Pfaffenhofen
Wenn die Fäuste sprechen

Sketche, Solos und Gstanzl-Duelle: Stachelbären feiern furiose Starkbierfest-Premiere im Stockerhof

01.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Der Mülltrennungs-Sketch (von links Brigitte Moser, Claus Drexler und Michael Eberle) war ebenso ein Höhepunkt wie die Moserin als lebendig gewordene Maria auf der Stadtplatz-Säule.

Pfaffenhofen (PK) Schonungsloses Politkabarett haben die Stachelbären am Freitag mit ihrem Starkbierprogramm „Mir, Ihr und Bier“ bei der Premiere im Stockerhof geboten. Mit beißendem Spott und treffsicherer Ironie standen die Aufreger und Alltagsthemen der vergangenen Monate im Fokus.

Und davon gibt es einige. Von der Asylpolitik über den Hausgiebel des Landratsamtes bis zur Kleinen Landesgartenschau. Vom leer stehenden Parkhaus bis hin zur Mülltrennung. Scharfzüngig, pointiert und hintergründig präsentiert sich das Ensemble, mit originellen Ideen und erstmals mit einem Bühnenbild, das den Namen auch verdient. Mit einer Collage aus traditionsreichen Altbauten und klotziger Betonarchitektur. Über allen aber schwebt dominant der geplante Neubau auf der Ilminsel. Im Vordergrund steht der Sockel der Mariensäule, auf der, aus dem Dunkeln erscheinend, Brigitte Moser als Statue mit Sternenkranz hinter dem Haupt das Programm eröffnet.

Und die muss sich bald anhören, dass sie nicht mehr zeitgemäß ist. Denn an ihrer Stelle wäre Platz für vier Parkplätze. Das insbesondere, weil man gleich daneben ein leeres, weil zu teures Parkhaus gebaut hat, dessen zu enge Einfahrt man ohnehin nicht findet. Darüber schwadronieren Roland Andre, Michael Eberle, Volker Bergmeister und Claus Drexler im Verbund – und sind gleich mitten im Alltag der Zuhörer angelangt, die von Beginn an nicht mit Lachern sparen. Wie auch bei Claus Drexler als „Stadtwerker“ zur künftigen Landesgartenschau oder über den scheinbar vergessenen Kran in der Singer-Baustelle. Bereits traditionell ist der Stammtisch-Sketch mit Volker Bergmeister, der sich mit schwerer Zunge artikuliert, sowie Roland Andre und Michael Eberle – samt hintersinnigen Dialogen zum architektonischen „Oceanliner“ auf der Ilminsel. Eberle: „Das ist wie von Corbusier, das ist wie Bauhaus“. „Eher Parkhaus“, entgegnet Bergmeister. „So etwas steckt jeder Fünfjährige mit seinem Legokasten zusammen.“

Einen längeren Monolog widmet Bergmeister dem großen Gedöns um die Kleine Landesgartenschau. Die passe zum kleinen Landtagsabgeordneten Karl Straub, dem „vom Solarium gebräunten Sarotti-Mohr der CSU“. Den habe „die Haderthauer, die Mutter Theresa der Gefangenen“, anfangs an die Hand genommen und die habe er „in Nibelungentreue festgehalten“. Wie überhaupt die Politik großen Raum einnimmt im Kabarett-Programm der Stachelbären. Kritisch, bissig und schonungslos wie Michael Eberle, der sich über CSU-Stadtrat Martin Rohrmann und dessen Aussage über die Finanzpolitik der bunten Koalition in Rage redet – oder als komödiantischer Höhepunkt der Boxkampf zwischen dem „verbalen SPD-Wadlbeißer Markus, „The Great“ Käser alias Volker Bergmeister und Martin, „The Black Man“ Wolf, dem kein Giebel zu hoch und kein 10-H-Windrad zu weit weg sein kann, alias Michael Eberle. Der muss etliche Tiefschläge hinnehmen und zeigt im improvisierten Boxring keine großen Nehmerqualitäten. Das ist Realsatire mit schlagkräftigen Argumenten, die kein Fettnäpfchen im Verborgenen lassen. Aber auch einheimische Autoren werden respektlos durch den Kakao gezogen, von Kulturreferenten Steffen Kopetzky bis hin zu Reinhard Haiplik, der nun angeblich ein Buch plane mit dem Titel „Erotische Plätze in der Hallertau, von mir aufgesucht“. Nicht unerwähnt bleibt auch der Wolnzacher Gemeinderat Max Wallner für seine Affäre rund ums Fremdwaschen. Auch erfahren die Zuhörer, warum Scheyerns Bürgermeister Manfred Sterz beim Rasieren so manche Schnittwunde in Kauf nimmt. „Weil ein Spiegel in Scheyern gleichbedeutend mit politischem Selbstmord wäre. Natürlich in Anspielung auf die Spanneraffäre um seinen Vorgänger.

Stoff zum Nachdenken bietet Brigitte Moser, die von ihrer Mariensäule aus das Programm einrahmt und den roten Faden bildet. Über die Abschiebepraxis von Asylanten weiß sie ebenso zu berichten wie über die mögliche Reaktion der Pfaffenhofener, wenn die Moschee näher am Stadtinneren oder deren Minarett ein wenig höher gewesen wäre. Das mit dem Helene-Fischer-Double ist vielleicht nicht ganz ihr Ding. Dass sich deren größter Hit ohne Probleme in „Giebellos“ umtexten lässt, passt der Stachelbärin aber dafür bestens ins Konzept.

Volle Zustimmung des Publikums gab es beim Sketch über die Widrigkeiten der Mülltrennung, insbesondere des Gelben Sackes, und bei Andres Solo über die Verwendung des Thermomix in heimischen Küchen: zum Kochen von Suppen, Getreide mahlen, Brot backen, Bier brauen, Faxen, Scannen und und und. Bei Eberle wiederum wird Münchens viel diskutierter zweiter Konzertsaal zum Thema: als Klassik-Zelt auf dem Oktoberfest. Eine Alternative wäre eine Konzerthalle auf der Pfaffenhofener Rennbann nach dem Motto „Vom Ross zu Rossini“. Viele Lacher gab es auch bei der Persiflage auf Pfaffenhofens Zweiten Bürgermeister Albert Gürtner, bei dem das ganze Quintett ein mit viel verquerer Rhetorik gespicktes, furioses Finale abliefert. Am Ende natürlich, wie immer, das Gstanzl-Duell zwischen Claus Drexler und Michael Eberwein von den Dellnhauser Musikanten, die mit ihrer Hallertauer Volksmusik dem Starkbierfest ein unverwechselbares Gepräge geben. Fazit: Kabarett nach Holledauer Art mit Stachelbären in Bestform, hundsgemein und scharfzüngig. Prädikat erlebenswert.