Schrobenhausen
Steuern sind ihr Metier, Kunst ist ihr Ding

SZ TRIFFT Ulrike Halfmann, die ihre wortmalerischen Werke als Gegenpol zu ihrer Arbeit als Finanzbeamtin versteht

30.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:43 Uhr

Kunst trifft Finanzen: Ulrike Halfmann ist neben ihrem Beruf als Finanzbeamtin freischaffende Künstlerin. Nicht nur in ihrem Büro, sondern überall in der Schrobenhausener Finanzkasse hängen ihre Werke als Wechselausstellung. - Foto: Staimer

Schrobenhausen (SZ) Finanzbeamtin und Künstlerin? Zwei Pole, die sich ausschließen? Keineswegs - Ulrike Halfmann ist der Beweis dafür. Die Finanzwirtin in der Schrobenhausener Finanzkasse überwindet die vermeintliche Kluft zwischen schnöden Zahlen, Steuergesetzen und der Kunst.

Allen Vorurteilen ihrem erlernten trockenen Berufsbild zum Trotz ist Halfmann auch als freischaffende Künstlerin aktiv. Als "unsere Künstlerin" stelle sie ihr Chef Besuchern vor, erzählt Halfmann launig. In der Tat war es die Wahlschrobenhausenerin, die in Sachen Kunst am Bau dem nüchternen Gebäude der Finanzkasse ihren persönlichen Stempel aufdrückte. Nicht nur in ihrem Büro, das sie mit einer Kollegin teilt, hängen ihre Werke, sondern überall im Haus. Schon im Eingangsbereich werden Besucher mit dem wortmalerischen Schriftzug "Finanzkasse", realisiert auf elf Einzelleinwänden, begrüßt.

In der Buchhaltung der Finanzkasse jongliert Halfmann mit nüchternen Zahlen und Buchungssätzen. Zu ihrem Tagesgeschäft gehören Rückvergütungen, Einzahlungen, Insolvenzen und Erstattungen im Zahlungsverkehr der Finanzämter Schrobenhausen, Eichstätt, Ingolstadt und Pfaffenhofen. Die Kunst sei für sie Gegenpol und Ausgleich. "Das ist eben ganz was anderes", formuliert die Künstlerin mit einem verschmitzten Lachen.

Kunst sei schon immer ihr Ding gewesen, wie sie sagt. Quasi von Kindesbeinen an. Die gebürtige Rheinländerin hat irgendwann noch in ihrer alten Heimat angefangen, Kunstkurse zu besuchen. Mit Acrylmalerei gestartet, folgte bald ihre große Leidenschaft, die Kalligrafie, die Kunst des schönen Schreibens. Wohlgemerkt die "moderne Kalligrafie", bei der die eigene Handschrift im Vordergrund steht, die als Gestaltungselement dient.

Immer wieder besuchte sie weitere Kurse an diversen Kunstakademien, erlernte neue Techniken, entwickelte diese weiter - egal, ob Buchbinderei, Spachteltechniken, Dotpainting oder Linoldruck.

Aus der Kalligrafie entsprangen ihre Wortmalereien, wie sie ihre Technik nennt, mit Buchstaben, Worten oder ganzen Textpassagen Leinwände, Papier, Holzblöcke oder was ihr eben unter die Finger kommt zu gestalten. Alles scheint die 48-Jährige künstlerisch verwerten zu können. Seien es Brotzeitbeutel, Asche oder Kaffeesatz. Stadtpläne oder Vordrucke aus der Finanzkasse, der Bauplan ihres Hauses, Zeitschriften. Sogar Kontoauszüge wurden hier und da collagenhaft in den Schriftzug im Eingang kunstvoll integriert. Ihre ganz persönliche Form der "Altpapierverwertung", wie Halfmann feixt.

Mal prächtiger Farbenrausch, mal gedeckte Erdtöne. Hier die Collage aus Steuererklärungen mit dem Titel "Das Auge des Gesetzes", da hat Ulrike Halfmann ein "viva colonia" als Erinnerung an ihre Heimat "eingeschmuggelt", wie sie sagt, neben ihren "Farbgeschichten" in rot, gelb, blau und grün. Egal ob Flur, Postverteilerraum, Sitzungszimmer oder Mitarbeiterküche: Überall hängt ein Halfmann oder eben mehrere.

Seit mittlerweile fast neun Jahren lebt die Künstlerin mit ihrem Mann Jens und den beiden Töchtern in Schrobenhausen. Sie fühlt sich wohl in Oberbayern. Deshalb haben die Eheleute in Mühlried ein Eigenheim gebaut. Mit Atelier versteht sich - Ort, um eigene Kunst zu schaffen, aber auch Raum, um ihr Können weiterzugeben. "Ich gehe täglich in mein Atelier", betont Halfmann - sei es nach Feierabend oder an ihrem finanzkassefreien Freitag. "Malen, zeichnen, drucken, kleben", heißt es, wenn die Künstlerin Kinder zu ihren Kreativ-Malkursen in ihr Atelier lädt. In Kleingruppen können sich Kinder ab acht Jahren unter künstlerischer Anleitung nach Herzenslust ausprobieren.

Nicht nur im Schrobenhausener Kunstverein ist Ulrike Halfmann seit zwei Jahren als Kassier aktiv. Auf ihrer Agenda standen Kunstkurse als vhs-Dozentin oder für Jugendliche im Zoom, diverse Ausstellungsbeteiligungen wie im Sisi-Schloss in Unterwittelsbach, Kühbach, in der Künstlergruppe AIC-Kreativ, in der Städtischen Galerie Pfaffenhofen oder im hiesigen Kunstverein. Momentan hat sie sich ganz dem Thema Frauen verschrieben. Trotzdem hat auch die Gestaltung einer Koi-Collage Platz. Derzeit in Planung sei, gemeinsam mit dem Ingolstädter Grafiker Franz Duna und der Fotografin Ute Ostertag die Kreuztor-Jahresausstellung in Ingolstadt zu gestalten. Ein Projekt, das ihr sehr am Herzen liegt.