Gemeinsamer Angriff auf die Charts

20.07.2007 | Stand 03.12.2020, 6:36 Uhr

Mal mit Gefühl, mal rockig: Barbara Clear hatte sichtlich ebenso viel Spaß am abwechslungsreichen Konzert in der Stadthalle wie die Zuschauer. - Foto: Stark

Schrobenhausen (SZ) Sie wollte den Fans der Region ein besseres Konzert bieten als das im Bierzelt bei den Highland Games in Entrischenbrunn. Und so spielte die Rock-Folk-Solo-Musikerin Barbara Clear am Donnerstagabend in der Schrobenhausener Stadthalle – ohne Eintritt zu verlangen.

Schon beim zweiten Lied klatschen die meisten der mehr als 200 Zuschauer im Takt mit. "Das macht richtig Spaß mit euch, da ist noch viel Potenzial drin", ruft sie ihrem im Durchschnitt etwa 40 Jahre alten Publikum zu. Teilweise, wie Clear später bekannt geben wird, sind Fans extra aus Brunsbüttel nach Schrobenhausen gereist, um Clears eigene Lieder und Coversongs in der Stadthalle zu hören. Manch anderer, der vielleicht nur aus Neugier gekommen ist, wird sich in der Pause mit CDs, unter anderem ihrem aktuellen Album "10th", eindecken, die die Musikerin selbst verkaufen wird.

Wenn Barbara Clear nicht Barbara Clear wäre, würde man sagen: Diese Kunstfigur hat die Plattenfirma unglaublich gut hingekriegt. Eine kleine Frau, die alleine gegen die Großen kämpft, und das mit einer Riesenportion positivem – und damit sympathischem – Ehrgeiz, der zur Verbrüderung zwingt. Und dazu die simple Botschaft: "Du kannst alles schaffen, wenn du nur willst." Aber die als Barbara Klier geborene Bad Homburgerin hat ja gar keinen Plattenvertrag – sie will auch keinen –, sondern vermarktet sich selbst. Und wie sie so offen mit ihren Zielen umgeht, wirkt das ehrlich: "Ich dachte mir, warum nicht mit den Spielregeln der Großen spielen? Ich plane nächstes Jahr einen gezielten Angriff auf die Charts – mal sehen, ob die Radiosender dann immer noch nicht meine Musik spielen", lächelt Clear.

Die Medien, Radiostationen und Musiksender einmal ausgenommen, behandeln sie mit Wohlwollen, doch das musste sie sich erst mühsam erarbeiten. Bei über 300 Konzerten ihrer "Ticket-to-Munich-Tour" verkaufte sie Karten für ihr Konzert in der Münchner Olympiahalle, die sie zwei Jahre vor dem großen Auftritt im April 2004 privat gemietet hatte. Ein immenses Risiko, doch manchmal siegt einfach die Frechheit. 4000 Karten verkaufte sie während der Tour, weitere 4000, nachdem die Presse sie entdeckt hatte. Seitdem spielt sie in den großen Hallen Deutschlands ebenso selbstverständlich wie in kleinen Clubs oder Stadthallen. So auch in Schrobenhausen, wo sie ein gelungenes Konzert hinlegte.

Die nur 1,59 Meter große Solokünstlerin hat Format, ihr reichen eine kräftige Stimme und eine Gitarre, um eine ganze Halle für sich zu gewinnen. Da der Funke schon beim zweiten Lied übergesprungen ist, hat sie es fortan auch nicht mehr schwer. Wozu braucht sie ein Schlagzeug auf der Bühne? Sie lässt das Publikum schnalzen, so bei ihrem selbst geschriebenen Lied "Sieben Tage" oder später bei "We will rock you", das ebenso gut funktioniert wie Bob Dylans "Times they are changin’" oder "Me and Bobby McGee" von Janis Joplin. Selbst ohne Verstärker behält sie bei einem 300 Jahre alten irischen Traditional die Präsenz. Dass sie auch ihre Gitarre virtuos beherrscht, beweist sie spätestens beim Solo von "When a blind man cries" von Deep Purple. Dazwischen gibt es Protestsongs gegen die Mächtigen wie "Der Wurm" oder "Zeckenstaat". "Wär doch lustig, wenn der Song in die Top Ten käme", meint Clear. An Käufern würde es ihr auch in Schrobenhausen nach diesem Konzert nicht mangeln.