Aichach
Aichacher Lehrer entlassen

Weil er Schülerinnen mit sexuellen Anzüglichkeiten belästigt hat, verliert der Mann seinen Beamtenstatus

24.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:04 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Sebastian Schanz

Aichach/München (DK) Ein Gymnasiallehrer aus Aichach hat sich mehreren Schülerinnen gegenüber sexuell anzüglich geäußert und deswegen seinen Job verloren. Der Beamte habe sich "untragbar" gemacht, urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) am Mittwoch in München.

Am Ende zeigte sich so etwas wie Einsicht. "Ich halte es nicht für sinnvoll, mich zur Zeit auf Schüler loszulassen", sagte der mittlerweile 40-jährige ehemalige Lateinlehrer des Aichacher Deutschherren-Gymnasiums gestern in letzter Instanz vor dem VGH, wo er um seinen Beamtenstatus kämpfte. Vergeblich: Die Richter wiesen seine Berufung zurück. Ab sofort erhält der Mann, dem massives unbotmäßiges Verhalten gegenüber Schülerinnen vorgeworfen wird, kein Geld mehr vom Staat.

Es war das erste Mal seit den Strafprozessen gegen ihn , dass der ehemalige Lehrer selbst vor Gericht erschien. Weil eine Schülerin so großen seelischen Schaden genommen hatte, dass sie sich in Therapie begeben musste, hatte das Landgericht Augsburg hatte ihn bereits vor drei Jahren wegen Körperverletzung und Verbreitung pornografischer Schriften zu 17 000 Euro Geldstrafe verurteilt. Als der Lehrer im Sommer 2015 vor dem Verwaltungsgericht um die Beibehaltung seines Beamtenstatus klagte, platzten zwei Termine wegen Krankheit seines Rechtsanwalts sowie angeblich im Poststreik nicht pünktlich zugestellter Ladung, bis schließlich beim dritten Termin sowohl der Lehrer als auch sein Anwalt unentschuldigt fehlten und das Urteil in deren Abwesenheit gefällt wurde.

Vor dem VGH erschien der 40-Jährige nun im schwarzen Anzug und in Begleitung seines Anwalts. Auch eines der Mädchen, die Ziel seiner Avancen geworden waren, verfolgte die Verhandlung in Begleitung seiner Mutter. Bei der nun 19-Jährigen entschuldigte sich der Ex-Lehrer: "Es tut mir furchtbar leid, dass ich dich da reingezogen habe."

Der Mann unterrichtete an dem Aichacher Gymnasium nicht nur Latein, sondern gründete darüber hinaus eine Tanz-AG. Vor dem VGH erklärte er, er sei ein "hochengagierter Lehrer" gewesen, der sich "mit vollem Herzen und allen Kräften in den Schulbetrieb gestürzt" habe. "Aus diesem tollen Einsatz ergab sich die Problematik, mich entweder voll auf die Schüler einzulassen oder eine Wand zwischen mir und den Schülern zu errichten." Ein gesundes Mittelmaß war ihm offenbar nicht möglich. Für dieses Problem habe er auch in den viereinhalb Jahren seit seiner Suspendierung trotz Therapie noch keine Lösung gefunden.

Der ledige 40-Jährige gab offen zu, pädophil und dominant veranlagt zu sein. "Diese sexuelle Präferenz ist Teil meiner Persönlichkeit." Damit habe er erst ein Problem bekommen, als er an die Schule gekommen sei: "Da hatte ich mit dieser Altersgruppe zu tun."

Der Lehrer bat darum, man möge ihm nicht den Beamtenstatus entziehen, sondern ihm eine Arbeit "im Hintergrund" zuweisen, bis sich "irgendwann mithilfe der Therapie eine Möglichkeit zur Rückkehr bietet". Doch Bayerns höchste Verwaltungsrichter beschlossen die endgültige Entlassung. Einem Postboten, der Pakete gestohlen habe, biete man auch keinen Job in der Schreibstube an.

Man legt ihm zur Last, bereits Schülerinnen in der Unterstufe zu nahe getreten zu sein. Oberlandesanwalt Robert Kirchmaier berichtete, der Lehrer habe im Schuljahr 2010/11 einem Mädchen angetragen, für eine Statue Modell zu stehen, die er in seinem privaten "Lusthain" platzieren wollte. Einer anderen stellte er 2009 einen Strauß rote Rosen vors Elternhaus, obwohl ihm gesagt worden war, man verbitte sich Derartiges. Seine Antwort: "Man kann es sich nicht aussuchen, wo die Liebe hinfällt." Einer 16-Jährigen schenkte er 2011 eine blaue Rose mit einem Zettel: "Eine besondere Rose für eine besondere Dame. Es wäre mir recht, wenn du das nicht an die große Glocke hängen würdest." Sein Verhalten gipfelte dann darin, dass er sich 2012 in eine 15-Jährige verliebte. Über Monate schrieben sich Lehrer und Schülerin E-Mails, bis er ihr im Herbst 2012 schließlich seine pornografischen Fantasien "Generalbeichte.doc" und "Träume von dir.doc" unter Einbeziehung einer weiteren Schülerin schickte. Sein Anwalt meinte nun, das könne man nicht als Missbrauch einer Schutzbefohlenen sehen, denn er habe das Mädchen nicht selbst unterrichtet. Außerdem sei der 40-Jährige zwar nicht in seiner Einsichtsfähigkeit gehindert, aber sein Verhalten sei eine Folge seiner krankhaften Persönlichkeitsstörung.

Das Gericht sträubte sich gegen diese Auffassung. Dem Lehrer sei von Anfang an klar gewesen, dass er Verbotenes tue, das gehe auch aus den E-Mails hervor. Der Versuch, anderweitig eine Aufgabe zu finden, stehe kranken Beamten zu, nicht solchen, die sich selbst untragbar gemacht hätten. Für den Lehrer sehe der Senat "keine Möglichkeit für eine positive Prognose". Gegen das Urteil ist kein Rechtsmittel möglich.