Schrobenhausen
Eine Marionette namens Franz Josef

Die Geschichte einer außergewöhnlichen Figur

02.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Mag einfach nicht die Klappe halten: Marionette Franz Josef in Josef Plöckls Keller. - Foto: De Pascale

Schrobenhausen (SZ) Über den echten Franz Josef Strauß würde er das nie sagen: Dass er die Klappe halten soll. Dass er völlig verdreht sei. Dass er ihn erst mal gangbar machen müsse. Josef Plöckl, Schrobenhausener Spargelfunktionär und ehemaliger, langjähriger Bürgermeister der Stadt, sagt so etwas nur über seine Marionette, über eine ganz besondere: die Franz-Josef-Strauß-Marionette.

Optisch ist der einstige Bayerische Ministerpräsident ziemlich gut getroffen: breiter Kopf, schwarzer Anzug, blau-weiße Rauten auf der Krawatte und ein – besonders, wenn er sich mal wieder in Rage geredet hatte – dunkelroter Teint.

Wenn es um das Thema Franz Josef Strauß geht, dann gerät der ehemalige Schrobenhausener Bürgermeister in Nullkommanichts ins Schwelgen von Erinnerungen. Ein „absoluter Strauß-Fan“ sei er, gibt Plöckl unumwunden zu. Auch heute noch, Jahre nach Strauß' Tod. „Er hatte seinerzeit auch eine gute Mannschaft im Landtag beieinander“, findet Plöckl. Alle Jahre wieder habe er Strauß in der Staatskanzlei getroffen, wenn er mal wieder in Sachen Spargel unterwegs war. „Ich musste aufpassen, dass Strauß nicht mehr über meine Heimat wusste als ich“, erzählt Plöckl, denn neben seinen „zwei Flüsterern“ habe Strauß auch ein „saugutes Gedächtnis“ besessen.

Und Plöckl erinnert sich noch an viele weitere schöne Erlebnisse. So etwa, wenn Strauß wieder mal begann, aus einem vorgefertigten Protokoll vorzulesen. „Der hat nur die ersten eineinhalb Seiten gelesen, dann ging’s über in die freie Rede.“ Und Plöckl kommt auch noch einer von Strauß' Sprüchen in den Sinn: „Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts“.

Jahrelang bekam Strauß' Double übrigens hautnah mit, was sich in Schrobenhausens Politik so alles abspielt. Denn die Marionette hatte ihren Stammplatz in Josef Plöckls Bürgermeisterbüro. Mit Auszug aus dem Rathaus vor zehn Jahren zog dann natürlich auch der Strauß mit aus. Seither hat er ein Plätzchen bei Plöckl daheim gefunden. Auch die Schärpe, die Plöckl einst von Strauß in der Kanzlei überreicht bekam – „Spargelkönig eh.“ steht darauf –, hat hier ihren Platz gefunden, feierlich über einem Bürgermeister-Wahlplakat Plöckls drapiert. In eine Ecke des Plakats hat Plöckl sogar Strauß' Sterbebildchen gesteckt.

Jener Tag im Oktober '88 ist Josef Plöckl ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Der Tag, an dem er in Holland unterwegs war, um Spargelpflanzen zu holen. „Da ist im Radio gekommen, dass Strauß verstorben ist“. Erschreckend sei das gewesen. Die Frage: „Wie soll’s ohne ihn weitergehn“, schoss ihm durch den Kopf. „Weil er so ein wichtiger Mann war. Ein Vordenker.“

Offensichtlich lässt Franz Josef Strauß Plöckl auch heute noch nicht los. Im Urlaub hatte er gleich zwei passende Bücher hergerichtet: „Macht und Missbrauch – Von Strauß bis Seehofer; Ein Insider packt aus“ und „Wahn und Willkür – Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt“.

Wie ist er eigentlich an die Marionette gekommen? Sie war ein Geburtstagsgeschenk, erzählt Plöckl, bevor er zum x-ten Mal probiert, Franz Josefs Klappe zu befestigen. Nichts zu machen. Dieser Franz Josef hat offenbar seinen eigenen Dickkopf – und das passt ja auch, irgendwie.