Wolnzach
Ein Beerenbier nach dem Reinheitsgebot

Vier neue Hopfensorten verleihen dem Gerstensaft fruchtige Aromen – und das ganz natürlich

20.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:42 Uhr

Die Nase tief hinein in die Hopfenprobe stecken die Fachleute bei den Bewertungen im Hopfenforschungsinstitut in Hüll bei Wolnzach. Dabei haben sie auch die besonderen vier Aromen erschmeckt, die nun als neue Sorten auf den Markt gebracht werden. - Foto: Trouboukis

Wolnzach (WZ) Sie duften nach Mandarinen oder Honig und sind ganz natürlich. Vier neue Hopfensorten hat das Forschungsinstitut in Hüll bei Wolnzach auf herausgebracht. Sorten, die die Brauindustrie revolutionieren könnten. Denn sie verleihen dem Bier fruchtige Aromen – bei Einhaltung des Reinheitsgebotes.

Anton Lutz ist Hopfenzüchter von Beruf. Ein richtiger Tüftler. Wenn es um das Erfinden neuer Sorten geht, dann probiert er aus, kreuzt die verschiedensten Stämme. Und irgendwann wird er dann fündig, irgendwann hat er sie dann entdeckt, die neue Sorte, die den Kunden interessieren könnte.

Gleich vier neue Zuchtstämme hat er mit seinem Team für das Hopfenforschungsinstitut in Hüll bei Wolnzach – übrigens das einzige dieser Art in ganz Deutschland – nun auf den Markt gebracht. Nicht irgendwelche Hopfen, sondern etwas bisher noch nicht Dagewesenes: Denn die neuen Zuchtstämme, die bislang lediglich durch unscheinbare Ziffernkombinationen gekennzeichnet sind, schmecken eindeutig anders: nach frischen Mandarinen, fruchtigen Beeren, Gletschereis oder süßen Honigmelonen.

Werden sie beim Brauen gezielt eingesetzt, so könnten bald Biere mit diesen Aromen in den Regalen stehen. Das Besondere dabei: Mit diesen Hopfen gebraute Biere entsprechen weiterhin dem gestrengen bayerischen Reinheitsgebot – im Gegensatz zu vielen Biermixgetränken, die jetzt schon verkauft werden.

Warum, das erklärt Bernhard Engelhard (kleines Foto). Er ist Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Hopfenforschung, die Träger der Hüller Hopfenforschung ist: „Wir reden hier von ganz natürlichen Hopfen, der lediglich diese besonderen Aromen hat.“ Eigentlich nichts Neues für ihn. Schließlich ist er ein Kenner, hat das Hüller Institut selbst bis zum vergangenen Jahr geleitet. „Unsere Züchter haben immer wieder Sorten hervorgebracht, die solch fruchtige Aromen hatten. Nur waren die in der Vergangenheit einfach nicht so gefragt.“

Das ist heute anders. Heute bieten viele Brauereien leichtere Biermischgetränke an oder setzen bewusst auf Fruchtaromen in ihren Suden. Allerdings fällt für diese Produkte das Reinheitsgebot, so bald andere Zutaten außer Hopfen, Malz, Hefe und Wasser in den Sudkessel kommen.

Aber eben nicht diesen neuen Sorten, denn: „Mit ihnen gebraute Biere enthalten keine Zusatzstoffe, weil der Geschmack nur vom Hopfen kommt“, erklärt Engelhard. Erste Sudversuche hat es schon gegeben, auch er selbst hat sich schon ein paar Gläschen eingeschenkt und mit eigenem Gaumen getestet, wie die neuen Hopfensorten im Bier schmecken. Sein Fazit: „Ich selbst habe keinen Favoriten, weil es ja auch auf die jeweilige Brautechnik ankommt, wie das Bier am Ende schmeckt.“ Aber: „Das Mandarinenbier, das ist schon recht frisch und fruchtig. So etwas könnte ich mir gut auch als Aperitiv oder als besonderes Bier für Damen oder jüngere Leute vorstellen.“

Das sei auch der Grund, warum die Hüller Hopfenforschung diese neuen vier Sorten mit den Geschmacksrichtungen Mandarine, Gletschereis, Stachelbeere und Honigmelone nun ganz neu auf dem Markt anbietet, erklärt Engelhard. Der Trend zu vielfältigen Geschmacksrichtungen im Bier komme aus den USA, wo die sogenannten Craft Brewers sogar schon Biere mit Namen wie „Hundefischkopf“ oder „Arroganter Bastard“ auf den Markt gebracht und damit ansehnliche Verkaufserfolge erzielt haben. „Wir wollen aber auf dem Boden bleiben und unseren Brauereien einfach nur die Möglichkeit anbieten, auch Biere mit anderen Geschmacksrichtungen zu brauen – nach dem Reinheitsgebot und mit gutem, bayerischen Hopfen“, so Engelhard.

Die Produktion der neuen Sorten beginnt mit dieser Ernte, erste kleine Mengen stehen schon für heuer zur Verfügung. „Damit die Brauereien testen können, wie sie damit klarkommen“, erklärt der Hopfenexperte.

Dass sie begeistert sein werden, davon geht er aus, aber: „Jede Brauerei braut nach anderen Rezepten und Techniken. Da wird eine Hopfensorte in jedem Bier anders schmecken. Man kann also gespannt sein.“