Pfaffenhofen
"Keine Werkzeuge, sondern Lösungen"

Nach schweren Zeiten: Wema ist mit individuellen Produkten auf die Erfolgsspur zurückgekehrt

06.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:01 Uhr

13 000 bis 16 000 Werkzeuge (Foto oben) verlassen wöchentlich die Wema. Max Prem führt mit seinem Sohn Florian nun in dritter Generation die Firma in Pfaffenhofen (unteres Foto). - Foto: Frye-Weber

Pfaffenhofen (PK) 13 000 bis 16 000 Werkzeuge verlassen wöchentlich die Wema GmbH in Pfaffenhofen. Eingesetzt werden die Hochleistungsbohrer, -fräser oder Reibwerkzeuge nicht beim Hobbyhandwerker im Endkundenbereich, sondern Abnehmer sind High-End-Unternehmen im Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrttechnik, der Medizintechnik sowie der Automobilindustrie. Denn Geschäftsführer Max Prem und seine Mitarbeiter konzentrieren sich vor allem auf individuelle, prozesssichere Zerspanungslösungen.

„Spanen“ oder „Zerspanen“ ist ein Fertigungsverfahren, bei dem die Form eines Werkstücks durch das mechanische Abtrennen von Spänen – daher der Name – erreicht wird. „Kann der Heimwerker geringe Abweichungen klaglos tolerieren, erfordert der Einsatz beispielsweise beim Airbus A 350 ein Höchstmaß an Präzision und Zuverlässigkeit“, erläutert Max Prem das Anforderungsprofil an seine Produkte. Selbstverständlich werden am Betriebsstandort in Pfaffenhofen in der Raiffeisenstraße auch Standardwerkzeuge für unterschiedliche Einsätze gefertigt, den wesentlich größeren Anteil nehmen aber inzwischen individuell, für einen bestimmten Einsatz angefertigte Bohrer, Fräser oder Reibwerkzeuge ein.

„Wir wollen keine Werkzeuge liefern, sondern Lösungen“, beschreibt Prem den Ansatz. Dabei werden mit den Kunden zusammen die Problemstellung und der genaue Einsatz des Werkzeugs analysiert, technische und wirtschaftliche Ziele, wie Bauteilkosten, Stand- und Prozesszeiten, definiert und erst dann wird das optimale Konzept für die Neu- oder Weiterentwicklung des spezifischen Zerspanungswerkzeugs erarbeitet.

Vertrieb und das Gespräch mit dem Kunden sind „Chefsache“, gemeinsam mit dem Leiter der Arbeitsvorbereitung sowie dem Fertigungsleiter und weiteren Mitarbeitern werden dann Lösungen und Konzepte erarbeitet – „das Werkzeug kreiert“, wie Prem es ausdrückt. Vor Ort beim Kunden wird der entwickelte Bohrer, Fräser oder das Reibwerkzeug dann eingesetzt. „Erst beim Anwendungsprozess sehen wir genau, ob wir den Ball ins Tor bekommen haben und unser Produkt präzise, zuverlässig und prozesssicher arbeitet“, sagt Prem. „Prozesssicherheit“ ist auch das Schlagwort, wenn es um den Nachschliff eines vorhandenen Werkzeugs geht, damit sich der Kunde langfristig auf die Exaktheit seines Zerspanungswerkzeuges verlassen kann.

Gegründet wurde die Wema GmbH 1972 von Helmut und Marietta Prem, 1984 übernahm der gelernte Maschinenbaumeister Max Prem das Unternehmen, seit 2010 gehört in dritter Generation Schneidwerkzeugmechanikermeister Florian Prem neben seinem Vater der Geschäftsführung an. Angefangen als klassische Werkzeugschleiferei sind im Laufe der Jahre zunehmend Eigenproduktionen entstanden. Dabei musste der Familienbetrieb immer wieder auch Krisen überstehen und seine Unternehmensausrichtung neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen.

Den größten Umbruch der Unternehmensgeschichte erforderte die Finanzmarktkrise, in deren Folge 2009 innerhalb von sechs Wochen 55 Prozent des Umsatzes der Wema GmbH wegbrachen. „Niemand hat mehr etwas gebraucht – keine Werkzeuge, keine Forschungs- und Entwicklungsarbeit“, erinnert sich Max Prem an die schwere Zeit. Trotz dieses existenzbedrohenden Einbruchs wurde kein Mitarbeiter entlassen. „Ganz im Gegenteil, die Mitarbeiter haben einen großen Anteil am Erhalt des Unternehmens“, bekräftigt Prem. So haben sie auf vier Urlaubstage, auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet und Kurzzeit gearbeitet. „Ohne diese Unterstützung hätten wir keine Chance gehabt“, ist sich Prem sicher und droh darüber, dass diese Zeiten der Vergangenheit angehören und er alle Zahlungen wieder einführen konnte.

Denn in der Krise hat Prem auch die unternehmerische Ausrichtung der Wema GmbH entscheidend verändert. „Wir haben den Pfad der standardisierten Werkzeuge verlassen und gehen nun den Weg der Entwicklungs- und Sonderlösungen.“ Die Herstellung von Standardwerkzeugen gehört zwar nach wie vor zum Leistungsrepertoire, den Schwerpunkt der Tätigkeit bildet inzwischen aber das Entwickeln von Individuallösungen für Spezialaufgaben, streng fokussiert auf Service und Dienstleistungen. Dazu gehört auch, das prozesssichere Nachschleifen bereits produzierter Werkzeuge, damit der Bohrer, die Fräse oder das Reibwerkzeug auch beim 400. Einsatz präzise und zuverlässig arbeitet.

Entsprechend verändert hat sich die Kundenstruktur. „Heute generiert unser größter Kunde keine zehn Prozent des Gesamtumsatzes, so stehen wir nun auf mehreren Beinen. Damit sind wir deutlich stabiler und weniger abhängig“, erläutert der Firmenchef den neuen Ansatz, der das Unternehmen zurück auf die Erfolgsspur führte.

Zurzeit beschäftigt die Wema GmbH 47 Mitarbeiter, davon sechs in der Verwaltung und 23 an den Maschinen, die übrigen sind in der Warenannahme, dem Versand, der Arbeitsvorbereitung oder der Qualitätskontrolle tätig. Gearbeitet wird im Dreischichtbetrieb an sieben Tagen in der Woche, auch Weihnachten stehen die Maschinen nicht still. Dann laufen sie allerdings „mannlos“ und informieren den Chef per Telefon über den Arbeitsfortschritt oder eventuelle Störungen. Großes Augenmerk richtet Prem auf die Ausbildung, auch heuer haben im September wieder zwei neue Azubis angefangen.