Schrobenhausen
Es wird noch dauern

Thema im Stadtrat: Bis zur Realisierung des Hochwasserschutzes können noch Jahre vergehen

23.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

Wenn das Hochwasser in Schrobenhausen kommt, dann muss es schnell gehen. Die Rettungskräfte werden wohl noch einige Jahre gefordert sein, ehe der technische Hochwasserschutz greift - Foto: Archiv

Schrobenhausen (SZ) Die Idee war: Lasst uns die neuen Stadträte auf den aktuellen Stand bringen. Beim Hochwasserschutz macht das Sinn, wie die Sitzung am Dienstagabend belegte: Denn das Thema wird den Stadtrat wohl noch viele Jahre begleiten.

Wirklich Neues gab es eigentlich nicht, aber bei der Debatte um die einzelnen Brennpunkte kristallisierten sich die Knackpunkte dann doch weiter heraus.

Planer Bernhard Vogt vom Büro Blasy & Overland stellte den geplanten technischen Hochwasserschutz für Schrobenhausen noch einmal vor, vom Goachat, durch die Stadt bis zur Einmündung der Weilach in die Paar, dann an Mühlried vorbei und schließlich hinaus in die Paarauen. Zehn Millionen Euro wird das Paket locker kosten, ergänzte Helmut Rischer vom Bauamt. Dafür gibt es dies: „Wir bringen einen Wasserfluss von 83 Kubikmetern pro Sekunde durch die Stadt“, sagte er – schadlos. Das 100-jährige Hochwasser liegt zurzeit bei 72 Kubikmeter.

Vogt vergaß nicht, das Engagement der Hochwasser-Bürgerinitiative zu loben; ein Rückstaubecken könne jetzt eingespart werden, betonte er zum wiederholten Male, weil durch das Aufstauen der alten Paar vor der Stadt 47 000 Kubik zurückgehalten werden können.

Klingt nach viel, ist es aber eigentlich nicht. „Es war doch mal die Rede davon, drei Millionen Kubikmeter im Goachat zurückhalten zu können“, rief Rudi Koppold (FW) denn auch in Erinnerung. Das sei möglich, aber kostenintensiv, sagte Vogt, und aus naturschutzfachlichen Gründen sei auch nicht mehr drin. „Es geht nicht um die Vernässung, sondern um die biologische Durchlässigkeit, damit sich alles, was kreucht und fleucht in jeder Richtung bewegen kann“, ergänzte Bürgermeister Karlheinz Stephan, als Andy Vogl (CSU) nachhakte.

Auch Rudi Koppold ließ nicht locker. Was denn wäre, wenn man statt 47 000 eine halbe Million Kubikmeter im Goachat stauen würde, fragte er. Vogt antwortete, dass die Hochwassermauern in der Stadt dann rund 40 Zentimeter niedriger werden würden. Das große Hochwasserrückhaltebecken vor der Stadt, das dafür nötig würde, habe aber einen Haken: „Bei so einer kleinräumigen Besitzstruktur wie im Goachat ist das allein vom Grunderwerb her nicht möglich.“ Er sei da ein gebranntes Kind, sagte er, und plauderte, nach einigem Herumdrucksen, schließlich aus dem Nähkästchen: Er erlebe so ein Verfahren seit zehn Jahren in Thierhaupten. Noch immer seien nicht alle privatrechtliche Verfahren abgeschlossen.

Und Jakob Mahl (proSob) rechnete vor, dass ein Drei-Millionen-Kubik-Becken beim 100-jährigen Hochwasser in einem halben Tag vollgelaufen sei, „dann können wir’s auch lassen!“

Josef Soier (CSU) kramte bei der Gelegenheit ein ganz alte Variante hervor: „Ich habe ja schon vor 20 Jahren einen Deich mit einer Straße drauf vor der Stadt vorgeschlagen“, erinnerte er und wollte wissen, ob das eigentlich noch einmal geprüft worden sei. „Nicht explizit“, erwiderte Vogt. Seiner Ansicht nach aber würden sich Straße und Damm „eher nicht positiv auf den Hochwasserschutz auswirken“. Holger Pharion vom Wasserwirtschaftsamt erinnerte dann noch daran, dass das alles schon untersucht worden sei, „das ergab damals keine Verträglichkeit“. Jakob Mahl wusste noch, dass das 1998 war. „Der Stadtrat hat damals einstimmig entschieden, in eine neue Richtung zu gehen“, ergänzte Stephan, der bei dieser Sitzung sehr entspannt und gelassen war.

Mahl brach dann auch noch eine Lanze für den technischen Hochwasserschutz: Wer sich dafür interessiere, möge sich solche Mauerbauwerke einmal in Geisenfeld ansehen. „Die sind inzwischen sehr schön eingewachsen.“ Er hoffe, „dass wir endlich in die Gänge kommen.“

Inwieweit denn an die Weilach gedacht wurde, wollte Franz Mühlpointner (BVS) wissen. „Dass Hochwassergefahr sowohl von der Paar als auch von der Weilach ausgeht – das haben wir erst letztes Jahr gesehen“, erwiderte Vogt, Gefahr also erkannt. Dass flexibler Hochwasserschutz in Schrobenhausen nicht funktioniere, habe man erst diesen Montag wieder sehen können: Der Paarpegel stieg binnen Stunden von einem auf zweieinhalb Meter an, sagte er.

Stefan Eikam (SPD) fragte, ob denn die Spielwiese am Freibad samt Bolz- und Beachvolleyballplatz bei Hochwasser nicht zu schützen sei? Vogt musste das verneinen, der Retentionsraum werde gebraucht.

Blieb noch das Thema Stief’sche Festwiese. Die soll bekanntlich von einer Mauer zerschnitten werden und bei Hochwasser volllaufen, weil es bisher wohl keinen rechtlichen Grund gibt, sie zu schützen. Christian Spreitzer (proSob) sprach das Thema an, er wollte wissen, was denn wäre, wenn Martha Stief als Eigentümerin es sich noch anders überlegen würde? Jürgen Kögler vom Landratsamt beantwortete diese Frage: Es sei nicht so, dass der Eigentümer sich das heraussuchen könne. Vielmehr müsse es ein öffentliches Interesse geben, um die Flächen zu schützen; die Eigentümerin hätte beispielsweise festlegen können, dass das Gelände für eine bestimmte Zeit als Festplatz genutzt werden würde; sie wollte das aber nicht. So sei die Rechtslage eindeutig. „Sollte sich die Partei bewegen, kann man so oder so bauen“, sagte Kögler, aber wenn der Planfeststellungsbescheid erlassen wurde, dann sei das Thema durch.

Bis dahin dauert es aber wohl noch. Der Abwägungsprozess der Einwendungen zieht sich bis 2015. Sollte der Feststellungsbescheid beklagt werden, sei das Ende des Verfahrens nicht absehbar, sagte Kögler. Erst danach beginne der Grunderwerb – womöglich mit begleitenden Enteignungsverfahren.

Und die eigentliche Bauzeit? Das fragte Beppo Plöckl (CSU) an. „Der Bau dauert hoffentlich nicht so lange wie die Planung“, scherzte Bernhard Vogl, dann wurde er wieder ernst: In zwei, drei Jahren seien die Baumaßnahmen zu realisieren.