Pfaffenhofen
"Ein Paukenschlag zur rechten Zeit"

Stimmen zum Führungswechsel an der Ilmtalklinik – und zu sechsstelligen Abfindungszahlungen

31.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:50 Uhr
Marco Woedl musste seinen Platz als Geschäftsführer der Ilmtalklinik räumen. −Foto: Foto: PK-Archiv

Pfaffenhofen (PK) Heute Abend treffen sich die Sprecher der Kreistagsfraktionen mit Landrat Martin Wolf (CSU) zu einer internen Sitzung. Einziges Thema: Die kriselnde Ilmtalklinik, deren Geschäftsführer Marco Woedl die Auflösung seines Vertrages angeboten hat – gegen eine sechsstellige Abfindung.


Fast so wie wenn nichts gewesen wäre: Marco Woedl arbeitete gestern in seinem Büro in der Ilmtalklinik. Besprechungen standen auf dem Programm – für unsere Zeitung war er freilich nicht zu sprechen. „Herr Woedl gibt dazu keinen Kommentar ab“, ließ er über sein Sekretariat ausrichten. Bis 15. August soll Woedl noch in der Klinik tätig sein, sagte Landrat Wolf. In diesem Zeitraum stünden keine strategischen Entscheidungen an, das Tagesgeschäft könne aber weitergehen. Nach dem Abgang Woedls soll eine hausinterne Vertretung seine Aufgaben übernehmen und möglichst noch vor dem 1. September will Wolf entweder eine Interimslösung oder – was ihm deutlich lieber wäre – gleich eine neue Geschäftsführung präsentieren. Ob er schon Kandidaten im Auge hat, das ließ sich Wolf nicht entlocken: „Wir führen intensive Gespräche, damit wir vor dem 1. September eine Lösung bekommen.“

Marco Woedl und die Ilmtalklinik – da sei schon seit einiger Zeit manches „nicht mehr glücklich gelaufen“, sagte gestern ein Klinik-Aufsichtsrat, der nicht namentlich genannt werden wollte. Nachdem vor Kurzem auch noch der Verdacht aufkam, Woedl könne dem Aufsichtsrat wichtige Teile des Konzepts einer Beratungsfirma zur Intensivstation vorenthalten haben, hätte die eh schon wackelige Vertrauensbasis nicht mehr für eine weitere Zusammenarbeit gereicht, erklärte der Aufsichtsrat und lobte die entschlossene Vorgehensweise von Landrat Wolf: „Er hat lange zugeschaut, aber jetzt das Problem mit einem Paukenschlag zur rechten Zeit erledigt.“

Er habe Marco Woedl am vergangenen Samstag zu einem Gespräch gebeten, um Lösungsmöglichkeiten zu erörtern, berichtete Martin Wolf. Im Rahmen dieses Gesprächs habe Woedl letztlich angeboten, den Weg für eine Neubesetzung der Geschäftsleitung freizumachen. „Dieses Angebot habe ich angenommen“, sagte Wolf. Am Dienstag kam dann der Aufsichtsrat zu dem Ergebnis, der Klinikallianz Mittelbayern, die in dieser Frage letztlich entscheidet, die Auflösung des Geschäftsführervertrags vorzuschlagen. Woedl war da schon nicht mehr dabei. „Wir haben vereinbart, das ohne ihn zu machen, weil wir nicht zurück, sondern nach vorne schauen wollen“, sagte Wolf.

Der Landrat betonte, dass der Aufsichtsrat keine Vorwürfe gegen den Noch-Geschäftsführer erhebe, die eine Amtsverletzung darstellen würden. Dementsprechend wäre auch keine fristlose Kündigung möglich: „Das ist wohl nicht drin.“ Theoretisch wäre es denkbar gewesen, dass Woedl als Stellvertreter seines Nachfolgers oder als Teilbereichsleiter ins zweite Glied zurück rücken würde. In seinem Vertrag hat er schließlich dem Vernehmen nach ein sogenanntes Rückkehrrecht. Doch Wolf sieht das als wenig praktikabel an: „Das wäre gegangen, wenn er zum Beispiel gesagt hätte, dass er sich dem Druck nicht mehr gewachsen fühlt.“ Eine weitere Möglichkeit zur Trennung ist der jetzt in Aussicht gestellte Auflösungsvertrag. Dass Woedl für seine Unterschrift unter einen solchen Vertrag nach Informationen aus Aufsichtsratskreisen rund 450 000 Euro bekommen soll, wollte Wolf weder bestätigen noch dementieren: „Wir haben uns von einem renommierten Arbeitsrechtler beraten lassen und der sagte, dass die Summe, die wir Woedl in Aussicht gestellt haben, in Ordnung ist.“ Alle drei angeführten Möglichkeiten würden bei einer Sondersitzung des Kreistages diskutiert, kündigte der Landrat an. Allerdings betont er auch, dass das Gremium nicht das allerletzte Wort hat. „Die Klinikallianz Mittelbayern kann uns überstimmen.“

Pfaffenhofens Bürgermeister und SPD-Kreisrat Thomas Herker gehört dem Aufsichtsrat nicht mehr an, hat sich aber nach seinem Rückzug in den vergangenen Tagen sehr kritisch zur Geschäftsführung und zum Aufsichtsgremium des Krankenhauses geäußert. „Wenn sich die Chance eröffnet, die Position des Geschäftsführers neu zu besetzen, dann begrüße ich das grundsätzlich“, sagte er gestern in einer ersten Reaktion. Sollte es freilich den Tatsachen entsprechen, „dass man sich den Abschied mit annähernd einer halben Million Euro erkaufen will, dann wäre das für mich bedenklich.“ Wichtig sei es jetzt, geeignete Kandidaten für die Nachfolge zu finden, die nicht nach Parteikriterien, sondern nach Kompetenz ausgesucht werden müssten. Eine neue Geschäftsführung müsse in der Lage sein, die verschiedenen Mitarbeitergruppen in der Klinik wieder zu einigen und das verlorene Vertrauen wieder herzustellen. Erster Schwerpunkt müsse sein, eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Dazu müsse das Defizit wieder auf ein Maß beschränkt werden, das von der Allgemeinheit getragen werden könne: „Man muss sich wohl von dem Gedanken verabschieden, dass solche Krankenhäuser ohne Defizit zu führen sind.“ Politisch betrachtet stelle sich für ihn die Frage, ob man nicht den Aufsichtsrat neu besetzen sollte, sagte Herker. „Denn trotz der dort versammelten Kompetenz von Altlandräten, Ex-Landräten oder stellvertretenden Landräten ist es doch nicht so gut gelaufen.“ Er könne sich vorstellen, dass man den Aufsichtsrat ähnlich wie den bei der Stadt geplanten Stiftungsbeirat strukturieren könne, „wo man die gewählten Politiker ein Stück weit weghält.“

Roland Dörfler, Pfaffenhofener Kreis- und Stadtrat der Grünen und Nachfolger von Herker im Aufsichtsrat, erlebte bei seiner Premiere beileibe keine Routinesitzung. Entsprechend beeindruckt zeigte sich Dörfler, der von einem guten Empfang im Kreis der Aufsichtsräte berichtete, über die intensive rund vierstündige Diskussion im Gremium. Trotz der Krise sei er positiv eingestellt, sagte Dörfler. „Wir müssen die Chance für einen Neuanfang nützen“, erklärte der Grünen-Politiker, der zudem Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist: „Ich sehe mich auch hier als Arbeitnehmervertreter und will eng mit dem Personal und dem Betriebsrat zusammenarbeiten. Denn nur wenn das Personal hinter den Entscheidungen seht, ist ein gelungener Neuanfang möglich. Das Personal und den Betriebsrat außen vor zu lassen, ist der größte Fehler, den man machen kann.“

Wortkarg zeigte sich ein prominenter Aufsichtsrat: Karsten Wettberg, der „König von Giesing“, der als Vertreter des Kreises Kelheim im Gremium sitzt. Wichtig sei es jetzt, „schnellstmöglich Ruhe reinzubringen“, sagte der langjährige Löwen-Trainer.