160 Jahre im Dienst der Leser

21.05.2008 | Stand 03.12.2020, 5:54 Uhr

Der Abbruch des alten Schrobenhausener Rathauses war im November 1967 Thema einer umfangreichen Berichterstattung.? Repro: Direktor

Die Schrobenhausener Zeitung wird heuer 160 Jahre alt. Der Schrobenhausener Stadtarchivar Max Direktor hat die Geschichte der Tageszeitung, die als Wochenblatt in Schrobenhausen begann, nachgezeichnet.

Ganze 45 Einzeichnungen – das war das Ergebnis der ersten Abonnentenwerbung, die der Schrobenhausener Lithograf Johann Hickl ab 16. Dezember 1847 in Schrobenhausen veranstaltete. Wenige Tage vorher war ihm durch Regierungsentschließung die Herausgabe eines Wochenblatts genehmigt worden. Schon am 1. Januar 1848 war es so weit: Unter dem Titel "Wochenblatt der königlich bayerischen Stadt Schrobenhausen" erschien die erste Nummer einer Zeitung, die nun auf ihr 160-jähriges Bestehen zurückblicken kann.

Dass ein Blatt mit so wenigen Abonnenten überhaupt an den Start gehen konnte, hatte mit der Hauptaufgabe dieses Wochenblatts zu tun: es war nämlich vor allem auch Amtsblatt für das Landgericht Schrobenhausen, das damals nicht nur für die Rechtsprechung zuständig war, sondern viele Verwaltungsaufgaben hatte, die heute eigenständige staatliche Behörden ausüben. Bekanntmachungen und Rundschreiben mussten bis dahin entweder vielfach handschriftlich kopiert oder im Steindruckverfahren vervielfältigt werden. So finden wir denn auch jeweils auf den ersten beiden Seiten des neu gegründeten Wochenblatts ausschließlich amtliche Bekanntmachungen, die von der Zeitung als Anzeige gewertet wurden und bezahlt werden mussten.

Daneben finden wir in der wöchentlich einmal im Quartformat erscheinenden, nur vier Seiten umfassenden Zeitung Berichte für die Landwirtschaft, zur Unterhaltung Anekdoten und Rätsel, die aktuellen Schrannen- und Viktualienpreise, zunächst aber wenig Berichte über lokale Ereignisse. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Stadt Schrobenhausen sich um das Jahr 1850 gerade erst anschickte, die Marke von 2000 Einwohnern zu überschreiten und die meisten Neuigkeiten wohl noch durch Mundpropaganda verbreitet wurden. Im Laufe der Jahre nehmen Artikel über lokale Ereignisse zu, wir finden immer mehr Anzeigen, das Format wird größer, das Schrobenhausener Wochenblatt erscheint schließlich zwei-, dann dreimal pro Woche. Zunächst ohne Konkurrenz, muss es sich später über drei Jahrzehnte lang gegenüber weiteren Schrobenhausener Lokalzeitungen behaupten: zunächst gegen den von Franz Filsermayr von 1899 bis 1923 herausgegebenen "Allgemeinen Anzeiger für den Amtsbezirk Schrobenhausen", dann von 1923 bis 1934 gegenüber der "Schrobenhausener Zeitung", damals eine Nebenausgabe des Aichacher Kuriers mit eigenständigem Lokalteil.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde jede kritische Berichterstattung unterbunden. Im Oktober 1933 verkaufte der langjährige Herausgeber des Schrobenhausener Wochenblatts Ludwig Hickl seine Druckerei und die Verlagsrechte an den aus Niederbayern stammenden Engelbert Rieder. Im Jahr 1934 wurde das Schrobenhausener Wochenblatt in "Schrobenhausener Anzeiger" umbenannt. Unter diesem Titel erschien die Zeitung bis Kriegsende, seit 1937 als Tageszeitung.

Nach dem Einmarsch der Amerikaner musste der Schrobenhausener Anzeiger sein Erscheinen einstellen. Ziel der amerikanischen Pressepolitik war es, Zeitungen nur in größeren Städten und nur für ein größeres Verbreitungsgebiet wieder zuzulassen. Für die Region Ingolstadt und damit auch für den damaligen Landkreis Schrobenhausen konnte am 11. Dezember 1945 der "Donau-Kurier" seine erste Ausgabe herausbringen – aufgrund der von den Amerikanern erteilten Presselizenz Nummer 10. Lizenziat und Herausgeber war zunächst Joseph Lackas. Ab 1949 war Dr. Wilhelm Reissmüller Mitherausgeber, ab 1951 Alleinherausgeber des Donaukurier.

Als im Sommer 1949 die amerikanische Militärregierung den Lizenzierungszwang aufhob, versuchten viele Altverleger, wieder ins Geschäft zu kommen. So erschien ab 1. August 1949 – im Verlag von Engelbert Rieder jun. – neben und in Konkurrenz zum Donaukurier – die "Schrobenhausener Zeitung". Doch war der Markt für zwei Zeitungen auf Dauer wohl zu klein. So schloss Engelbert Rieder im Jahr 1951 mit dem Donaukurier einen Vertrag: Die Ingolstädter Zeitung war nun für den Mantelteil, Engelbert Rieder für den Schrobenhausener Lokalteil verantwortlich. Am 1. August 1993 verkaufte Engelbert Rieder seine Verlagsrechte an den Donaukurier. Seither erscheint die gesamte Zeitung unter der Verantwortung der in Ingolstadt beheimateten Zeitung.

Im Laufe der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde die Schrobenhausener Zeitung laufend ausgebaut, doch erst 1960 konnte sie wieder als Tageszeitung erscheinen. Die zunehmende Bedeutung der Presse sehen wir im Vergleich. So benötigt ein aktueller Jahrgang der Schrobenhausener Zeitung in gebundener Form etwa sechsmal soviel Regalfläche wie der gesamte Jahrgang 1950. Und eine aktuelle Wochenendausgabe bringt etwa das gleiche Papiergewicht auf die Waage wie ein ganzer Jahrgang aus den Anfangsjahren des Schrobenhausener Wochenblatts.