Schrobenhausen
"Ich bin bereit, meine Denke zu ändern"

Bürgermeister Karlheinz Stephan und Stadtbaumeister Axel Westermair zum Thema Bauland und Immobilien

30.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Neue Bauprojekte - wie die Mehrfamilienhäuser an der Regensburger Straße - zählen für Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan zu den positiven Beispielen bei der Baulandentwicklung - Foto: Haßfurter

Schrobenhausen (SZ) Wie geht es mit dem Thema Baulandentwicklung weiter, nachdem Stadtrat Rudi Koppold seinen überraschenden Rückzieher gemacht hat? Wie berichtet, hatte er seine Ansprüche auf einen möglichen Bürgermeisterstellvertreterposten zurückgezogen, weil ihm ein Geschäftsführerposten in einem möglichen Kommunalunternehmen angeboten worden war.

Koppold war sich allerdings der Tatsache nicht bewusst, dass er nicht gleichzeitig Stadtrat und Geschäftsführer eines städtischen Unternehmens sein kann. Im Gespräch mit Bürgermeister Karlheinz Stephan und Stadtbaumeister Axel Westermair fragte die Schrobenhausener Zeitung nach, wie es denn nun weitergeht.

Rudi Koppold steht nicht mehr zur Verfügung. Was nun?

Karlheinz Stephan: In der Tat ist ein Schwebezustand entstanden, der aufgelöst werden muss. Nächste Woche haben wir eine Fraktionssprecherrunde speziell zu dem Thema. Dann werden wir sehen, wo die Reise hingeht.

 

Wie ist Ihre Position dazu?

Stephan: Ich habe ja schon gesagt, dass ich mich nicht gegen ein weiteres Kommunalunternehmen sperre. Man muss aber sehen, dass ein Waggon ohne Lokomotivführer keinen Sinn macht. Ich brauche also zwei Geschäftsführer, um das Thema zu beackern.

 

Sie haben ja erklärt, dass Sie Baulandentwicklung und Wohnungsbau nicht als originäres Thema der Stadt sehen. Bleiben Sie dabei?

Stephan: Das war bisher meine Haltung. Und ich weiß, dass ich mit dieser Haltung nicht allein stehe, dass man sich als Stadt auf das Kerngeschäft zurückzieht, nämlich die Planungshoheit wahrzunehmen und den Rest den freien Kräften des Marktes zu überlassen. Und es ist ja auch einiges passiert in den letzten Jahren, wir haben eine Reihe von Bauträgern, die in der Stadt Projekte realisiert haben.

 

Es stand ja vor einer Weile, als mehrere Objekte gleichzeitig fertig wurden, die Frage im Raum, ob es nicht plötzlich viel zu viel Wohnraum gibt. Offenbar bleiben aber etliche nicht sanierte Wohnungen leer, das Mietrecht scheint für Vermieter eine Hürde zu sein.

Stephan: Für diejenigen, die es sich leisten können.

Axel Westermair: Das ist aus meiner Sicht das Hauptproblem, das Schrobenhausen hat: Fakt ist, dass wir im Stadtgebiet 300 bis 400 freie Bauplätze haben. Es stimmt also nicht, dass wir in Schrobenhausen keine Bauplätze haben. Nur: Sie stehen dem Markt nicht zur Verfügung.

 

Das Thema ist aber alt: Schon in der Ära Bürgermeister Höllbauer stand vor 20 Jahren im Raum, dass die Stadt ein großes Infrastrukturproblem bekäme, würden alle verfügbaren Baurechte plötzlich realisiert.

Stephan: Das ist bis heute so, wahrscheinlich sogar in verschärfter Form.

 

Was halten Sie denn von dieser Art der Baulandentwicklung, wie sie viele Kommunen betreiben, etwa auch Karlshuld, die sagen: Neues Bauland gibt es nur, wenn es zu 100 Prozent im Eigentum der Kommune ist. Diese Gemeinden diktieren dadurch den Einstandspreis. Schrobenhausen ist ja jetzt ein teures Pflaster – ist das für Sie eine politische Alternative?

Stephan: So einfach ist das nicht. Wir haben ja Baugebiete, bei denen ewig nichts weitergeht, in Edelshausen und Sandizell, und wir haben die Rechnung aufgemacht und die Projekte durchkalkuliert. Am Ende werden sie nicht billiger, wenn wir das selber machen, im Gegenteil.

Westermair: Unser Verkaufspreis setzt sich zusammen aus Einkaufspreis plus Erschließungskosten plus Vermessungskosten plus Notarkosten plus Vorfinanzierungskosten.

 

Und damit wären Sie teurer als der Markt, weil Sie bei den Planungskosten wieder an die Abrechnung nach der Vergabeverordnung gebunden sind?

Westermair: Es könnte ein Vorteil eines Kommunalunternehmens sein, dass es ein paar Prozent billiger wäre, weil es nicht an die Vergabeverordnung gebunden ist. Im Endbetrag macht sich das nur marginal bemerkbar.

Stephan: Und wenn wir es durchziehen, haben wir als Stadt das Risiko, dass wir Grundstücke womöglich nicht abverkaufen können.

 

Nun ist es aber wohl so, dass die Gemeinden um Schrobenhausen herum von den Zuzugseffekten durch die MBDA stärker profitiert haben als die Stadt, weil sie nicht genug anzubieten hatte.

Stephan: Das ist eine These, bewiesen ist sie nicht. Wenn es so wäre, dann wäre es natürlich ärgerlich, allein schon, weil uns dadurch ein Batzen an Einkommensteuerzahlungen verloren gegangen wäre. Wir haben in der Vergangenheit aber viel getan, Infoveranstaltungen, Flyer, um ein Ansiedlungsklima zu schaffen. Möglich, dass nicht ausreichend Bauland verfügbar war – meine Position dazu war dennoch immer: Das soll der Markt regeln.

 

Sieht das der Stadtbaumeister auch so? Darf er dazu eine andere Meinung haben?

Stephan: Natürlich darf er das.

Westermair: Ich kann die Position des Bürgermeisters verstehen, sehe aber eine Gefahr darin: Wenn wir das Ganze dem Markt überlassen, dann diktiert uns der freie Markt letztlich, wie unsere städtebauliche Entwicklung aussehen soll. Wir machen uns also in gewisser Weise abhängig.

 

Können Sie mit diesem Argument etwas anfangen, Herr Stephan?

Stephan: Ich kann das natürlich nachvollziehen. Bisher lief es ja so: Es kommt ein Bauträger, der sagt, er habe hier ein Stückchen Erde, und die Stadt möge es passend machen. Ich habe mir dieses Argument durch den Kopf gehen lassen. Und heute sage ich: Wenn das in der Vergangenheit schlecht gelaufen ist, dann machen wir es künftig besser.

 

Und damit wächst auch Ihre Bereitschaft, dass sich die Stadt selbst stärker auf diesem Gebiet engagiert als bisher?

Stephan: Ja, das ist so. In der Stadtratsklausur vor zwei Wochen habe ich das auch noch einmal bekundet: Ich bin natürlich bereit, meine Denke dazu zu ändern, wenn es der Mehrheitswille im Stadtrat ist. Was jetzt offen ist: Machen wir das in Form eines Kommunalunternehmens? Dann brauchen wir aber die entsprechenden Leute an der Spitze, die das für vernünftiges Geld machen. Oder wir machen es selber, also der Bürgermeister, das Bauamt. Diese Entscheidung muss jetzt fallen.

 

Was ist mit dem Pfaffenhofener Modell mit einer eigenen GmbH?

Stephan: Das haben wir haarklein untersuchen lassen. Unter Berücksichtigung verschiedener steuerlicher Argumente ist am Ende das Kommunalunternehmen als für uns günstigste Form auserkoren worden. Es stehen jetzt zwei Fragen im Raum: Neues Kommunalunternehmen – oder der Bürgermeister macht es mit der Verwaltung. Und das hätte natürlich auch für mich persönlich Konsequenzen – die Stadt und auch meine Person würde am Erfolg gemessen, ich müsste mir für diesen Bereich Zeit freischaufeln, und das ist nicht einfach. Aber wenn es die Stadtverwaltung machen soll, dann gehe ich auch in die Verantwortung, dass bei Grundstücksverhandlungen etwas herauskommt.

 

Das ist eine echte Trendwende.

Stephan: Wobei man ganz klar sehen muss, dass wir am Anfang einer Entwicklung stehen. Da wird nicht viel von heute auf morgen passieren, das ist ein langer Prozess.

Westermair: Und die Frage ist, wer die Akteure sein sollen. Wenn wir von einem Kommunalunternehmen reden, müssen wir entscheiden, wer am Markt in Erscheinung tritt.

Stephan: Auch die Frage, ob wir das bestehende Kommunalunternehmen aufbohren, ist vom Tisch. Thomas Schneider als Geschäftsführer der Stadtwerke hat klar signalisiert, dass man sich nicht verzetteln sollte.

 

Wie geht es also weiter?

Stephan: Wir können uns Ziele setzen, aber vor allem müssen wir die richtigen Leute finden. Die Satzung für das Kommunalunternehmen ist fertig, das ist sozusagen ein Knopfdruck, dann steht das. Ich tu mich schwer zu sagen, dass wir die Personalfrage bis Weihnachten oder bis Ostern lösen können. Die andere Sache ist: Wenn die Politik sagt, dass der Bürgermeister sich mit seinem Bauamt beweisen soll, dann können wir im Prinzip sofort anschieben. Das wird, wie gesagt, nächste Woche Thema einer Fraktionssprecherrunde sein.

 

Das Gespräch führte

Mathias Petry