf dem Plan. Am Ende sollen die Flüchtlinge fit für ein Regelstudium sein. „Es hat sich gezeigt, dass die Flüchtlinge ein sehr unterschiedliches Niveau hatten“, erklärt Projektleiterin Verena Sennefelder. Ursprünglich war gedacht, die Flüchtlinge in eine Technik- und eine Wirtschaftswissenschaften-Gruppe aufzuteilen.

Der Start des Projekts in Neuburg verlief nicht ganz reibungslos. Die jungen Männer und eine junge Frau freuten sich zwar unisono über die Möglichkeit, studieren zu können. Nur mit dem Standort waren sie nicht sonderlich glücklich. In der ehemaligen Lassigny-Kaserne fühlten sie sich ab vom Schuss, ohne Kontakt zu Neuburgern, ohne Kontakt zu anderen Studenten. „Dort war es schwierig Deutsche zu finden“, sagt Paul Miiro aus Uganda. „Auf dem Gelände waren nur andere Ausländer, wir waren meistens alleine. Nach der Schule haben wir dann Englisch miteinander gesprochen.“ Abends war ihnen manchmal langweilig. In Ingolstadt spielen nun einige der Burschen Fußball. „Da sind außer mir sonst nur Deutsche“, erzählt Paul Miiro. Seine Sprachkenntnisse sind seit vergangenem Herbst merklich besser geworden.

Ein weiterer Vorteil Ingolstadts ist die studentische Infrastruktur: Bibliothek, Sprachlabor, PC-Pools. Die ersten Erfolge des Projekts zeigen sich bereits: Einige Studenten möchten zum Wintersemester in ein Regelstudium wechseln. „Gerade lerne ich für die Deutsch-Sprachprüfung“, erzählt  Khalil  Ibesh aus Afghanistan. „Die ist notwendig für den Hochschulzugang und gar nicht so leicht zu schaffen.“ Sein Ziel ist ein Informatik-Studium.

Von den 19 Studenten haben manche aufgegeben, andere sind dazugekommen. Nach einigem Hin und Her mit dem Sozialamt der Stadt Ingolstadt sind die jungen Leute im Alter zwischen Anfang 20 und Mitte 30 auf die Quote in Ingolstadt angerechnet und dezentral untergebracht worden. Eine Sache, die sie in Neuburg schmerzlich vermisst haben, gibt es allerdings auch an ihrem neuen Wohnort nicht: Wlan. Bald jedoch ziehen alle unter ein Dach – und zwar in die städtischen Unterkünfte auf dem Gelände des Schulzentrums Süd-West. „Das ist dann wie ein Studentenwohnheim“, erklärt Sennefelder. „Im August soll der Umzug stattfinden, die Eltern der Schüler sind informiert.“

Den einen oder anderen Wunsch hätten die Flüchtlinge noch. „Fahrräder wären toll“, sagt Nasir Sharafzada aus Afghanistan. „Und wenn sich Deutsche für einen Tandem-Sprachkurs interessieren, dann wäre das auch super.“

Die Suche nach neuen Teilnehmern ist bereits gestartet. Das Konzept hat sich herumgesprochen, die Finanzierung steht. Die nächsten studierwilligen Flüchtlinge können kommen.

RECHTSBERATUNG   UND  GEMEINSAMES   MUSIZIEREN

Uni Augsburg: Ein festgezurrtes Programm gibt es an der schwäbischen Universität nicht – stattdessen die Klassiker: Sprachkurse und Beratungsangebote. „Buddy-Angebote“ nennt die Uni Augsburg das Programm. Einheimische Studenten zeigen jungen Flüchtlingen, wie das Leben auf dem Campus abläuft. An der juristischen Fakultät bietet die „Law Clinic“ Rechtsberatung an.

 

n LMU München: Nicht ohne Stolz verweist die LMU darauf, die erste deutsche Universität zu sein, die ein spezielles Programm nur für Flüchtlinge ins Leben gerufen hat. Es ist als Hinführung zum Studium konzipiert, in dem Sprachkurse angeboten werden und gleichzeitig schon ECTS-Punkte gesammelt werden können. Zudem gibt es diverse Initiativen und die obligatorischen Beratungsangebote.

 

Uni Regensburg: In Regensburg stehen Sprachkurse hoch im Kurs. In Sprechstunden und Beratungsgesprächen werden Fragen von Flüchtlinge mit Studienwunsch beantwortet. Hier werden auch vorhandene Dokumente geprüft. Die Zentrale Studienberatung kümmert sich um fachliche Anliegen rund um die Studienangebote. Was in Augsburg „Buddy-Programm“ genannt wird, heißt in Regensburg „Mentoring-Programm“.

 

Uni Bayreuth: Eine Besonderheit in Bayreuth ist das Angebot des interkulturellen Musizierens. Einmal wöchentlich trifft sich die Gruppe, derzeit drei Studierende und drei Geflüchtete. Einige Asylsuchende spielen kein Instrument, sie nützen die vorhandenen Percussionsinstrumente. Das Projekt ermöglicht einen spannenden Austausch der Kulturen, und es wird sichtbar, wie Musik Brücken schlagen kann. „Einige Geflüchtete gehen darin auf, ihnen bekannte Melodien wieder zu spielen und zu hören“, sagt Projektleiterin Dimitra Will.

 

KU Eichstätt-Ingolstadt: Stipendien für Flüchtlinge will die KU ab dem kommenden Wintersemester anbieten, außerdem möchte die Uni geflohene Wissenschaftler einbinden. Das Zentrum für Flucht und Migration (ZFM) hat vergangenes Jahr seine Arbeit aufgenommen. Dabei geht es um Forschung, Bildung und Coaching sowie Transfer und Dialog. | DK