Schrobenhausen
Leerstellen statt Lehrstellen

Geburtenschwache Jahrgänge machen sich bemerkbar: Ausbilder finden kaum noch Lehrlinge

26.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:44 Uhr

Zwei Bäckermeister alleine in der Backstube: Robert Huber und sein Sohn Marco backen im Moment ohne Lehrling ihre Semmeln. Robert Huber findet keinen Auszubildenden für das kommende Jahr. - Foto: Wilcke

Schrobenhausen (SZ) Seit Januar sucht Bäckermeister Robert Huber einen Lehrling für seine Backstube. Nach einer Anzeige in der Jobbörse der Arbeitsagentur und zwei erfolglosen Annoncen in der Zeitung weiß der Aresinger Bäcker: Für dieses Jahr findet er auch keinen mehr. „Mein Sohn und ich müssen erst einmal alleine weitermachen.“ Bei ihm lag seitdem keine einzige Bewerbung im Briefkasten.

Den Trend, dass es immer weniger Bewerber gibt, kann auch Rolf Zöllner von der Arbeitsagentur in Ingolstadt bestätigen: „Auf einen potenziellen Auszubildenden kommen rund 1,3 freie Stellen. Die Zahl der Bewerber nimmt einfach ab.“ Die geburtenschwachen Jahrgänge zeigen jetzt ihre Wirkung auf den Arbeitsmarkt: Im Juli haben sich 613 Schulabgänger beim Arbeitsamt gemeldet, ihnen stehen 756 Ausbildungsstellen gegenüber, so zeigt es eine Statistik der Arbeitsagentur.

Der größte Teil der unbesetzten Ausbildungsplätze macht das Handwerk aus. Für die Bäckerlehre kann sich Bäckermeister Robert Huber vorstellen, warum sich kaum noch Interessenten finden: „Man muss sehr früh anfangen zu arbeiten und man macht sich mit Mehl voll. Das Berufsbild hat eine negative Aufmachung.“

Der Arbeitstag fängt für Robert Huber ab Mitternacht an, auch samstags – schließlich wollen die Kunden auch am Samstagmorgen ihre frischen Semmeln haben. „Ich würde aber dem Azubi anbieten, dass er erst um vier Uhr morgens anfängt“, sagt er. In der dritten Generation führt Robert Huber den Bäckerladen mit reichlicher Zusatzausstattung an Lebensmitteln in Aresing. Sein Laden ist die einzige Möglichkeit in dem Ort, schnell einen Liter Milch oder Gemüse einzukaufen. Auch für den Verkauf hat er Lehrlinge gesucht, doch Fehlanzeige. „Ich bin mit Leib und Seele Bäcker, aber so wird die Situation immer schwieriger.“

Die Industrie und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern hat festgestellt, dass für Betriebe in den vergangenen Jahren deutlich schwerer geworden ist, ihre freien Ausbildungsplätze zu besetzen. Zum einen bewerben sich eben zu wenige, zum anderen beklagen die Betriebe die sinkende Qualität der Bewerbungen.

„Kopfrechnen ist ein echtes Problem für viele, die sich bei uns bewerben“, sagt der Ausbildungsleiter der Bauer AG in Schrobenhausen, Norbert Karl. Seit knapp 30 Jahren kümmert er sich um die Bewerbungen und um die Ausbildung in Schrobenhausens größtem Ausbildungsbetrieb. „Grundlegende Dinge werden in der Schule nicht mehr vermittelt. Dabei sind sie so wichtig im Beruf“, sagt er. 550 Bewerbungen hat die Bauer AG in diesem Jahr bekommen. 38 Lehrlingen gibt die Firma die Chance, in 14 verschiedenen Berufsbildern eine Ausbildung zu absolvieren. „Meiner Meinung nach wird zu früh in der Schule mit dem Taschenrechner unterrichtet. Da haben die Azubis dann im Berufsalltag Probleme, Zahlen zu überschlagen.“

Ein weiteres Problem sieht Norbert Karl aber auch in der Konkurrenz mit den Berufsober- und Fachhochschulen in Pfaffenhofen und Neuburg. „Dadurch haben wir in den letzten drei Jahren rund 20 Prozent weniger Bewerber.“ Der Trend geht dahin, dass immer weniger Schulabsolventen sich gleich im Anschluss eine Ausbildung suchen, stattdessen drücken sie weiter auf weiterführenden Schulen die Schulbank.

Die IHK berichtet derweil auch, dass es mittlerweile viele Berufe gäbe, die verstärkt unter dem Bewerbermangel leiden. Dies sei vor allem bei Berufen so, die unangenehme Arbeitszeiten haben oder wie Norbert Karl von der Bauer AG festgestellt hat, „in ganz Deutschland oder auch internationale Einsätze fordern.“ Bei Bauer sei das beispielsweise der Baugeräteführer. „Unsere Baustellen sind eben weltweit. Doch einige Bewerber möchten dafür nicht ihre Familie oder den Freundeskreis verlassen“, sagt er. In diesem Jahr hätten sie deshalb nur fünf Azubis für die Sparte einstellen können. „Geht die Entwicklung so weiter, werden uns auf Dauer viele gute Fachleute fehlen“, resümiert Karl.

Doch auch wenn die Ausbilder, wie Robert Huber, keinen Bewerber für ihre freie Lehrlingsstelle finden, meldet die Arbeitsagentur dennoch die Zahl von 125 Schulabgängern, die im August noch keine Zusage auf eine Ausbildung hatten. Für sie lohne sich, so Rolf Zöllner, ein Blick in die Jobbörse der Arbeitsagentur, die im Internet ersichtlich ist.