Hohenwart
Seltene Pollensammler gesichtet

Bienenexperte Erwin Scheuchl: "Der Windsberg ist ein einzigartiges Biotop"

19.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Ein Malven-Langhornbienen-Weibchen beim Pollensammeln am Windsberg. - Foto: Peter Bernhart

Hohenwart (SZ) Sage und schreibe 76 Wildbienen und Hummelarten konnte der Experte Erwin Scheuchl in diesem Sommer am Windsberg bei Freinhausen bestimmen. Seiner Meinung nach ist das Biotop mit seiner Artenvielfalt einmalig in Deutschland.

Zwei der seltensten Bienenarten gebe es nirgendwo sonst in Bayern, ist Scheuchl überzeugt. So ein Urteil freut die Bienenzähler, eine Gruppe des Bundes Naturschutz Reichertshofen ganz besonders. Sie beobachten seit acht Jahren die vom Aussterben stark bedrohte Malven-Langhornbiene (Eucera macroglossa, bei Scheuchl Tetralonia malvae).

Zu ihrem Schutz wurden die Rosa Malven zum dritten Mal in Folge frühzeitig mit Stangen markiert, um das versehentliche Abmähen zu vermeiden. Die Biene benötigt diese Pflanze dringend. Nur bei ihr allein findet sie Nektar ("Flugbenzin") und Pollen als Nahrungsvorrat für die Larven, die sich in Erdlöchern entwickeln.

Anfang Juli konnte Scheuchl nach eigenen Angaben ein sensationelles Schauspiel beobachten: Hunderte von Malven-Bienenmännchen fielen über die frisch aus den Nistlöchern schlüpfenden Weibchen her. Scheuchl nennt das Paarungskugeln. Diese Unmengen von Bienen, die er auch filmen konnte, können natürlich nicht in die Statistik der Bienenzähler aufgenommen werden.

Die Bienenzähler entdeckten an 23 Beobachtungstagen von Ende Juni bis Mitte August knapp 400 Männchen und Weibchen, etwas weniger, als im Rekordjahr 2016. Scheuchl kartierte das Terrain im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Pfaffenhofen. Anlass dafür ist das Projekt "Paartaler Sanddünen".

Lediglich am Windsberg lebt und nistet noch die Ochsenzungen-Sandbiene (Andrena nasuta). Wie die Malven-Langhornbiene besucht sie eine einzige Blütenart, von der sie ihren Namen hat. Die Bienenzähler müssen beraten, ob sie diese im kommenden Frühling und Sommer beobachten wollen. Sie fliegt von Mai bis Juni und gilt wie die Malven-Langhornbiene, als stark gefährdet und steht auf der Roten Liste bedrohter Tierarten. Als weitere seltene Kandidaten wünschte sich Scheuchl noch den Schutz für die Wicken-Langhornbiene und eine Kuckucksbienenart, die Leistenkopf-Blutbiene.

Die Malven-Langhornbiene war bis vor Kurzem noch an drei anderen Orten in Deutschland nachgewiesen worden - am Kaiserstuhl und am Griesheimer Sand bei Darmstadt. Der dritte Lebensraum ist der Kyffhäuser in Thüringen. Von dort gab es seit 1994 keine Beobachtungen mehr. Deshalb reiste Peter Bernhart vom Bund Naturschutz im Juli dort hin und konnte mit Unterstützung der dortigen Unteren Naturschutzbehörde mehrere Exemplare finden und fotografieren. Aufgrund seiner Kontakte wurde die Malven-Langhornbiene in diesem Sommer also an vier Standorten nachgewiesen.

Wie geht es nun weiter? Diese Orte sind Hunderte von Kilometern voneinander entfernt. Eine Vernetzung des genetischen Materials gibt es also schon lange nicht mehr. Ohne Gen-Austausch besteht die Gefahr des Aussterbens weiter. Wo der Mensch hilft, kann er vielleicht das endgültige Aus dieser seltenen Tiere hinauszögern.