Pfaffenhofen
"Nur gemacht, was unbedingt notwendig war"

11.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:21 Uhr
Auch Fundamente der Stadtpfarrkirche St. Johannes Baptist wurden bei den Ausgrabungen im vergangenen Jahr freigelegt. Die Archäologen (links im Bild Grabungstechniker Bernd Kriens) rechnen damit, dass bei der anstehenden Sanierung der Stadtpfarrkirche der komplette Friedhoffreigelegt werden muss. −Foto: Asbeck

Pfaffenhofen (iso) Zur Diskussion um die hohen Kosten der archäologischen Ausgrabungen auf dem oberen Hauptplatz melden sich jetzt die Archäologen zu Wort. Die Kosten müssten in Relation zur Größe des Grabungsfeldes und der Lage mitten in der Stadt inklusive Friedhof gesehen werden, heißt es.

Im Stadtrat hatte Bürgermeister Thomas Herker jüngst Versäumnisse der Verwaltung eingeräumt, weil die Stadträte nicht rechtzeitig über höheren Kosten der Ausgrabungen informiert wurden. Abgesegnet wurde im Stadtrat zunächst nur ein Betrag von 25 000 Euro – 50 Stunden à 25 Euro. Bis Ende 2009 wurden seitens der Archäologen aber bereits 100 000 Euro abgerechnet. Weitere Rechnungen folgen noch, so dass letztlich ein Betrag von circa 250 000 Euro im Raum steht. Angesichts des Gesamtvolumens der Baumaßnahme Oberer Hauptplatz (Straßenbau und Pflasterarbeiten) von rund 800 000 Euro eine gewaltige Summe.

Jedem Laien und erst Recht jedem Verantwortlichen hätte bei einer Baumaßnahme in der Größenordnung von 6000 Quadratmetern mitten in einer historischen Altstadt sofort klar sein müssen, dass ein Betrag von 25 000 Euro niemals für eine komplette archäologische Untersuchung reichen kann, findet Grabungstechniker Bernd Kriens deutliche Worte.

Kostentreiber Friedhof

Kriens war als einer der Grabungsleiter von der Ausgrabungsfirma ADV aus Hohenthann in Pfaffenhofen tätig. ADV-Grabungsleiter Roland Gläser, der insbesondere am Beginn der Grabungen eingebunden war, ergänzt, dass dieser kleine Betrag von 25 000 Euro nur für eine erste Sondierung des Grabungsfeldes vorgesehen war. "Man hätte mehr steuern können, wenn der Umfang der archäologischen Untersuchungen im Voraus klar gewesen wäre", sagt Gläser: "Wir haben nur das gemacht, was unbedingt notwendig ist. Und dies immer in enger Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege."

Um die Kosten nicht explodieren zu lassen, habe das Grabungsteam ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der ehemalige Friedhof auch zu einem späteren Zeitpunkt ausgegraben werden könnte, erklärt Grabungstechniker Kriens. Dies vor allem deshalb, weil auch bei der Stadtpfarrkirche eine Sanierung des Fundaments anstehe. Das Landesamt habe aber entschieden, dass der Friedhof zumindest bis zur aktuellen Bautiefe von 60 bis 70 Zentimetern gegraben werden müsse. Aus Sicht der Archäologen hätte man, einmal den Friedhof geöffnet, diesen sogar komplett bis in die Tiefe und ohne Zeitverzögerung ausgraben müssen. Dies hätte aber sämtliche Kostenrahmen gesprengt. "Bei einer Fundamentsanierung der Kirche muss der Rest gegraben werden", sagt Gläser.

Dies sieht Stadtpfarrer Frank Faulhaber allerdings nicht so. Er bestätigt zwar: "Wir haben von Anfang an gewusst, dass das Fundament des Vorraums nicht stabil ist. Auch der Boden ist sehr bröselig." Aber noch würden die Möglichkeiten der Fundamentsanierung geprüft, erklärt Faulhaber – eventuell gebe es Möglichkeiten, dies vom Innenraum her zu erledigen. Dann wäre der Friedhof nicht tangiert.

Der Leiter der Dienststelle Ingolstadt des Landesamts für Denkmalpflege, Erich Claßen, erklärt seinerseits, dass nur dort gegraben wurde, wo historische Überreste gefährdet waren. So sei man beim Friedhof nicht über die Bautiefe hinausgegangen. Das archäologische Forschungsinteresse müsse hinter dem Denkmalschutz zurückstehen. Gleiches gilt laut Claßen für den Brunnen, der ebenfalls nicht untersucht wurde, weil er baulich nicht gefährdet war.

Der Ingolstädter Chef der Denkmalpflege sieht mehrere Probleme, warum die Grabung verzögert und damit teurer wurde. Seine Behörde – und damit auch die Archäologen – seien erst relativ spät, kurz vor Beginn der Baumaßnahme, involviert worden, so Claßen. Deshalb habe man keine Vorabuntersuchung mehr machen können. Statt dessen habe man in Absprache mit der Stadt versucht, die Grabungen eng mit dem Bauablauf zu koordinieren. Dadurch habe man aber nicht konzentriert an einer Stelle arbeiten können. Dies habe die Grabungen möglicherweise verteuert.

Laut Claßen hätte die Stadt auch an jeder neuen Fundstelle eine separate Ausschreibung für die archäologische Untersuchung machen können. Dies hätte jedoch wesentlich länger gedauert, als die Grabungen in einer Hand zu belassen. Aus seiner Sicht sei es sinnvoll gewesen, die Grabungen in Hand einer Firma zu lassen, so Claßen. Dadurch seien die einzelnen Kosten aber nicht jeweils genau kalkuliert worden. Auch eine Gesamtkalkulation sei nicht erstellt worden. "Das mache ich aber auch ungern", sagt er gleichzeitig. Denn Claßen hätte dafür zwar auf Vergleichswerte aus anderen Städten zurückgreifen können, genaue Abrechnungen würden ihm aber auch nie vorliegen, sondern nur Zahlen aus den Ausschreibungen. Außerdem, und dass habe sich auch in Pfaffenhofen gezeigt, sei die Erhaltung archäologischer Schichten gerade im Innerortsbereich sehr unterschiedlich, so dass Kalkulationen nur schwer möglich sind.

"Abrechnung abwarten"

Der Chef des Landesdenkmalamts in Ingolstadt will vor einer endgültigen Beurteilung erst mal die Endabrechnung abwarten. Bis dahin seien die im Raum stehenden 250 000 Euro "nur spekulativ". Bei den nächsten Baumaßnahmen (Scheyerer Straße) wäre es besser, den Archäologen vorab genügend Zeit zu lassen, den Bereich zu untersuchen – ohne das Bagger gleichzeitig graben. Dann wäre auch die Möglichkeit einer Kostenkalkulation besser gegeben. Diese Zeitverzögerung beim Bauablauf müsste dann natürlich den Bürgern verständlich gemacht werden.