Pfaffenhofen
Bauen mit beiden Beinen auf dem Boden

Auf dem Weg zum bezahlbaren Eigenheim rät Rita Obereisenbuchner zu kleinen, flexiblen Häusern

26.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

−Foto: Ermert, Patrick

Pfaffenhofen (PK) Die Welt ist im Wandel - in vielen Bereichen, aber ganz sicher auf dem Wohnbausektor. Auf der Energie-für-alle-Woche erklärte Architektin Rita Obereisenbuchner ihre Ansicht, inwiefern Normalverdiener umdenken sollten, um sich künftig ein Eigenheim halbwegs leisten zu können.

Rita Obereisenbuchner (kleines Foto) scheute sich nicht, die aus Hochglanzmagazinen entstandenen Wohnträume platzen zu lassen. Sie tat es mit Zahlen. Der Bau eines Einfamilienhauses mit 150 bis 200 Quadratmetern Wohnfläche koste im Landkreis zwischen 500 000 und 600 000 Euro. "Das Grundstück nicht eingerechnet", sagte die Planerin am Mittwoch im Stockerhof. Insgesamt ergeben sich Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche von etwa 4200 Euro. Das Paradoxe daran: In Wohnblöcken kommt der Käufer nicht viel günstiger weg. "Da liegen wir bei 3900 Euro", so Obereisenbuchner.

Die Baukosten zu senken, ist schwierig. Obereisenbuchners Beispiele dazu: Auf Kunststoff, anstatt auf Holz-Alu-Rahmen bei Fenstern zu setzen, spare ebenso nur Bruchteile ein wie ein Laminatboden anstelle von Parkett. "Selbst zu weißeln spart 5000 Euro - und das bei einer Gesamtsumme von über 500 000 Euro", fügte sie an. Im Raum herrschte danach betretenes Schweigen. Kopfschütteln. Es nahm zu, als die Planerin anfügte, dass es aufgrund der energetischen und baurechtlichen Vorgaben, teurer werdender Baustoffe und Grundstücke sowie der hohen Nachfrage angesichts niedriger Zinsen kaum Aussicht gebe, dass die Kosten sinken könnten.

Ist günstiges Bauen also nicht mehr möglich? Diese Ausgangsfrage ihres Vortrags beantwortete Obereisenbuchner zwar mit einem offenen Nein. Sie ging danach aber nicht von der Bühne, sondern zeigte Wege zum Eigenheim in dieser neuen, teuren Bauwelt auf. Sie gab Tipps, wie es Deutsche schaffen könnten, ein bezahlbares Eigenheim zu erwerben. Dazu schlachtete Obereisenbuchner aber heilige Kühe - und kratzte an den Traumwelten, denen sich Bauherren gerne hingeben.

So seien es hübsch anzusehende, aber teure Sonderwünsche, die so manche Hausbauer nah an den Ruin treiben würden. Galerien im offenen Wohnzimmer bezeichnete Obereisenbuchner als ebenso überflüssige Preistreiber wie frei stehende Badewannen. "So entgleisen die Kosten. Da braucht es andere Ansätze", meinte sie. Ihre Stellschraube war die Größe der Häuser. Es könne nicht angehen, dass die Bewohner von Einfamilienhäusern in Deutschland im Schnitt pro Person auf 85 Quadratmetern leben würden. "Meistens wird übergroß geplant - und das ist nicht lebenspraktisch." So reiche für zwei Personen ein Haus mit einer Wohnfläche von 93 Quadratmetern. Diese Einfachheit erleichtere den Alltag. Und der freiwillige Verzicht aus Überzeugung helfe dem Geldbeutel. Baukosten zwischen 200 000 und 300 000 Euro würden damit realistisch. "Allerdings hat Bescheidenheit bei uns oft das Image des Provisorischen."

Obereisenbuchner brachte Beispiele. Sie zeigte Bilder kleiner Würfelhäuser, die auf reduziertem Raum alles Notwendige beinhalten. Die südamerikanischen Reihenhäuser, die im Grundgerüst gleich sind, von jedem Besitzer aber individuell ausgestaltet werden, muteten so manchem Zuhörer wohl (noch) seltsam an. Aber spätestens bei den Baugemeinschaften, die in Berlin oder München erfolgreich umgesetzt wurden, dämmerte es den Gästen, dass ein Weg zur Kostenreduzierung im Synergieeffekt einer Gemeinschaft liegen könnte. Voraussetzung sei die Hilfe der Kommune. Bis sich eine Gemeinschaft gefunden habe, vergehe Zeit. Diese nutze so mancher Bauträger, um dazwischenzufunken. "Es liegt an der Kommune, Areale auszuweisen, in denen solche Projekte möglich sind."

Allgemein rief sie Bauherren auf, ihre Vorhaben zu hinterfragen. Die Reduktion auf das Notwendige sei ein Instrument, um Kosten im Rahmen zu halten. Nicht jedes Haus müsse Zimmer für das Ehepaar, zwei Kinder, die Oma, ein Büro und fürs Hobby bereithalten - und dabei nicht veränderbar sein. "Ich bin ein Fan des flexiblen Bauens. WG-geeignet. Damit sich das Haus geänderten Lebensbedingungen anpassen lässt", sagte Obereisenbuchner. Es gehe nicht nur darum, sich Sehnsüchte zu erfüllen. "Man muss beim Bauen mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben."