Aichach
Der harte Job im Blitzlicht

Bettina Müller verdient als international tätiges Model ihren Lebensunterhalt Ihr Erfolgsrezept: sich selbst akzeptieren und Grenzen stecken

29.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:51 Uhr

Bettina Müller lässt sich unter anderem für Mode-Kataloge fotografieren und dreht Werbekampagnen. - Foto: Julia Jansevan Vuuren

Aichach (SZ) Für sie ist es ein ganz normaler Nebenjob - um den sie aber wahrscheinlich tausende Frauen beneiden. "Man ist nicht immer die Diva, die Prinzessin", stellt Bettina Müller aus Oberschneitbach klar. Die 25-Jährige arbeitet als Model. Sie reist um die Welt, um sich fotografieren zu lassen oder Werbespots zu drehen. Und kehrt regelmäßig in ihre Heimatstadt Aichach zurück. Wer Models generell für selbstverliebt, überheblich und arrogant hält, wird durch die Oberschneitbacherin eines Besseren belehrt. Die 25-Jährige geht mit einer gesunden Lebenseinstellung ihrem Job nach: Nicht durch ausgefahrene Ellenbogen kommt man weiter, sondern wenn man sich selbst treu bleibt und hinter dem steht, was man tut. "Man muss sich selbst lieben, was aber nichts mit Selbstverliebtheit zu tun hat", bringt sie auf den Punkt.

Der Alltag eines Models, als Laie stellt man ihn sich wohl so vor: Zwischen Fotoshootings und Werbeaufnahmen treiben die Frauen ununterbrochen Sport und essen kaum etwas, um nicht zuzunehmen. Natürlich müsse sie ihre Haut, ihre Haare, Nägel und auch ihre Figur pflegen, erklärt Bettina Müller. "Man muss schon ein bisschen was investieren." Und dennoch gehe es beim Modeln nicht nur um das Aussehen, für die Kunden zähle auch die Ausstrahlung und Professionalität des Models. Mit 17 Jahren fing sie mit dem Modeln an, damals hat sie sich noch keine Gedanken um Ernährung und Sport gemacht, berichtet sie. Doch je größer und internationaler die Jobs wurden, desto wichtiger war es auch, die Erwartungen der Kunden zu erfüllen.

Bettina Müller macht regelmäßig Sport, sie ernährt sich vegetarisch und trinkt keinen Alkohol. "Aber es geht darum, auf sich aufzupassen, um ein fittes und gesundes Leben zu führen, nicht nur wegen des Jobs", erklärt sie. Also darf es auch mal ein Eis oder Kuchen sein, eben in Maßen. "Das ist Luxus für mich, ich mag Essen und gehe gerne in Restaurants. Das ist Lebensfreude."

Ebenso dürfe man nicht dem Irrglauben verfallen, man müsse gewisse Erwartungen erfüllen oder ein bestimmtes Bild abgeben. "Auch ein Model muss privat nicht immer perfekt gestylt sein und nur die besten Klamotten tragen. Ich darf auch mal einen Pickel haben", gibt Bettina Müller zu verstehen. Seit ihrem 16. Lebensjahr ist sie finanziell unabhängig von ihren Eltern. Zuerst hat sie Zeitungen ausgetragen, dann als Barkeeperin gearbeitet. Nach dem Ende dieser Jobs machte sie sich auf die Suche nach einer neuen Nebentätigkeit - und ihre Mutter schlug ihr vor zu modeln. Mittlerweile bekommt sie Gagen bis zu 3000 Euro am Tag.

An eine Karriere als Model hat die heute 25-Jährige früher allerdings nicht geglaubt, mit 1,72 Metern Größe hielt sie sich für zu klein für diesen Job. Auf der Suche nach einer Agentur hagelte es deshalb auch erst einmal Absagen. Klee Models in Neubiberg bei München gab ihr schließlich eine Chance. An einer Agentur führt kein Weg vorbei, wenn man den Job professionell betreiben will, weiß Müller heute. Um ihr eigener Chef bleiben zu können, hat sich die 25-Jährige dazu entschieden, nicht nur bei einer Modelagentur unter Vertrag zu gehen und alle Buchungen über diese laufen zu lassen, sondern verschiedene Agenturen zu beauftragen, unter anderem auch in Hamburg, London, Kapstadt und Amsterdam. Ob sie einen Job annimmt oder nicht, bestimmt sie selbst. Und es gibt für sie klare Grenzen: Sie würde nie ein männliches Model richtig küssen für Aufnahmen, da sie in festen Händen ist. Sie ist mit dem südafrikanischen Model Michael Anderson liiert.

Ein weiteres No- Go: Shootings an Weihnachten, denn diese Zeit verbringt sie mit ihrer Familie. Mittlerweile macht die 25-Jährige auch Aufnahmen als Unterwäschemodel. "Bei solchen Anfragen schaue ich mir den Job und den Fotografen aber sehr genau an. Ich möchte nicht, dass es billig aussieht", macht Bettina Müller deutlich. Aufgrund ihrer Größe wird sie seltener für Laufstegjobs gebucht, dort gilt eine Mindestgröße von 1,76 Metern. Mittlerweile wird sie allerdings im kommerziellen Bereich, also etwa in der Werbung, international gebucht, ist auf Werbeplakaten, in Katalogen oder im TV in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich oder Südafrika zu sehen. Sie hat sich unter anderem für Otto, Mephisto, Planet Sports, HSE 24, Aldi, Lidl, Samsung, Mc Donald's, Tom Tom oder Kare ablichten lassen.

Was sich nach der Erfüllung eines Frauentraums anhört, hat sich die 25-Jährige allerdings jahrelang aufgebaut. "Bei meinem ersten Shooting war ich ultranervös", erinnert sie sich. Es fand in Salzburg statt, für die Nintendo-Spielkonsole Wii. Ihre Mutter begleitete sie zum ersten Auftrag. Mittlerweile hat sich Bettina Müller viele Posen antrainiert, weiß nun, wie man als Sportskanone, als Familienmutter oder Partnerin auf einem Bild wirken sollte. Es ist ein harter Job. Im Schnitt zehn Buchungen im Monat, immer unterwegs in der Bahn, im Bus oder im Flieger, oft schon am Vortag des Auftrags. Dann zwischen acht und zwölf Stunden lang Shootings und nicht selten danach gleich weiter zum nächsten Job. Dazwischen studiert Bettina Müller Gymnasiallehramt in München, wo sie mittlerweile auch wohnt, muss für Klausuren lernen und Arbeiten schreiben.

Das Modelbusiness hat also zwei Seiten: "Manche Termine sind sehr pragmatisch, manche Shootings sehr glamourös. Das kommt aber eher selten vor", stellt Müller fest. Als Model wird sie auch auf Partys eingeladen, zu denen man als Normalsterblicher nicht kommt und trifft dort schon mal Promis wie Oliver Pocher oder Rebecca Mir. Man lerne tolle Menschen kennen, aber es werde einem schnell klar, dass Berühmtheiten auch nur "normale Leute" seien. Angehenden Models rät sie, aufzupassen, nicht abzuheben, immer bodenständig zu bleiben. Bei all dieser Aufmerksamkeit und dem Augenmerk auf das Aussehen haben auch sie anfangs manchmal Selbstzweifel geplagt. "Warum habe ausgerechnet ich diesen Job bekommen, bin ich gut genug", habe sie sich manchmal gefragt, erzählt Bettina Müller. "Man darf sich nicht ständig mit anderen vergleichen, man muss sich einfach annehmen, wie man ist", hat sie für sich erkannt. Das Resultat: "Ich fühle mich sauwohl in meiner Haut."