Königsmoos
"Mach nur das, was du kannst"

15.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Der Herr der Knöpfe: Der 22-jährige Bassist Fabian Müller aus Klingsmoos hat sich einen Traum erfüllt: Er hat sich ein Tonstudio gebaut – neben seiner Tätigkeit als Fertigungsleiter im elterlichen Betrieb. - Foto: kx

Königsmoos (myf) Viele kennen Fabian Müller (22) als Bassist der Band Escape. Jetzt hat er sich einen Traum erfüllt und sich ein Tonstudio gebaut. Der Name: Next Generation Soundwork. SZ-Reporter Florian Mayer sprach mit ihm.

Wie kamst du dazu, eine Ausbildung zum Tontechniker zu machen?

Müller: Als Zwölfjähriger habe ich in einer Band gespielt und war schon damals begeistert von der Technik. Den Tontechnikern habe ich oft über die Schulter gesehen und wollte wissen, wie ein Mischpult zu bedienen ist oder ein Hallgerät funktioniert. Mit meiner Band haben wir uns später beim Chef von MSG, Rüdiger Veith, vorgestellt. Während eines Telefonats kam über meinen Heimatort Klingsmoos die Verbindung über eine seiner früheren Bands zustande. Er lud uns dann nach München ein, dort entdeckte ich die Werbung für die Ausbildung zum Tontechniker. Zum damaligen Zeitpunkt fehlte mir der Elan, in die Firma meiner Eltern (Motorrad Müller, Anm.d. Red.) einzusteigen. Die Lehre zum Industrieschlosser war durch schlechte Umstände geprägt und somit eine harte Zeit, die ich dennoch erfolgreich abgeschlossen habe. Während ich ein dreiviertel Jahr in der Firma arbeitete, machte ich auch eine Ausbildung an der Technikerschule. Das wurde mir aber irgendwann zuviel. Zum Ausgleich beschäftigte ich mich zunehmend mit der Musik und so reifte auch der Entschluss heran, Tontechniker werden zu wollen.

Wie haben deine Eltern auf diesen Entschluss reagiert?

Müller: Zu Beginn skeptisch. Vor allem meine Mutter sah die Gefahr, sich finanziell zu übernehmen. Mittlerweile ist ihnen klar geworden, dass es mir ernst ist und sie freuen sich, dass ich meinen eigenen Weg gehe. Ihre Unterstützung hat mir die Ausbildung erst ermöglicht.

Wann kam es dann zu den ersten Studioaufnahmen?

Müller: Kaum, dass ich die Schule im vergangenen Jahr beendet hatte, war ich bereits mit der ersten Band im Studio. In Eichenau hatten wir zu zweit ein Studio gemietet und 14 Stunden täglich eine Band aus Ingolstadt gemischt. Bei 200 Euro Miete pro Tag lohnte sich das für uns aber nicht. Deshalb ist dabei geblieben. Zumindest vorerst.

Glaubst du, als Tonstudio in Klingsmoos bestehen zu können?

Müller: Davon leben können werde ich wohl nicht. Das wäre ein Glücksfall. Es reicht mir schon, dass ich mein Hobby zum Teil zum Beruf machen konnte. Das Studio betreibe ich neben meinem eigentlichen Beruf als Leiter der Fertigungsabteilung in der elterlichen Firma. Dass halbwegs gute Technik erschwinglich geworden ist, hat die Musikbranche verändert: Mittlerweile kann jede noch so kleine Band im Keller mit einem PC und ein paar Mikros ihre eigene CD aufnehmen. Natürlich ist der Qualitätsunterschied zu einer professionellen Studioaufnahme deutlich zu hören. Diese Qualität zu liefern ist mein Anspruch. Natürlich kann ich als Anfänger mit wenig Erfahrung im Vergleich zu einem gestandenen Tontechniker, meine Leistung auch nicht zu ähnlichen Preisen anbieten. Ein ähnliches Qualitätsniveau strebe ich aber dennoch an. Aber eben für die Masse.

Du arbeitest Vollzeit im elterlichen Betrieb. Wie verträgt sich das mit der sehr zeitintensiven Studioarbeit?

Müller: Ich habe immer noch meine Bandkollegen als Assistenten, die mich ablösen können, sobald alles für die Aufnahmen eingestellt ist. Sie zeigen großes Interesse und werden regelmäßig von mir geschult. Die Teamarbeit setzt sich also fort.

Bist du auch auf der Suche nach gelernten Tontechnikern?

Müller: Freischaffende Tontechniker könnte ich auf jeden Fall als Unterstützung gebrauchen. Wobei ich sagen muss, dass ich mich auf das Genre Pop, Rock bis Metal beschränke, weil ich diese Musik kenne. Meine Philosophie lautet: Mach nur das, was du auch kannst. Mit Anhängern anderer Stilrichtungen fehlt mir für eine Zusammenarbeit die gemeinsame musikalische Basis.

Stichwort Genre. Schrobenhausen gilt als Stadt mit einer hohen Banddichte. Sind bei dir auch Bands mit niedrigem Budget willkommen?

Müller: Auf jeden Fall! Musikförderung ist mir sehr wichtig. Ich habe selbst erlebt, wie schwierig es für eine junge Band ist, Fuß zu fassen.

Wie sieht deine Hilfestellung aus?

Müller: Bereits im Vorfeld hör ich mir die Band in ihrem Proberaum an und berate sie bei der Songauswahl. Es ist wichtig zu wissen, an welchem Song man noch üben muss, um im Studio effektiv arbeiten zu können. Viele junge Musiker gehen mit der Erwartung ins Studio, dass Songs, die beim Proben schon nicht funktionieren, im Studio auf einmal super klingen. Begrenzt ist das auch möglich. Wenn man sein Instrument aber nicht beherrscht, wird das letztendlich auch auf der Aufnahme zu hören sein.

Woher kommt diese Motivation zur Förderung junger Bands?

Müller: Musik sehe ich als Möglichkeit, Probleme zu bewältigen. Es gibt besseren Zeitvertreib, als sich hoffnungslos zu betrinken. In meinen Augen ist es wichtig, sich ernsthaft für etwas zu interessieren und sich damit zu beschäftigen. Und wenn ich die Musik nennen, meine ich nicht nur klassische Rockmusik mit Instrumenten. Ich denke auch an die vielen jungen DJs die zu Hause sitzen und Samples erstellen.

Siehst du dich in der Pflicht, die Jugendkultur zu fördern?

Müller: Zumindest will ich meinen Beitrag leisten. Gegen den Mangel an Perspektiven für viele Jugendliche kann ich persönlich zwar nichts ausrichten, ich kann aber eine sinnvolle Beschäftigung anbieten. Das ist ein Anfang.

In Schrobenhausen wird doch in dieser Richtung schon viel getan. Bandcontests zum Beispiel.

Müller: Bandcontests sind eine tolle Sache, es ist nur schade, dass meist bloß Fans der eigenen Band anreisen. Von außerhalb ist die Resonanz leider oft sehr gering. Die Besucheranzahl könnte man mit einem Headliner wie Emil Bulls oder anderen angesagten Bands nach oben treiben. Verglichen mit Neuburg besteht in Schrobenhausen eine sehr lebendige Musikszene und damit ein guter Nährboden für junge Bands. Ganz unschuldig daran ist der Umstand nicht, dass Flo Weber von den Sportfreunden Stiller hier seine ersten musikalischen Schritte gemacht hat. Die jungen Musiker sagen sich: Der stand auch mal da, wo wir jetzt stehen und hat es geschafft. Das können wir vielleicht auch erreichen.